Olympia:Südkoreas Sportlerinnen wurden nie gefragt

South Korea's Park and Quinnipiac University's Samoskevich reach for the puck during an Olympic preparation game for South Korea in Hamden

Die südkoreanische Eishockeyspielerin Park Jong-ah vorne).

(Foto: REUTERS)
  • Nord- und Südkorea werden bei den Olympischen Spielen gemeinsam bei der Eröffnungsfeier ins Stadion einlaufen.
  • Zudem planen beide Staaten ein gemeinsames Frauen-Eishockeyteam.
  • Doch die Südkoreanerinnen sind von der Idee nicht begeistert. Sie haben sich lange auf Olympia vorbereitet und fürchten einen Qualitätsverlust.

Von Christoph Neidhart, Tokio

Südkoreas Eishockeyspielerinnen sehen sich als Opfer der Politik. Die beiden koreanischen Staaten haben am Mittwochabend beschlossen, zur Eröffnungs- und Schlussfeier der Olympischen Winterspiele in Pyeongchang gemeinsam einzumarschieren. Zudem, und das sorgt für Debatten, wollen sie für das Fraueneishockey eine gemeinsame Mannschaft nominieren.

Während die Auftritte einer gesamtkoreanischen Mannschaft bei den Zeremonien nur einen symbolischen Charakter tragen, hat die Entscheidung zum gemeinsamen Hockeyteam, das Südkoreas Sportminister Do Jong-hwan schon vergangenen Sommer vorschlug, eine Welle der Empörung ausgelöst. In einer Umfrage lehnten schon damals 95 Prozent der Südkoreaner diesen Versuch ihrer Regierung ab, Nordkorea auf Kosten südkoreanischer Sportlerinnen möglichst innig zu umarmen. Die Beschluss muss allerdings noch vom Internationalen Olympische Komitee (IOC), das am kommenden Samstag in Lausanne mit den beiden Koreas verhandelt, und vom Eishockey-Weltverband abgesegnet werden.

Südkoreas kanadische Chef-Trainerin ist schockiert

Die nordkoreanische Delegation für Pyeongchang wird 400 bis 500 Leute umfassen: ein Orchester, Cheerleader, Funktionäre, auch politische Offizielle und Journalisten. Die Regierung in Seoul will die Spiele zu informellen politischen Gesprächen nutzen. Einige nordkoreanische Athleten sollen auch noch zur Delegation gehören. Die Eiskunst-Paarläufer Ryom Tae-ok und Kim Ju-sik sind die einzigen Sportler aus dem Norden, die sich offiziell für Pyeongchang qualifiziert haben. Ihr Verband ließ die Meldefrist verstreichen, aber das IOC will eine Ausnahme machen. Womöglich schickt Nordkorea noch Skilangläufer und Eisschnellläufer nach Pyeongchang; nordkoreanische Eisschnellläuferinnen hatten 1964 (Silber über 3000 m) und 1992 (Bronze über 500 m im Shorttrack) die bislang einzigen Winter-Olympia-Medaillen für ihr Land gewonnen. Und nun soll also auch noch ein halbes Eishockey-Team im Nachbarland antreten.

Nordkorea stellte lange die besseren Eishockeyspielerinnen. Die Südkoreanerinnen spielten lange auf einem niedrigeren Niveau, noch vor elf Jahren verloren sie gegen Japan 0:29, und ihre beste Spielerin war eine Überläuferin aus Nordkorea. Das hat sich geändert: Der Norden ist schwächer geworden. Südkorea hat mit Blick auf die Winterspiele in Pyeongchang, für die es als Gastgeber automatisch qualifiziert ist, die Kanadierin Sarah Murray, die Tochter des NHL-Coaches Andy Murray, zur Cheftrainerin gemacht. Sie hat ein Team aufgebaut, das 2017 immerhin die Weltmeisterschaften der zweiten Division gewann. Damit stieg es als Nummer 21 der Welt in die B-Gruppe der ersten Division auf. Gegen Nordkorea gelang ein 3:0-Sieg.

Die Mannschaft, die Sarah Murray nun aus Schülerinnen und koreanischstämmigen Nordamerikanerinnen geformt hat, würde in Pyeongchang nicht um Medaillen kämpfen; aber sie würde das Land würdig präsentieren. Jetzt soll Murray in drei Wochen Spielerinnen aus dem Norden, die sie noch nie gesehen hat, in die Reihe einbauen. Oder Nordkorea schickt einen eigenen Coach? "Ich bin schockiert", sagte Murray am Mittwoch, bevor die Entscheidung bekannt wurde. Das sei unfair ihren Spielerinnen gegenüber, die sich die Nominierung verdient hätten und ihr ganzes Leben aufs Eishockey ausgerichtet hätten: "Das bleibt nicht ohne Schaden." Dass es unfair wäre, Spielerinnen wegen der Politik nach Hause zu schicken, versteht auch Sportminister Do. Er will das IOC dazu überreden, dass die gemeinsame Mannschaft nicht 22, sondern 35 Feldspielerinnen haben darf.

Schon voriges Jahr sagte Han Soo-jin, eine Pianistin, die ihre Musik fürs Eishockey aufgab und nun zu den Besten des Teams zählt: "Wir sind jetzt wie eine Familie." Sie würde sauer sein, wenn es so weit käme. Doch Spielerinnen und Trainerin sind nie gefragt worden.

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