NFL:Super Bowl - was machen die da?

Zum Saisonfinale: Wie man einem Außenstehenden American Football erklärt.

Fragen und Antworten von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Am Sonntag findet in Santa Clara das Finale der nordamerikanischen Footballliga NFL zwischen den Carolina Panthers und den Denver Broncos statt. Ein fiktives Gespräch, das der Autor so in der Art vor Jahren mit seinem Vater geführt hat.

Also, was ist da los am Sonntag?

Super Bowl. Das ist das Finale der American-Football-Liga NFL.

Warum heißt es "Super Bowl" und nicht Finale?

Weil das Wort Bowl eine Schüssel beschreibt.

Also geht's um eine Schüssel als Preis?

Nein, die Trophäe ist ein silberner Football, der auf einem durchaus phallischen Symbol angebracht ist. Entworfen und produziert wurde dieses Ding von der Firma Tiffany & Co. In jedem Jahr gibt es eine neue Version, die das siegreiche Team behalten darf.

Warum dann "Bowl"?

Das Stadion in Pasadena heißt wegen der Schüsselform "Rose Bowl". Weil dort wichtige Spiele im College-Football ausgetragen wurden, hießen sie Rose Bowl Games. Als die NFL für ihr Endspiel einen Namen suchte, schlug der Besitzer der Kansas City Chiefs, Lamar Hunt Super Bowl vor. Also heißt der Finalsonntag Super Sunday und die Woche davor Super Week.

Warum sagen die Deutschen dann der Super Bowl?

Keine Ahnung. Es müsste die Super Bowl heißen - aber selbst im Duden steht mittlerweile der. Und bei der SZ sagen sie auch "der Super Bowl".

Muss man ja nicht verstehen. Also schauen die Amerikaner wegen dem Sport zu? Wie ein WM-Finale bei uns?

Nicht unbedingt. Es werden 115 Millionen Amerikaner erwartet - es ist aber mehr ein gesellschaftliches Ereignis, bei dem es um mehr als nur Football geht. Etwa 47 Prozent der Zuschauer werden weiblich sein - es werden also insgesamt doppelt so viel Frauen zusehen als bei den Oscars.

Oh Mann, worum geht es denn dann, wenn nicht um Football?

Ums Essen zum Beispiel. Im vergangenen Jahr haben die Amerikaner insgesamt 1,3 Milliarden Chicken Wings verdrückt, dazu 45,3 Millionen Kilogramm an Avocados und fünf Millionen Kilogramm Kartoffelchips. Hinuntergespült wurde als alles mit 1,23 Millionen Litern Bier.

Verständlich, beim Fußball gibt's auch Bier - und in der Halbzeit dann Bratwürste.

Dazu haben die Amerikaner in der Pause keine Zeit.

Ach herrje, was denn nun schon wieder?

Die Halbzeitpause ist mindestens so wichtig wie das Spiel selbst. In diesem Jahr treten Coldplay und Beyoncé auf. Die Plattenverkäufe der Künstler steigen nach dem Super Bowl traditionell um mehr als 200 Prozent. 2004 entblößte Justin Timberlake die Brust von Janet Jackson, im vergangenen Jahr sorgte ein Tänzer im Hai-Kostüm für Aufregung. Die Nationalhymne singt übrigens Lady Gaga - auch da gab es schon mal einen Skandal, als Christina Aguilera 2011 zahlreiche Fehler unterliefen.

Das alles können wir in Deutschland auch sehen?

Jawohl! Von zehn Uhr morgens an gibt es einen Livestream auf ran.de. Von 20.15 Uhr an läuft im Fernsehen auf ProSieben MAXX der Countdown, um 23.15 Uhr beginnt die Live-Übertragung.

Interessiert mich alles nicht, ich will das Spiel sehen. Wann geht das los?

Um 00.35 Uhr deutscher Zeit.

Und ich kann alles sehen, was die Amerikaner auch sehen?

Nicht ganz. Während der Werbepausen will der Sender die Regeln erklären. Die Werbefilme bekommen die deutschen Zuschauer nicht zu sehen.

Warum sollte ich auch Werbung sehen wollen?

