Saisonstart in der NBA:Ritt in den Sonnenuntergang

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Mittlerweile 36 Jahre alt: Dirk Nowitzki (Foto: USA Today Sports)

Dirk Nowitzki verdient in der neuen NBA-Saison viel weniger, doch für die Dallas Mavericks ist der Deutsche unverzichtbar. Der Trainer hat nun eine schwierige Aufgabe: Er muss die Einsatzzeit des mittlerweile 36-Jährigen richtig dosieren.

Von Joachim Mölter, München

Die texanischen Millionen-Metropolen Dallas und San Antonio verbindet ein 274 Meilen, rund 440 Kilometer, langes Stück der Interstate-Autobahn 35, die in den jeweiligen Städten beheimateten Basketball-Klubs eine innige und doch von Respekt geprägte Rivalität. Die Dallas Mavericks und die San Antonio Spurs haben sich denkwürdige Duelle in den Playoffs der amerikanischen Profiliga NBA geliefert, meist mit dem besseren Ende für die Spurs, zuletzt im Frühjahr, gleich in der ersten Runde. Da zwangen die Mavericks den späteren Meister aber immerhin in das siebte und letztmögliche Spiel, kein anderes Team machte es den Spurs damals so schwer, nicht mal Titelverteidiger Miami Heat mit seinem herausragenden Profi LeBron James später in der Finalserie.

Wenn die NBA an diesem Dienstag ihre 69. Saison beginnt, knüpft sie an diesen Showdown an: San Antonio und Dallas eröffnen die Spielzeit; bei der Gelegenheit werden die Spurs auch ihr insgesamt fünftes Meisterbanner unter die Decke des heimischen AT&T-Centers hängen. Für die Liga hat das Texas-Derby zudem den Nebeneffekt, dass sie die Aufmerksamkeit mal wieder auf zwei ihrer zurückhaltendsten und bescheidensten Profis lenken kann, ehe diese dem Sonnenuntergang ihrer Karriere entgegenreiten: auf den 38 Jahre alten Tim Duncan sowie auf Dirk Nowitzki, der nun auch schon 36 ist.

Nowitzki verzichtet auf 14,7 Millionen Euro

Die beiden gehören zu den besten Power Forwards, die die NBA je gesehen hat, auch wenn sie die Position unterschiedlich interpretieren: Duncan agiert näher am Korb, Nowitzki eher fern davon, weil er sich auf einen für einen 2,13-Meter-Mann ungewöhnlich guten Distanzwurf verlassen kann. Und während Duncan in seine wohl letzte Saison geht und somit auch näher am Karriereende agiert, hat Nowitzki im Sommer noch einmal einen Drei-Jahres-Vertrag unterschrieben.

Was die beiden wiederum eint: Bei ihren jüngsten Kontrakten haben sie sich weit unter Wert verkauft, damit ihre Klubs sich im Rahmen der strengen Gehaltsgrenze verstärken konnten. Duncan kriegt in dieser Saison 10,3 Millionen Dollar, Nowitzki, der im vorigen Jahr noch mit 22,7 Millionen zu Buche schlug, gibt sich gar mit acht Millionen zufrieden. In der Geldrangliste der NBA ist er von Platz zwei auf Rang 80 zurückgefallen.

Der gebürtige Würzburger darf allerdings hoffen, dass es mit seinen Mavericks wieder aufwärts geht. Die haben in den drei Jahren nach ihrem ersten NBA-Titelgewinn ja zweimal nur gerade noch so die Playoffs erreicht und einmal sogar verpasst. Den finanziellen Spielraum, den ihnen Nowitzki verschafft hat, haben sie nun genutzt, ihm ein paar richtig gute Nebenleute an die Seite zu stellen. "Ich glaube, dass wir oben ein Wörtchen mit- reden können", sagt Nowitzki.

Aus New York haben die Mavericks den Center Tyson Chandler, 32, zurückgeholt, den Abwehr-Anker der Meistermannschaft, der "etwas von der Magie aus 2011" mitbringen soll, wie Nowitzki hofft. Aus Houston, dem dritten NBA-Standort in Texas, haben sie den aufstrebenden Flügelmann Chandler Parsons, 26, über die Interstate-Autobahn 45 nach Norden gelockt, mit einem 46,5-Millionen-Dollar-Angebot für drei Jahre. Einen derart imponierenden Frontcourt, wie die drei Positionen für große Männer genannt werden, haben nicht viele der 30 NBA-Klubs vorzuweisen.

Die Mavericks haben ihren Kader zudem mit einer Reihe von Rollenspielern ergänzt, sie gelten als ebenso tief wie vielseitig besetzt. "Ich denke, wir können offensiv mit den besten Teams mithalten", sagt Nowitzki. Das denkt auch der zu den Cleveland Cavaliers zurückgekehrte LeBron James, der mit seinem Team den Mavericks im Lauf der Vorbereitung 102:108 unterlag: "Es gibt kaum was Besseres als den Angriff von Rick Carlisle."

Der Coach der Mavericks zählt zu den Masterminds der Liga, seine schwierigste Aufgabe in der bevorstehenden Saison dürfte nun sein, die Einsatzzeit von Dirk Nowitzki zu dosieren. Der ist ja trotz seines Alters der Dreh- und Angelpunkt der Mavericks-Offensive: Allein seine Präsenz auf dem Parkett beeinflusst das Abwehrverhalten der Gegner, weil sie seine Treffsicherheit fürchten müssen. Aber wenn Nowitzki nach 82 Partien noch halbwegs frisch in die anvisierten Playoffs gehen will, kann er nicht mehr jeden Abend zwischen 35 und 40 Minuten spielen wie noch vor kurzem.

Wie man die Minuten am besten managt, können sich die Mavericks schon am Dienstag bei den Spurs abschauen, die Mannschaft, über die nach allgemeinem Dafürhalten der Weg zum Titel führen wird. In San Antonio gönnt der Coach Gregg Popovich seinen besten Akteuren Tim Duncan, Manu Ginobili, 37, und Tony Parker, 32, seit Jahren mehr oder weniger lange Pausen. Die Mavericks konnten sich das bislang nie leisten, weil sie stets auf Nowitzkis Hilfe angewiesen waren. Das könnte sich nun ändern.

© SZ vom 28.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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