Richter Rupert Heindl:In seiner Hand liegt Hoeneß' Zukunft

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Spricht voraussichtlich am Donnerstag das Urteil: Rupert Heindl (Foto: REUTERS)

Bestimmt, ruhig und wenn nötig hart: Rupert Heindl hat den Strafprozess gegen den Bayern-Präsidenten stringent geführt. Nun liegt es an ihm zu entscheiden, ob und wie lange Hoeneß ins Gefängnis muss.

Aus dem Gericht von Lisa Sonnabend

Uli Hoeneß überbrachte den Steuerfahndern Anfang März nicht nur eine Datei, die Zehntausende Kontobewegungen nachzeichnete. Er vermieste ihnen auch noch die Faschingsferien. "In der Sie eigentlich komplett Urlaub haben sollten", sagte Richter Rupert Heindl, blickte erst zur Anklagebank, dann lächelte er der angesprochenen Steuerfahnderin vom Finanzamt Rosenheim kurz zu. Es war eine dezente Spitze, die jedoch ihre Wirkung erzielte: Diese wenigen Worte offenbarten, dass der Richter genervt war von Hoeneß und seinen Verteidigern.

Auf Rupert Heindl, den Mann mit der weißen Fliege unter der Robe, schauen in diesen Tagen nicht nur 100 Zuschauer im Saal 134 des Münchner Justizpalastes. Das ganze Land verfolgt, was der 47-Jährige sagt und welchen Klang seine Stimme dabei hat. Heindl ist der Mann, der über den Bayern-Präsidenten Uli Hoeneß richtet. Derjenige also, der - aller Voraussicht nach an diesem Donnerstag - mit seinen vier Beisitzern entscheidet, ob der Angeklagte ins Gefängnis muss, ob er mit einer Bewährungsstrafe davonkommt oder ob das Verfahren womöglich eingestellt wird und Hoeneß lediglich Steuern nachzahlen muss. Es ist Heindls bislang größter Fall.

Seit Montag leitet er den Strafprozess mit dem Aktenzeichen 68 Js 3284/13. Das Verfahren hat er stringent vorangetrieben, weshalb der Zeitplan trotz zweier zusätzlicher Zeugen tatsächlich eingehalten werden dürfte.

Am Dienstagabend hatte Heindl keine Zeit, um sich das Champions-League-Spiel FC Bayern gegen FC Arsenal anzusehen. Er rechnete die Steuerschätzungen der Fahnderin nach, wie er am Morgen danach erzählt. Heindl ist ein Richter, der Unterlagen nicht nur durchblättert, sondern studiert. Die Dokumente über die 55.000 Transaktionen mit Devisentermingeschäften hat er erst vor wenigen Tagen erhalten, doch sie sind ihm vertraut, das wird deutlich.

Heindl strahlt Ruhe aus. Er spricht in kurzen, knappen Sätzen - auch mit dem Bayern-Präsidenten. Seine Vorgaben sind bestimmt, aber freundlich. Als er einmal in juristische Fachsprache verfällt, fragt er beim Angeklagten nach: "Haben Sie das verstanden, Herr Hoeneß?" Und erklärt dann den Sachverhalt noch einmal verständlicher.

Nur manchmal lässt der Richter erkennen, dass Hoeneß kein gewöhnlicher Angeklagter ist und dass im Zuschauerraum nicht nur die Familie des Angeklagten sitzt, sondern ganz Fußballdeutschland, mindestens. Als Heindl zu Beginn des Prozesses die biographischen Daten abfragt, sagt er: "Sie haben einen Bruder, wie wir allseits wissen." Als Hoeneß erwähnt, dass er im Februar Großvater geworden ist, gratuliert der Richter: "Na, dann herzlichen Glückwunsch." Gelächter im Saal.

Seit 2011 ist Heindl Vorsitzender Richter der Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht München II. Bei ihm gilt das Prinzip: Keine Deals. Auch zu Beginn des Hoeneß-Verfahrens betonte der Richter, dass es zuvor keine Gespräche zwischen den Prozessparteien gegeben habe. Ein wenig überraschend ist, dass Heindl die 27-Millionen-Schätzung der Fahnderin nun einfach akzeptiert. Dass er nicht auf den Cent herausbekommen will, wie hoch die hinterzogene Summe genau ist, dass also nicht weiter ermittelt werden soll. Das mag nicht recht zu seiner Linie passen.

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:Deal für Hoeneß

Die Strategie der Hoeneß-Verteidiger geht offenbar auf: Im Prozess gegen den Bayern-Präsidenten geht es nicht mehr um die Erforschung der Wahrheit, sondern um die Vereinbarung eines Deals. Anstatt das Verfahren für einige Monate zu vertagen und die Schweizer Konten penibel auszuwerten, wird nur Pi mal Daumen geprüft.

Ein Kommentar von Heribert Prantl

Heindl hat während des Prozesses mehrmals den Anschein vermittelt, als glaube er Hoeneß nicht. Als habe er Zweifel an seinem Bemühen, die Sache schnell aufzuklären, als nehme er ihm sein demütiges Auftreten nicht ab. "Sie können mit Ihrem Geld machen, was Sie wollen", sagte Heindl am ersten Prozesstag. "Aber ich kann es nicht nachvollziehen, dass hier mit Millionen gezockt wird - und dann gibt es kein Gespräch darüber."

Heindl gilt als hart, ein Magazin bezeichnete ihn sogar als "Richter Gnadenlos". Bei früheren Verhandlungen griff er durchaus rigide durch, wie Prozessbeobachter berichten. Eine 75-Jährige schickte er für drei Jahre ins Gefängnis, weil sie eine Frau um 250 000 Euro betrogen hatte. Einen Unternehmer verurteilte er vor einigen Monaten zu fünf Jahren und zehn Monaten Haft - wegen Steuerhinterziehung in Höhe von einer Million Euro, Insolvenzverschleppung und vorsätzlichen Bankrotts. Was kommt nun am Donnerstag auf den Mann zu, der 27 Millionen Euro hinterzogen hat?

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