Olympia:In Afrika ist die Wintersport-Euphorie ausgebrochen

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Nigerias Bobfahrerinnen (Seun Adigun in der Mitte) wollen bei Olympia für Furore sorgen. (Foto: imago/Agencia EFE)
  • Neuer Rekord: Acht afrikanische Länder schicken diesmal Athleten zu den Olympischen Winterspielen.
  • Obwohl der höchste Berg Afrikas fast 6000 Meter hoch ist, gelten die Teilnehmer aus diesem Erdteil bis heute als die großen Exoten.

Von Bernd Dörries

"Es ist surreal", sagte Seun Adigun vor einigen Monaten, als der Ansturm der Fans in Nigeria so groß wurde, dass sie eigene Sicherheitsleute anheuern musste, für sich und die zwei anderen Mitglieder des nationalen Bobteams von Nigeria - einem Land, in dem es noch nie geschneit hat und wohl auch nie schneien wird. Ein paar Hagelkörner sind das, was dem Winter dort am nächsten kommt.

Dennoch ist im bevölkerungsreichsten Land Afrikas gerade eine regelrechte Wintersport-Euphorie ausgebrochen, vor der ersten Teilnahme Nigerias bei Olympischen Winterspielen, die am 9. Februar in Südkorea beginnen. Mit dabei sind Athleten aus acht afrikanischen Ländern, so viele wie nie zuvor. "Die Vielfalt zeigt den Leuten, dass man im Leben alles erreichen kann", sagt Bobfahrerin Seun Adigun. Ein Skeletoni aus Ghana und alpine Skiläufer aus Eritrea und Kenia werden in Pyeongchang dabei sein, dazu Athleten aus Südafrika, Madagaskar, Marokko und Togo. Manche sind im Ausland geboren oder dort aufgewachsen, manche trainieren auf dem Kontinent. Und obwohl der höchste Berg Afrikas fast 6000 Meter hoch ist, gelten die Teilnehmer aus diesem Erdteil bis heute als die großen Exoten bei den Winterspielen. Obwohl auch die Sportler von den Britischen oder Amerikanischen Jungferninseln und aus Hongkong nicht gerade Wintersportnationen repräsentieren.

Beste Platzierung bislang: ein 13. Rang

"Wir kommen von einem Kontinent, wo niemand auf die Idee käme, mit 80 oder 90 Meilen pro Stunde einen Eiskanal runterzurasen", sagt die Bobfahrerin Adigun. Sie selbst war früher Hürdenläuferin, schaffte es zu den Olympischen Spielen 2012, aber nicht aufs Podium. Im Bobsport rechnete sie sich bessere Chancen aus, begann mit zwei anderen Nigerianerinnen in den USA zu trainieren. Den ersten Schlitten bauten sie noch selbst.

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Über eine Crowdfunding-Kampagne kamen 75 000 Dollar zusammen, die es auch brauchte, um überhaupt erst einmal einen nigerianischen Verband zu gründen, eine Aufgabe, vor der fast alle afrikanischen Athleten stehen. Mittlerweile stehen die Sponsoren Schlange, um mit dem Team von Adigun werben zu dürfen. Es gibt Verträge mit einem internationalen Sportartikelhersteller und einer Kreditkartenfirma, im Netz sind die Werbespots mit den drei Sportlerinnen ein großer Erfolg. Was nicht nur mit Exotik und Optik zu tun hat. Sondern auch mit der sportlichen Leistung.

Lamine Guèye war der erste Schwarzafrikaner, der zu Olympischen Winterspielen fuhr, 1984 in Sarajevo ging er für Senegal im alpinen Skilauf an den Start. In den Jahren danach beklagte er häufig, dass es für afrikanische Sportler fast unmöglich geworden sei, sich für die Wettbewerbe zu qualifizieren.

Denn das IOC hatte Anfang der Neunzigerjahre genug von den seltsamen Vögeln aus aller Welt, die die Berge mehr herunterfielen als -fuhren und verschärfte die Regeln. Dennoch qualifizierten sich nun so viele Afrikaner wie nie zuvor. Die bisher beste Platzierung eines afrikanischen Landes bei Winterspielen erreichten 1960 zwei Südafrikaner, das Paarlauf-Duo Marcelle Matthews und Gwyn Jones landete in Squaw Valley auf Platz 13. Die nigerianischen Bobfahrerinnen haben sich nun das Podium als Ziel gesetzt. Wenn nicht dieses Mal, dann bei den nächsten Spielen.

© SZ vom 29.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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