Spaniens Elfmeterschütze Sergio Ramos:Chippen statt draufknallen

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Vor zwei Monaten gegen den FC Bayern hat Sergio Ramos noch spektakulär einen Elfmeter in den Nachthimmel von Madrid geschossen und wurde danach verspottet. Im EM-Halbfinale gegen Portugal tritt der Spanier erneut an - und verwandelt auf die coolste aller Arten.

Carsten Eberts

Als Sergio Ramos am Mittwochabend zum Elfmeterpunkt schritt, wurden Erinnerungen wach. Vor allem bei Ramos selbst. Ende April, im Champions-League-Halbfinale zwischen Real Madrid und dem FC Bayern, da hatte Ramos ebenfalls einen Elfmeter geschossen: Er hatte damals überdeutlich verzogen - wenige Stunden später machten im Internet kleine Bildchen die Runde, die das Sonnensystem der Erde zeigten: Ganz am Rande zogen die Himmelskörper Neptun und Pluto ihre Bahnen. Noch weiter, ganz weit draußen, da flog der Ball von Ramos.

Cooler Elfmeterschütze: Spaniens Sergio Ramos. (Foto: Getty Images)

"Müsste ich morgen in derselben Situation erneut schießen, würde ich es wieder tun", hatte Ramos damals trotzig gesagt. Er tat es wieder, am Mittwochabend im EM-Halbfinale von Donezk. Und wie.

Man muss Ramos schon eine gehörige Portion Coolness zuschreiben. Es stand 2:2, je ein Spieler der Spanier und Portugiesen hatten anfangs verschossen, dann Schritt Ramos zum Punkt. Er drosch nicht wie vor zwei Monaten, diesmal chippte er den Ball. Nicht ganz so schön, wie wenige Tage zuvor der Italiener Andrea Pirlo, jedoch so zielsicher ins Netz, das jeder sofort dachte: Panenka!

Portugals Rui Patricio flog in die rechte Ecke, der Ball plumpste über ihm ins Tor. Ramos drehte lässig ab.Die Spanier gewannen das Elfmeterschießen, Ramos hatte seinen Anteil daran. Später sagte er: "Wir haben es wirklich verdient. Ich widme den Sieg meiner Familie." Die hatte ihn nach dem verschossenen Elfmeter gegen die Bayern wieder aufgerichtet.

"Wir haben unsere Arbeit gemacht"

Für den Verteidiger Ramos war es zuvor kein sonderlich aufreibendes Spiel gewesen. Die Portugiesen setzten alles daran, das formidable Kurzpasspiel der Spanier zu stören, was ihnen auch gelang. Beide Teams arbeiteten sich aneinander ab, jedoch im Mittelfeld, nicht in der Nähe der Abwehrreihen, wo auch Ramos seinen Platz hat.

Kritiker der aktuellen spanischen Vortragsweise hatten die Spanier damit erneut nicht widerlegen können. Ramos war es egal. "Wir sind nicht die Individuen, wie man oft sagt, sondern das Kollektiv stimmt", erklärte er nach dem Spiel. Dieses Kollektiv könnte nun erneut den EM-Titel gewinnen.

Wer sich den Spaniern nun im Finale entgegenstellt, sei ihm egal, sagte Ramos noch. "Ich hoffe, der Bessere gewinnt", erklärte er in friedlichem Ton. Ob dies nun die Deutschen oder die Italiener sind? Ramos sagte: "Wir haben unsere Arbeit gemacht." Und drehte erneut lässig ab.

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