Sportdiplomatie:Eine Fußball-WM in Nordkorea

Fußballfan Nordkorea

Ein Fan der Fußballnationalmannschaft beim Qualifikationsspiel für den Asian Cup zwischen Hongkong und Nordkorea mit einer Flagge Nordkoreas.

(Foto: dpa)

Südkoreas Präsident Moon hat diesen Vorschlag ernsthaft für das Turnier 2030 gemacht. So verrückt und utopisch es klingt, es könnte ein Friedensbeitrag sein.

Kommentar von Barbara Klimke

Am Dienstag ist Dennis Rodman erneut nach Pjöngjang geflogen. Er wolle "Türen öffnen", gab der frühere Basketballer, Sonnenbrille im Gesicht, Silberringe in der Nase, bekannt. In der an Seltsamkeiten reichen Vita des früheren NBA-Spielers, der einst zu einer Buchvorstellung ein Brautkleid trug, ist das eine weitere wunderliche Idee. Die Reise nach Nordkorea will Rodman, 56, nicht als Egotrip, sondern als Beitrag zur Völkerverständigung verstanden wissen. Zweifel sind angebracht, seit er 2014 für seinen Freund, Diktator Kim Jong-un, ein Geburtstagsliedchen geträllert hat.

Ernsthafter ist der Vorschlag zu nehmen, den Südkoreas neuer Präsident Moon Jae-in nun unterbreitet hat. Er schlägt eine Bewerbung um die Fußball-WM 2030 in Nordostasien vor und möchte als Ausrichterländer China, Japan und ausdrücklich auch Nordkorea dazugewinnen. Moon, erst seit wenigen Wochen im Amt, ist mit dem Willen angetreten, stärker auf den international isolierten Nachbarstaat zuzugehen. Mit dem Fußball-Weltverband Fifa, so ist zu hören, hat Moon erste, zaghafte Gespräche über dieses heikle Thema geführt.

Das Modell der Pingpong-Diplomatie

Doppelbewerbungen sind nichts Neues bei der Vergabe von sportlichen Großereignissen, und Südkorea hat Erfahrungen darin, seit es 2002 gemeinsam mit Japan Gastgeber einer Fußball-Weltmeisterschaft war. Indes unterhält das abgeschottete kommunistische Regime in Pjöngjang derzeit keine politischen Beziehungen zu Seoul. Der UN-Sicherheitsrat hat wegen Nordkoreas Atomprogramm und der Raketentests Sanktionen verhängt. Die Lage in der Region ist brenzlig.

Umso interessanter ist Moons Idee einer neuen Phase der Pingpong-Diplomatie: diesmal mit dem Fußball statt mit Tischtennisbällen. 1971, als sich die Volksrepublik China und die USA unversöhnlich gegenüberstanden, waren es ein amerikanischer und ein chinesischer Tischtennisspieler, die den Anfang machten, aufeinander zugingen und mit einer kleinen Geste eine Deeskalation bewirkten. Eine WM in Nord- und Südkorea klingt utopisch. Aber wenn in beiden Ländern Leute die Köpfe über den WM-Spielplan senken, wäre ein bisschen Ruhe gewonnen. Wenigstens in diesem Teil der Welt.

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