Präsidentschaftskandidatur bei 1860 München:Der Markenbildner und der Staatsanwalt

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Robert Schäfer muss sich wieder verantworten. (Foto: Sebastian Widmann/Getty)

1860-Präsidentschaftskandidat Gerhard Mayrhofer präsentiert sich charismatisch und fordert ein "Ende des personellen Kleinkriegs". Doch der tobt munter weiter. Wie bekannt wurde, hat Investor Ismaik Strafanzeige gegen Geschäftsführer Schäfer gestellt. Der Vorwurf lautet: Untreue.

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Da saß also Gerhard Mayrhofer, der neue Kandidat fürs Präsidentenamt beim TSV 1860 München, und man ahnte nun, was Verwaltungsratschef Otto Steiner gemeint hatte, als er angekündigt hatte, der Neue habe ein Erscheinungsbild wie ein Löwe und sei mithin eine passende Besetzung. Mayrhofer, 51, Marketing-Kaufmann, vermag aber nicht nur imposant auszusehen, sondern auch imposant zu reden. Im Gegensatz zu manchen Vorgängern kann man ihm Charisma jedenfalls nicht absprechen.

Mayrhofer versteht von Berufs wegen etwas von Markenbildung. "1860 kennt, sag' ich mal, fast jeder weltweit", sagte er - was mehr überraschte als seine Einschätzung, dass die Marke TSV dringend eine eigene Heimat bräuchte, um an Profil zu gewinnen. Zu seinen insgesamt noch recht vagen Plänen gehört vor allem auch der Auszug aus der Arena des Lokalrivalen FC Bayern. "

Dort wird es auf Dauer nicht funktionieren, aus finanziellen Gründen und aus Gründen der Identifikation", sagte er. "Warum haben wir vergangene Saison sieben Heimspiele am Stück nicht gewonnen? Vielleicht hat das auch mit der Identität zu tun und damit, dass man in einem Stadion spielen muss, wo man die Ränge abdecken muss, dass es nicht so komisch aussieht. Wenn es ein Fakt ist, dass das Grünwalder Stadion auf keinen Fall mehr geht - was aus heutiger Sicht so aussieht -, dann brauchen wir ein neues."

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Und der Nächste, bitte: Der 51-jährige Marketing-Kaufmann Gerhard Mayrhofer könnte auf Wunsch des Verwaltungsrats Präsident des TSV 1860 München werden. Doch was ist sein Programm? Es geht ihm um die Marke des Klubs - und um ein neues Stadion.

Von Markus Schäflein

Klar, es ist Wahlkampf, und wie so ein Stadion bezahlt und realisiert werden soll, ist völlig unklar. Aber man nimmt dem Münchner Mayrhofer zumindest ab, dass er wirklich davon träumt. Er wirkt als langjähriger Fan authentisch - wenn er seine Worte auch geschliffener wählt als der vorgesehene Vize Peter Helfer, Vorsitzender des Arge-Fanklubs Daxer Löwen.

Dann sagte Mayrhofer: Er sei ein Teamplayer, bei den Löwen müsse wieder im Rudel gejagt werden, es müsse wieder mehr über sportliche Ergebnisse geredet werden als über Querelen, der "personelle Kleinkrieg" müsse ein Ende haben - das durfte man alles ebenfalls als Wahlkampfrede deuten, woraus er keinen Hehl machte: "Wichtig ist, dass wir gewählt werden, das ist unser vordergründigstes Ziel. Sonst schlittert der Verein in eine sehr, sehr ungewisse Zukunft." Helfer ergänzte: "Wenn sie uns nicht wählen, hat Sechzig ein großes Problem. Wenn der Aufsichtsrat zurücktritt, haben wir ein komplettes Chaos. Das muss den Mitgliedern bewusst sein."

Um die Wahlchancen zu verbessern, betonen die Neuen, dass sie unbelastet von Pöstchen und Seilschaften einsteigen. Vor rund sechs Wochen habe Verwaltungsrat Siegfried Schneider Kontakt zu ihm aufgenommen, erzählte Mayrhofer. "Er war auf meiner Website und der Meinung, dass das, was der Mayrhofer da macht, ganz gut passt. Und dann hat er mich einfach mal angerufen." Die kursierende Vermutung, er sei vom bei vielen Mitgliedern in Ungnade gefallenen Gremiums-Vorsitzenden Otto Steiner in Spiel gebracht worden, wollte der Marketing-Kaufmann gleich entkräften: "Wenn ich ein Steiner-Spezi wäre, würde ich es sagen." Woraufhin Vizepräsident Heinz Schmidt ergänzte: "Man täte Herrn Steiner unrecht, wenn der Begriff Steiner-Spezi von Haus aus negativ belegt wäre."

Selbst vom gerne polternden jordanischen Investor Hasan Ismaik lässt sich Mayrhofer die Lust auf das Amt offenbar nicht nehmen: "Ich bin, was die Beziehung zu Herrn Ismaik angeht, vollkommen unbelastet." Das soll vorerst auch so bleiben: Bis er am 14. Juli gewählt sei, betonte Mayrhofer, werde er keinen Kontakt zum Mitgesellschafter aufnehmen. Den Fehler seines Kandidaten-Vorgängers Hep Monatzeder, der sofort nach Abu Dhabi flog und schon vor dem Wahlabend heillos mit Ismaik zerstritten war, will er nicht wiederholen. "Wenn ein neuer Spieler an Bord kommt", hofft er, "verändert sich vielleicht die Beziehung."

Mayrhofer bewies sich als Kenner der Klubstrukturen, als er vielsagend anmerkte, er könne "nicht beurteilen, ob die beiden letzten Präsidenten nur am Investor gescheitert sind". Schließlich war Dieter Schneider über die Intrigen des Verwaltungsrats und Monatzeder über die Fallstricke aus der Vergangenheit gestolpert. Aus Sicht von Schmidt hatte sich die Beziehung zu Ismaik in den vergangenen Wochen ohnehin beruhigt. "Dass wir die Lizenz ohne Hilfe von ihm erhalten haben, hat eine gewisse Entspannung gebracht", meinte er, "das Gesprächsniveau ist wieder auf einer sachlichen Ebene."

Das gilt allerdings nur, wenn man eine Strafanzeige gegen den Geschäftsführer sachlich findet. Ismaiks Firma HAM International Limited, die auch als Anteilseigner von 1860 eingetragen ist, hat nämlich Strafanzeige gegen Robert Schäfer bei der Staatsanwaltschaft München I gestellt. Sie wurde bereits im Mai aufgegeben. "Es liegt eine Anzeige gegen 1860-Geschäftsführer Schäfer vor, die nun geprüft wird", teilte Oberstaatsanwaltschaft Thomas Steinkraus-Koch der SZ mit. "Es geht um die Frage, ob unberechtigterweise Vermögen übertragen wurde. Der Anzeigenerstatter erhebt den Vorwurf der Untreue."

Auslöser der Anzeige ist die Rücküberführung der Markenrechte von 1860, die lange bei der Profifußballabteilung, der KGaA, lagen, nun aber wieder dem e.V. gehören. "Anzeigeerstatter ist die HAM International Limited", bestätigte der Oberstaatsanwalt weiter. Ismaiks Anwalt Michael Scheele, der mit öffentlichen Auftritten im Zusammenhang mit 1860 viel Wirbel verursacht und sich beim TSV viele Feinde geschaffen hat, sich aber zuletzt rar machte, wollte keinen Kommentar abgegeben. "Wir äußern uns nicht zu laufenden Ermittlungen", sagte der Münchner Anwalt auf Anfrage. Auch generelle Fragen wollte er nicht beantworten.

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Schäfer, der nicht von Vereinsanwalt Guido Kambli, sondern von dem Münchner Anwalt Thilo Pfordte juristisch vertreten wird, sagte dazu: "Der Investor hat auf vielen Wegen versucht, die Rückübertragung des Vereinsnamens an den TSV 1860 juristisch anzugreifen. Diese Versuche sind zum Teil bereits durch erfolgreichen einstweiligen Rechtsschutz gegen den Rechtsanwalt des Investors abgewehrt worden." Die Vorwürfe würden "schlicht auf fehlender Sachkenntnis und falschen juristischen Schlüssen basieren".

Die Staatsanwaltschaft ist grundsätzlich verpflichtet, solchen Anzeigen nachzugehen. "Indem sie mit dem Sachverhalt befasst ist, wird die Haltlosigkeit der Vorwürfe am deutlichsten sichtbar werden", meinte Schäfer. "Zur vollständigen Aufklärung habe ich der Staatsanwaltschaft deshalb alle relevanten Unterlagen und eine Stellungnahme zur Verfügung gestellt."

Die Übertragung der Rechte hatte dazu dienen sollen, Monatzeder im Wahlkampf zu helfen - bekanntlich vergebens. Bereits Anfang Mai teilte Scheele dann mit, es sei zu überprüfen, "wie ein Geschäftsführer einen ganz wesentlichen Vermögenswert aus der KGaA entfernt und an den Verein überträgt". Ismaik habe weder davon gewusst noch zugestimmt. Der Anwalt und Ismaiks Cousin und Statthalter Noor Basha hätten aus einem Live-Ticker im Internet davon erfahren.

Bis zum Ende der Kleinkriege scheint es noch eine Weile zu dauern. Mayrhofer setzt aber unverdrossen auf den Zauber, der jedem Anfang innewohnt. "Es wird mit mir keine Situation geben, in der man nicht mehr miteinander redet", versprach er. Hinweise, da kenne er Herrn Ismaik wohl noch nicht, wollte er ebenso wenig gelten lassen wie Ausführungen zu allen anderen Problemen der vergangenen Jahre. "Ich lasse mich nicht in eine Depression reden", sagte Mayrhofer. "Wenn ich diese Skepsis hätte, könnte ich nicht tun, was ich tun muss. Die Leute können mich für verrückt halten - trotzdem meine ich es immer noch ernst."

© SZ vom 26.06.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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