Sacchi über den neuen Bayern-Trainer:"Ancelotti würde mit elf Torhütern gewinnen"

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Carlo Ancelotti - als er noch Trainer bei Real war. (Foto: AP)
  • Trainer-Legende Arrigo Sacchi schwärmt von Carlo Ancelotti.
  • Strenge müssen die Bayern-Spieler nicht fürchten, denn Befehle erteile ihr neuer Trainer nie.

Seit feststeht, dass Carlo Ancelotti der neue Trainer des FC Bayern wird, äußern sich zahlreiche Fußballer und Experten über den Italiener. Die meisten schwärmen. So auch Trainerlegende Arrigo Sacchi, dessen Schüler Ancelotti einst war.

Die Kindheit als Bauernsohn auf einem kleinen Hof in der Emilia-Romagna, behauptet Sacchi, sei Ancelotti bis heute anzumerken. "Er besitzt die Ausgewogenheit und Ruhe, die typisch für Personen aus Familien sind, die das Land bearbeiten", sagt er in einem Interview mit dem SID. "Er ist ironisch und selbstironisch."

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:Ancelotti will "gute Trainer-Spieler-Beziehung"

Carlo Ancelotti gilt als Coach, den Profis mögen. Auch als kommender Trainer des FC Bayern setzt er auf Harmonie. Es sei denn, man will ihm Spieler wie Lewandowski abwerben.

Aus dem kleinen Carletto, dem Bauernsohn mit Elektrikerlehre aus Reggiolo, ist ein Welttrainer geworden. Ancelotti war als Spieler unter seinem Idol Sacchi zweimal Weltpokalsieger, er war bei der WM 1994 Italiens Co-Trainer - auch unter Sacchi. Seite an Seite verloren sie das Finale gegen Brasilien im Elfmeterschießen. Arrigo Sacchi, 69, ein Taktikgenie, spricht aus berufenem Munde, kaum jemand kennt den künftigen Bayern-Trainer so gut wie er. Vor großen Spielen klingelt häufig Sacchis Telefon - der Schüler, der selbst längst ein Meister ist, holt sich taktischen Rat.

So war es auch 2014, vor dem Halbfinale in der Champions League mit Real Madrid gegen den FC Bayern. Real siegte 1:0 und 4:0.

Eines dieser Gespräche aber drehte sich nicht um Viererketten und Verschieben im Raum. "Er selbst hat mir anvertraut, dass er die große Hoffnung hatte, von den Bayern berufen zu werden. Jetzt wird er sich mit den Hürden der deutschen Sprache auseinandersetzen müssen, was nicht einfach ist", berichtet Sacchi. Ancelotti, 56, sei nicht nur "intelligent und sehr menschlich", sondern auch der perfekte Trainer. "Er stellt sich voll in den Dienst des Vereins und prägt eine Mannschaft zutiefst. Wie wenige andere hat er ein Talent als Psychologe, was ihm erlaubt, bestens mit den Spielern umzugehen. Das bezeugt seine Erfahrung bei Real, wo jeder Spieler eine Primadonna ist." Gleichzeitig sei sein Führungsstil sanft, nicht diktatorisch. "Ancelotti gibt keine Befehle - er überzeugt."

Mit Erfahrungen und Erfolgen in Spanien, Italien, Frankreich und England, mit der Gelassenheit, alles bereits gewonnen zu haben. Zumeist mehrfach. Sacchi sieht in der Mischung aus Gelassenheit und Klasse eine besondere Stärke. "Man könnte Carlo elf Torhüter hinstellen, und er würde mit ihnen gewinnen", sagt er. "Er zählt zu den drei größten Trainern des Jahrzehnts, mit Guardiola, der ein Genie der Didaktik ist, und mit Mourinho, der ein wahrer Anführer ist." Ancelotti kenne keine Schwierigkeiten.

Die Landwirtschaft, hat Ancelotti mal gesagt, habe tatsächlich einiges mit dem Fußball gemeinsam: Es gehe um Ruhe, Planung und Geduld. Sacchi sieht ihn daher in München, der "nördlichsten Stadt Italiens", bestens aufgehoben: "Bayern ist eine Mustergesellschaft. Ein leuchtendes Beispiel weiser Verwaltung, langfristiger Planung und einer einmaligen technischen Kompetenz, wie auch der Beschluss bezeugt, Guardiolas Nachfolger sechs Monate im Voraus zu ernennen." Es sei schwierig, schließt Sacchi, auf dieser Welt einen besseren Trainer zu finden als Carlo Ancelotti, den Bauernsohn.

Unterdessen sieht Mittelfelspieler Thiago Alcántara Guardiolas bevorstehendem Weggang gelassen entgegen. "Ich bin nicht abhängig von Pep", erklärte der Spanier der Sport Bild (Mittwoch). Auf die Frage, ob er im kommenden Sommer auch wechseln könnte, entgegnete Thiago: "Das ist wirklich Mist, ohne Hintergrund oder Fundament. Das macht überhaupt keinen Sinn. Wieso sollte ich Pep folgen?"

Thiago hat bei den Münchnern, die zur neuen Saison den Italiener Carlo Ancelotti als Trainer verpflichtet haben, einen gültigen Vertrag bis 2019. "Ich habe hier bei Bayern verlängert, weil ich glücklich bin. Ich bin dem Verein dankbar, wie ich während meiner Verletzungen unterstützt wurde", erklärte der 24-Jährige. Er "bleibe unabhängig von Pep in München", wie er noch einmal verdeutlichte. Welche Aufgabe Guardiola ab Sommer 2016 übernimmt, ist offen.

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