Weil die Filme mindestens so bedeutend sind wie das Spiel oder die Halbzeitshow. Fünf Millionen Dollar muss ein Unternehmen für 30 Sekunden Sendezeit hinblättern. Es wird anlässlich des 50. Super-Bowl-Jubiläums einen Chor aus Menschen geben, die nur deshalb gezeugt worden sind, weil der Lieblingsverein der Eltern das Endspiel gewonnen hat. Helen Mirren nennt betrunkene Autofahrer nutzlose Sauerstoffverschwender, deren Gehirn von Wissenschaftlern wegen Unbrauchbarkeit abgelehnt würde. Eine Kaffeemarke mit dem Namen Death Wish stellt sich vor. Willem Dafoe tritt als Marilyn Monroe auf.

Ich soll mich also jetzt echt auf Werbung freuen?

Vor fünf Jahren gab es diesen witzigen Spot mit dem Jungen im Darth-Vader-Kostüm, der nur über die Kraft seiner Gedanken ein Auto startet. Das war doch lustig!

Lustig war, dass sich Greenpeace danach über Volkswagen lustig gemacht und das Unternehmen als böses Imperium hingestellt hat. Ist Volkswagen wirklich wieder dabei?

Ist noch nicht bekannt, das Unternehmen will sich nicht äußern.

Muss man ja nicht verstehen. Und wenn ich die Werbung wirklich sehen will?

Bei nfl.com kann man das Spiel ebenfalls empfangen - es braucht aber einen kostenpflichtigen League Pass.

Wer ist Favorit?

So, jetzt aber endlich zum Sport. Auf wen muss ich achten?

Auf die zwei Quarterbacks. Cam Newton von den Carolina Panthers ist der neue Star der Liga - er kann selbst laufen, aber auch präzise werfen. Auf der anderen Seite könnte der 39 Jahre alte Peyton Manning den zweiten Titel gewinnen und direkt nach dem Spiel seine Karriere beenden.

Ja, über diese beiden reden jetzt alle - aber wer wird dieses Spiel wirklich entscheiden?

Bei Carolina: tatsächlich Cam Newton. Bislang hat in dieser Saison noch niemand herausgefunden, wie man diesen verrückten Typen stoppen kann. Weil er derart gut selbst laufen kann, brauchen die Panthers meistens gar keinen Laufspieler, sondern können einen Passempfänger mehr aufs Feld schicken. Das macht Carolina so variabel und so schwer auszurechnen.

Klingt knifflig.

Die Verteidigung der Broncos ist die beste der NFL, vielleicht sogar die sicherste der Geschichte. Anders als andere prägende Defensiven ("Monsters of the Midway" - Chicago Bears, 1940-41 und 1985, "Big Blue Wrecking Crew" - New York Giants, 1980er Jahre, "Doomsday Defense" - Dallas Cowboys, 1966-74) gibt es für die Broncos noch keinen Spitznamen. Das könnte sich nach diesem Spiel ändern. Die Broncos können den gegnerischen Spielmacher attackieren, ohne sich zu entblößen. Das machte sie in dieser Saison beinahe fehlerfrei. Wenn die Defense den Ball erobert und in die gegnerische Endzone trägt, kann sie sogar für Punkte sorgen.

Und die Broncos-Offensive?

Ist gefährlich, weil es gleich zwei grandiose Laufspieler gibt: C.J. Anderson und Ronnie Hillman. Die wechseln sich ab oder stehen schon mal gemeinsam auf dem Platz. Es gibt auch die beiden Passempfänger Demaryius Thomas und Emmanuel Sanders. Manning muss deshalb nicht unbedingt glänzen, er darf vor allem keine Fehler machen.

Also sind die Panthers die Favoriten?

Ja. Sie haben in dieser Saison inklusive Playoffs eine Bilanz von 17:1, die Broncos kommen auf 14:4. Der Statistikguru Nate Silver sagt auf seiner Seite fivethirtyeight.com voraus, dass die Siegchance der Panthers bei 59 Prozent liegt.

Ach, das ist doch Kaffeesatzleserei...

Nun, in den Playoffs liegt die Bilanz von Silvers Vorhersagen bei 9:1.

Cam Newton

Cam Newton streckt sich im Spiel gegen die Atlantca Falcons - beim Super Bowl werden viele Augen auf den jungen Quarterback gerichtet sein.

(Foto: dpa)
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: