Champions League:Bei Bayern verschärft sich der Stau im Zentrum

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  • Das 5:0 gegen Besiktas liefert Aufschluss über die Präferenzen von Bayern-Trainer Heynckes im Münchner Mittelfeld.
  • Martinez und Vidal sind bei ihm gesetzt - zwei andere Mittelfeldspieler sind das nicht.
  • Und dann kommt bald auch noch Schalkes Leon Goretzka.

Von Christof Kneer, München

Am Dienstagabend ist in der Münchner Arena ein großes Duell der Kampfsportgeschichte zur Aufführung gekommen. Es traten an die beiden gefürchteten Meister der Kompaktklasse: in der weißen Ecke der Chilene Gary Medel, 30, der den schönen Kosenamen "Pitbull" trägt - und in der roten Ecke Arturo Vidal, ebenfalls Chilene, ebenfalls 30, der den Namen "Pitbull" nur deshalb nicht trägt, weil ihn halt schon der andere hat.

Nach ein paar Minuten begegneten sich die beiden bereits im Zentrum des Rings, und es ist vermutlich nur Auslegungssache, wem man den Sieg in diesem ersten Duell zuerkennen mag. Medel gewann einerseits den Zweikampf gegen Vidal - aber andererseits nur, weil er ihn vorher gefoult hatte.

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Der FC Bayern gewinnt das Achtelfinal-Hinspiel in der Champions League gegen Besiktas 5:0 - und zeigt, dass es auch in wichtigen Spielen ohne Robben und Ribéry geht.

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Arturo Vidal hat dann aber im weiteren Verlauf dieses Achtelfinal-Hinspiels mit ein paar schicken Tacklings gekontert, er kann - seit Jupp Heynckes zurück in München ist - wieder befreit aufgrätschen. Vidal ist ein Krieger, der Wärme braucht und auch ein bisschen Druck, beides bekommt er von Heynckes, der Vidals leidenschaftliche Kampfhandlungen schon seit gemeinsamen Leverkusener Tagen schätzt. Im Moment deutet vieles darauf hin, dass Heynckes auch in den anstehenden großen Begegnungen im Frühjahr wieder auf Vidals Aggressivität vertrauen wird - Aufstellung und Kaderbau im Spiel gegen Besiktas haben da deutliche Signale gesendet.

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Heynckes hat zuletzt immer wieder betont, dass er alle Spieler brauche, und er hat auch immer wieder artig rotiert, um allen Spieler ein bisschen Auslauf zu gewähren. Aber Profis sind nicht leicht zu täuschen, sie wissen genau, wie sie eine Aufstellung lesen müssen. Faustregel: Wer in Wolfsburg ran darf, ist eher kein richtiger Stammspieler. Wer in einem K.o.-Spiel in der Champions League ran darf, der schon.

Ob diese Faustregel auch für Ribéry und Robben gilt, ist noch offen, seinen beiden Flügelsenioren gönnt der Trainer ab und zu ein bisschen Altersteilzeit. Aber für die Mitte des Spiels enthielt die Aufstellung doch eine sehr klare Aussage: Heynckes baut in den defensiveren Zonen des Zentrums auf Arturo Vidal und Javi Martínez, sie stehen auf den Rängen eins und zwei.

Als erste Alternative auf Platz drei führt Heynckes den 40-Millionen-Einkauf Corentin Tolisso, dem er immerhin einen Platz auf der Bank zuwies. Und am wenigsten anfangen kann der Trainer offenbar mit dem feingliedrigen Strategen Sebastian Rudy; der deutsche Nationalspieler, offenkundig nur noch die Nummer vier auf dieser Position, saß nur auf der Tribüne - neben dem Spanier Thiago, für den allerdings nach langer Verletzungspause noch mildernde Umstände gelten.

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In dieser zentralen Position sind die Bayern zumindest quantitativ am besten besetzt, und die Stauungen am Mittleren Ring könnten sich noch verschärfen, wenn im Sommer der Schalker Leon Goretzka, 23, nach München umzieht. Es wird auch von der Trainerfrage abhängen, ob einer der Kandidaten am Ende die Flucht ergreifen wird.

Mit Vidal, gebunden bis 2019, ließe sich nur im Sommer noch Geld verdienen, und bei allem Respekt vor seiner Grätschenkunst sehen Bayerns Bosse den sagenumwobenen Lebenswandel des Chilenen durchaus nicht mit Begeisterung. Und wie gerne und vor allem wie lange sich Rudy das aktuelle Szenario noch ansieht?

In der 83. Minute wurde Vidal übrigens ausgewechselt. Zwei Minuten später folgte Gary Medel.

© SZ vom 21.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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