Niederlagen-Serie des FC Bayern:"Ich verstehe schon, dass einige Klubs mächtig sauer sind"

Lesezeit: 3 min

Jubel der kleinen Freiburger gegen den großen FC Bayern. (Foto: AP)

Trainer Pep Guardiola reagiert kühl und höflich auf die 1:2-Niederlage seines FC Bayern in Freiburg. Doch aus der Bundesliga kommt der Vorwurf, der Klub verzerre als erschöpfter Meister den Wettbewerb.

Von Benedikt Warmbrunn, Freiburg

Pep Guardiola sagte nicht, dass der Trainer kein Idiot sei. Er wütete nicht über eine "Flasche leer". Er beschwerte sich nicht einmal über Thomas Strunz. Guardiola, der Trainer des FC Bayern, saß in einem Nebenraum des Freiburger Stadions, er saß da so seltsam ruhig wie schon in den 90 Minuten des Spiels, dann sagte er: "Ich hoffe, dass wir nächstes Jahr wieder hierher kommen dürfen."

Neben Guardiola saß Christian Streich, der Trainer, der 90 Minuten lang an der Seitenlinie rumpelgestilzt hatte, der nach dem Abpfiff sofort in die Kabine gerannt war, der dabei gestürzt war und fast eine Frau umgerammt hatte, Christian Streich also saß nun auch ruhig da, doch seine Worte waren aufgewühlt. "Als wir am Boden lagen, sind wir aufgestanden", sagte der Trainer des SC Freiburg, "jetzt dürfen wir nicht anfangen zu spinnen oder zu fliegen."

An diesem Abend reichte die Sprache der Trainer, um das Spiel und dessen Bedeutung zu begreifen. Da sprach Guardiola, der Trainer, der weltweit als kein Idiot anerkannt ist, der aber in der Bundesliga eine Serie hinter sich hat, wie sie sein Verein zuletzt zum Ende des vergangenen Jahrtausends erfahren hatte. Das 1:2 (1:1) in Freiburg war für den FC Bayern die dritte Niederlage in Serie, nach dem 0:2 in Leverkusen und dem 0:1 gegen Augsburg. Als der Klub zuletzt eine ähnliche Negativserie erlitt, 1998, hielt der damalige Trainer Giovanni Trapattoni vor den Journalisten seine berühmte "Flasche leer"-Rede, in der die Worte durcheinander purzelten und aus dem Nationalspieler Thomas Strunz ("Was erlaube Struuuunz?) eine Kultfigur der Ligageschichte wurde.

Pep Guardiola aber fasste diese Serie kühl auf. Er blieb höflich. Seine Mannschaft hat die Meisterschaft gewonnen, das will sich der Trainer nicht kaputt reden lassen. Er nuschelte noch ein paar Abschiedsworte. Und war weg.

Da ahnte Guardiola noch nicht, dass auf ihn und seinen FC Bayern eine Debatte zurollt, die am Wochenende besonders von Klaus Allofs (Manager in Wolfsburg) und Dirk Dufner (Sportdirektor in Hannover) intoniert wurde. Beide erhoben indirekt den Vorwurf einer Wettbewerbsverzerrung. "Bisher waren die Bayern ein Vorbild, was Professionalität angeht, aber diese Professionalität sieht man in den letzten Wochen nicht", sagte Allofs bei Sport1: "Ich bin sehr enttäuscht darüber, wie sie die Punkte zuletzt teilweise hergeschenkt haben oder unter ihren Möglichkeiten geblieben sind. Ich verstehe schon, dass einige Klubs mächtig sauer sind."

Abstiegskampf in der Bundesliga
:Zu kräftig mit dem Feuer gespielt

Man muss dem Abstiegsgespenst ein Kompliment machen: Es zieht die Sache gnadenlos durch. Das Schicksal zweier großer Klubs verleiht dem Kampf um den Klassenerhalt eine besonders fruchtige Note.

Kommentar von Christof Kneer

Und Dufner sagte: "In der Regel werden in der Liga alle von den Bayern hingerichtet, plötzlich ist es anders." Sarkastisch fügte er an: "Möglicherweise stellen bald vier oder fünf Vereine den Antrag, gegen die Bayern künftig nur in den letzten Spielen zu spielen." Dufner führt seine Klage als Betroffener. Hätte der eingewechselte Nils Petersen für Freiburg nicht kurz vor Abpfiff zum 2:1 gegen die Bayern getroffen, hätte Hannover 96 am letzten Spieltag schon ein Unentschieden gegen die Freiburger zum Klassenerhalt gereicht. Nun aber ist Hannover zum Siegen verdammt.

Freiburgs Trainer Streich kennt die Lage, er wusste schon bei Abpfiff, dass er am Pfingstsamstag in Hannover sein Finale bekommt. Seine Mannschaft war gerannt, sie hatte gekämpft, immer auch in dem verzweifelten Wissen, dass selbst eine überragende Leistung nicht genug sein könnte. Seine Mannschaft hatte gegen einen FC Bayern im Dienst-nach-Vorschrift-Modus eine gute Leistung mit furiosem Endspurt beendet. Die Mannschaft habe "ein Feuerwerk abgespult", sagte Nils Petersen.

Er sagte jedoch nicht, dass er der letzte, der spektakulärste Knaller war.

In der Woche zuvor hatte es der Stürmer noch versäumt, im Abstiegsduell gegen den Hamburger SV das 2:0 zu erzielen; das Spiel endete 1:1. Gegen den FC Bayern, für den er in der Saison 2011/2012 gespielt hatte, wärmte sich Petersen lange auf, und er hatte dafür großes Verständnis. "Ich stand hinter dem Tor und habe gedacht: Es gibt keinen Grund zu wechseln", erzählte er. "Wir haben es einfach klasse gemacht."

FC Bayern in der Einzelkritik
:Seriöse Verlierer

Bastian Schweinsteiger trifft unabsichtlich die Latte. Rafinha hat Glück, dass der Schiedsrichter weder Rot noch Elfmeter gibt. Und Xabi Alonso freut sich, dass die Saison nun fast vorbei ist. Der FC Bayern beim 1:2 gegen den SC Freiburg in der Einzelkritik.

Von Benedikt Warmbrunn, Freiburg

In der ersten halben Stunde hatte der FC Bayern noch das Spiel bestimmt; Bastian Schweinsteiger hatte nach gewitzter Vorarbeit von Mitchell Weiser die Führung erzielt (13.). Danach stellte Streich das System um, verdichtete das Zentrum. Seine Elf ließ weniger Chancen zu - und konterte gefährlicher. Nach einem unachtsamen Moment von Schweinsteiger eroberte der SC den Ball, Admir Mehmedi erzielte den Ausgleich (33.). Anschließend konnten die Gastgeber den Meister meist vom Tor weghalten. Weswegen Petersen keine Verwendung für sich selbst sah: "Ich bin nicht der Spieler, der groß weh tut. Ich habe auch nicht die Schnelligkeit von Admir."

Streich wechselte ihn dennoch in der 86. Minute für Mehmedi ein. Zwei Minuten und zwei erste Ballkontakte von Petersen später stand er dann im Strafraum, mit viel Übersicht angespielt von Karim Guédé. Dritter Ballkontakt von Petersen, Tor. Christian Streich klatschte sich mit den Händen ins Gesicht.

Petersen, sagte Mittelfeldspieler Felix Klaus später, sei "eine Legende hier"; für den seit Rückrundenbeginn von Werder Bremen ausgeliehenen Angreifer war es der achte Treffer im elften Spiel für den SC. "Ich weiß nicht, wie man so oft so richtig stehen kann", sagte Klaus. "Meine Aufgabe ist es, diese Bälle zu verwerten", sagte Petersen, "ich hätte mir nicht verziehen, wenn ich den nicht reingemacht hätte."

Durch das Tor der Legende klettert der SC nun auf den 14. Platz. Er spielt jetzt in Hannover. Die Aussichten sind vergleichsweise gut.

© SZ vom 18.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: