Stadionstreit in München:Derby vor Gericht

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Im Stadionstreit stärkt die Richterin die Position von 1860 München: Der Vertrag des Zweitligisten mit der Münchner Stadion GmbH könnte einen Verstoß gegen das Kartellrecht beinhalten.

Markus Schäflein

Es hat in München schon lange kein richtiges Derby mehr gegeben, dafür sind die Rivalen FC Bayern und TSV 1860 mittlerweile sportlich viel zu weit voneinander entfernt. Nun steigt wieder einmal ein Lokalduell, aber nicht mit Toren und Fouls, sondern mit Paragraphen und Fristen. Als sich die ungleichen Klubs am Mittwochmorgen im Saal 301 des Landgerichts München I am Lenbachplatz trafen, ließen sie ihre Anwälte sprechen. Offiziell ist es nicht der FC Bayern, der die Löwen verklagt, sondern die Stadion GmbH; die Betreiberin der Arena in Fröttmaning ist allerdings eine hundertprozentige FCB-Tochter. So erschien für die ArenaGmbH auch Bayern-Anwalt Gerhard Riedl.

Der Vertrag zwischen 1860 München und der Münchner Stadion GmbH könnte einen Verstoß gegen das Kartellrecht beinhalten. (Foto: Foto: ddp)

Bei diesem Termin wurde auch bekannt, dass 1860 vorzeitig die zweite Derby-Halbzeit eröffnet hat: In einem weiteren Verfahren steht die grundsätzliche Rechtmäßigkeit des gesamten Vertragswerks von 2006 auf dem Prüfstand, als 1860 seine Arena-Anteile an den FC Bayern verkauft hatte und Mieter geworden war. ( siehe hier)

Im aktuellen Prozess geht es um rückständige Bewirtungskosten von rund 500.000 Euro, weil 1860 seit Juli weniger für das Catering überwiesen hat als vertraglich vereinbart. 1860 konterte mit einem Antrag, seit 2006 bezahlte Aufwendungen für das Catering in Höhe von 2,1 Millionen Euro zurückerstattet zu bekommen. Der dauerklamme Zweitligist will nicht mehr akzeptieren, dass die Verpflegungspauschale für 3000 Business-Seats-Kunden bezahlt werden muss. Denn pro Spiel erscheinen nur 900 bis 1500 Löwenfans in diesem Bereich.

Was eindeutig klingt - nach dem bekannten Motto, Verträge seien einzuhalten -, ist längst nicht so einfach. Beim ersten Treffen stellte die Vorsitzende Richterin Elisabeth Waitzinger klar, dass sie den Argumenten des TSV in Teilen folgen könne. Sie schlug eine Mediation vor, damit sich beide Parteien ohne Prozess einigen könnten, aber Riedl war mit dem Auftrag erschienen, dies abzulehen: "Das schließe ich von vorneherein aus."

Von den zwei Argumenten der Löwen gegen den Vertrag - Sittenwidrigkeit und Kartellrechtswidrigkeit - zog aus Sicht der Richterin zumindest eines. "Mit der Sittenwidrigkeit haben wir so unsere Probleme", sagte Waitzinger, am Vertrag seien auf beiden Seiten schließlich so genannte "Vollkaufleute" beteiligt gewesen, die wissen mussten, was sie taten.

Auf Seiten der Löwen verhandelte der damalige Geschäftsführer Stefan Ziffzer. "Der Gedanke, der eher greift, ist die Kartellrechtswidrigkeit", sagte Waitzinger: "Das ist nicht abwegig." Die Stadion GmbH habe wohl eine Monopolstellung, da es für 1860 kein geeignetes anderes Stadion gebe. In diesem Zusammenhang erscheint es geschickt, dass 1860 kürzlich mit seiner "Projektgruppe Stadionzukunft" öffentlich erläuterte, dass andere Spielstätten nicht in Frage kämen.

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Richterin Waitzinger schloss sich an: "Unterhaching ist natürlich sehr klein, das Grünwalder Stadion müsste umgebaut werden, und dass 1860 nach Augsburg ausweichen könnte, ist ein Schmarrn." Damit sei klar, dass die Stadion GmbH ihre Alleinstellung "nicht missbräuchlich ausnutzen" dürfe. Dies werteten die 1860-Anwälte als 1:0-Führung: "Aus welchem Grund der Vertrag gekippt wird, ist egal", sagte Priebe.

Zwei juristische Möglichkeiten gebe es laut Waitzinger, einen solchen Missbrauch zu diagnostizieren. Die extrem lange Vertragslaufzeit über 20 Jahre könne unter Umständen alleine schon ausreichen. Zudem sei es an den Sechzigern, "plausibel nachzuweisen, dass sie diesen Vertrag nicht kostendeckend erfüllen können".

Entscheidend wird die Frage sein, ob der Verkauf aller Business Seats für Zweitligaspiele realistisch ist. "1860 behauptet platt, dass es unmöglich ist, die 3000 Plätze zu verkaufen. Es ist natürlich möglich - wenn sie dazu nicht in der Lage sind, ist das nicht unser Problem", sagte Bayern-Anwalt Riedl. Der Düsseldorfer Anwalt Marc Weßling, der mit seinem Kollegen Michael Priebe 1860 vertritt, konterte: "Das muss ein Gutachter entscheiden. Wir haben einen professionellen Vermarkter, der es nicht schafft."

Die hohe Garantiezahlung an Arena One sei die Gegenleistung für einen Baukostenzuschuss in Höhe von 16,5 Millionen Euro, den der Cateringbetrieb der Stadion GmbH zur Verfügung stellte. Da der TSV nicht mehr Eigentümer sei, sondern nun Mieter, habe diese Zahlung keinen Sinn mehr, argumentierte Priebe.

Am 24. März wird das Gericht entscheiden, ob die Cateringregelung aus kartellrechtlicher Sicht zu beanstanden ist. Wäre dies der Fall, hätte der TSV 1860 in dem zweiten Verfahren sogar Aussichten, das gesamte Vertragswerk über den Verkauf der Anteile und die Miete der Arena auszuhebeln. Diesem Druckmittel, in der ersten Halbzeit eine gütliche Einigung in Sachen Verpflegung zu erzwingen, gaben die Bayern aber nicht nach.

"Sie werden voraussichtlich weiter zusammen leben müssen. Sinnvoll wäre, eine Einigung zu versuchen", appellierte auch Waitzinger, aber Riedl blieb eisern: "Wir wollen das jetzt entschieden haben. Wenn die Sechziger sagen, das Stadion ist zu teuer, sollen sie eben in Unterhaching spielen."

© SZ vom 04.02.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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