Neuer Uefa-Präsident:Wird dieser Slowene der neue Platini?

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Plötzlich ein gefragter Mann: Der mutmaßliche neue Uefa-Präsident Aleksander Čeferin geht als hoher Favorit in die Wahl in Athen. (Foto: REUTERS)

Aleksander Čeferin dürfte am Mittwoch zum neuen Uefa-Präsidenten gewählt werden - auch der DFB hat für ihn die Seiten gewechselt.

Von Johannes Aumüller, Athen/Frankfurt

Die düstere Vergangenheit ist präsent, wenn sich die Vertreter der 55 Mitgliedsländer von Europas Fußball-Union (Uefa) an diesem Mittwoch in Athen versammeln, um einen neuen Präsidenten zu wählen. Ihr langjähriger Chef Michel Platini darf dort tatsächlich noch einmal auftreten, obwohl er wegen eines mysteriösen Geldflusses über zwei Millionen Schweizer Franken aus dem Weltverband auf sein eigenes Konto für vier Jahre gesperrt ist und in dieser Zeit keine Fußballaktivitäten ausüben darf.

Aber die Fifa-Ethikkommission genehmigte ihm verblüffenderweise eine Ausnahme, die Uefa begrüßte das freudig, und jetzt kann Platini seinen langjährigen Getreuen also Adieu sagen - nicht, dass einige der anwesenden Herren noch zu schluchzen anfangen.

So weckt schon Platinis Auftritt erste Zweifel, ob es in der zwar reichen und mächtigen, aber in Transparenz- und Ethikfragen selbst hinter dem Weltverband Fifa zurückhängenden Uefa künftig wirklich ganz anders zugehen wird. Diese Zweifel verstärken sich noch, wenn es um den wahrscheinlichen neuen Spitzenmann geht: Der Slowene Aleksander Čeferin, 48, gilt im Duell mit dem Niederländer Michael van Praag, 68, als großer Favorit - und wirft zugleich viele Fragen auf.

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Plötzlich hoher Favorit

In der Fußballfunktionärswelt war Čeferin bis vor Kurzem ein völlig unbeschriebenes Blatt. Doch plötzlich weiß er eine breite Allianz hinter sich - vom skandinavischen Verbandsquartett über die Kernländer Deutschland und Frankreich bis zu den Osteuropäern. Die sind bei Wahlen besonders wichtig, weil sie traditionell über ein großes Stimmenpaket verfügen, das schon Platini 2007 zum Sieg gegen den schwedischen Amtsinhaber Lennart Johansson und dem Sprung an die Macht verhalf.

Die Strippen zieht dabei ausgerechnet Moskaus umstrittener Funktionär Witalij Mutko, als Sportminister zentrale Figur im russischen Staatsdopingskandal und als Fifa-Vorstand schlecht beleumundet.

Zudem irritieren geschäftliche Beziehungen von Čeferins Anwaltskanzlei gen Osten ebenso wie seine enge Bekanntschaft mit Landsmann Tomaž Vesel. Der ist erst kürzlich zum Chef des Compliance-Gremiums bei der Fifa aufgestiegen, das unter anderem das Salär des Präsidenten festlegt. Zwei gute Freunde, die binnen kurzer Zeit solch wichtige sportpolitische Posten erobern? Nicht nur Mark Pieth, früher im Reformstab der Fifa, gibt dies zu denken: "Es gibt keine generelle Regel dagegen, aber das ist einfach Patronage. Das ist klar", sagte er der Agentur AP.

Den Deutschen Fußball-Bund (DFB) hielten diese vielen Merkwürdigkeiten nicht davon ab, seine ursprüngliche Zusage für van Praag zurückzunehmen und die Seiten zu wechseln. DFB-Präsident Reinhard Grindel erklärt das unter anderem mit dem Hinweis, dass es im Falle einer Wahl van Praags aufgrund dessen Alters und des Uefa-Alterslimits schon bald um dessen Nachfolge gehen müsste. Entscheidender ist offenkundig die Angst der deutschen Funktionäre, die fest zugesagte EM 2024 noch zu verlieren, falls sie nicht auf Seiten des Wahlgewinners stehen.

Gegenkandidat van Praag hat öffentlich nur aus vier Ländern eine Stimme zugesichert bekommen: England, Niederlande, Belgien - und kurzfristig Island. Der frühere Präsident von Ajax Amsterdam ist zwar schon seit vielen Jahren in den Fußball-Führungsgremien dabei, gilt aber als einer der untadeligeren Funktionäre. Doch im Zweikampf mit Čeferin scheint nicht mehr die Frage zu sein, ob er verliert, sondern nur noch, wie hoch.

© SZ vom 14.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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