1860 München trennt sich von Trainer Schmidt:Entlassen aus Angst vor dem Mittelmaß

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Mit gesenktem Kopf: 1860-Trainer Alexander Schmidt am Freitag in der Arena in Fröttmaning. (Foto: Tobias Hase/dpa)

Er wurde gegen den Willen des jordanischen Investors als Trainer installiert, nach gerade einmal neun Monaten muss er nun schon wieder gehen: Der TSV 1860 München entlässt nach einer katastrophalen Leistung Alexander Schmidt. Die Verantwortlichen trauen dem 44-Jährigen den Aufstieg nicht zu.

Von Victor Fritzen und Lisa Sonnabend

Es waren erst 45 Minuten gespielt, als die ersten Rufe ertönten. "Schmidt raus", forderten zahlreiche der 15.000 Zuschauer in der Arena in Fröttmaning. Zur Halbzeit gab es dann ein gellendes Pfeifkonzert, zum Ende der Partie wurden die Schmährufe gegen den Trainer immer lauter. Ob sie es waren, die die Verantwortlichen zum Handeln bewegt haben?

Nach gerade einmal neun Monaten ist an diesem Samstagvormittag Alexander Schmidt beim ambitionierten Zweitligisten TSV 1860 München entlassen worden. "Alex hat sehr gute Arbeit geleistet und war absolut bestrebt, unsere Ziele zu erreichen", formulierte Geschäftsführer Robert Schäfer seine Abschiedsworte in einer Vereinsmitteilung. Doch allein das Bestreben reichte den Verantwortlichen nicht aus. "Die Entwicklung der Mannschaft verlief zuletzt nicht wie gewünscht." Deswegen habe man frühzeitig reagiert, "um die Ziele für die Saison nicht zu gefährden".

Tatsächlich, wer die Niederlage gegen Sandhausen am Freitagabend erleben musste, dem musste Angst und Bange werden um den selbsternannten Aufstiegsfavoriten. Ängstlich, kreativfrei, mutlos: Spätestens an der Mittellinie war der Spielaufbau vorbei. Und es erhärtete sich vor allem nach dem zweiten Gegentreffer der Eindruck, als fehle der Mannschaft der entscheidende Kick von Außen.

TSV 1860 München in der Einzelkritik
:Tatenlos zugeschaut

Moritz Volz und Guillermo Vallori erwischen den Platz mit der besten Sicht. Yannick Stark fällt diesmal nur durch seine Haarpracht auf und Benny Lauth trifft nicht einmal mit der Hand. Der TSV 1860 München beim schwachen 0:2 gegen Sandhausen in der Einzelkritik.

Aus dem Stadion von Victor Fritzen

Verteidiger Moritz Volz sprach von einem ganz schlappen Auftritt, nach dem man jetzt an einem Punkt angekommen sei, an dem man nicht sein wollte. "Alle müssen jetzt die Köpfe zusammenstecken, um zu analysieren, warum es nicht so klappt", sagte Volz. Er meinte damit Mannschaft. Seine Chefs - die Geschäftsführung, sportliche Leitung und Präsidium - analysierten die Situation noch in der Nacht, zum Nachteil des Trainers.

Der 44-jährige Schmidt war von 2002 bis 2012 Jugendtrainer beim TSV 1860 München. Als der Verein im November des vergangenen Jahres Rainer Maurer entließ, rückte Schmidt nach - zunächst als Übergangslösung. Der Start bei den Profis wurde ihm nicht leicht gemacht. Der Trainer wurde eine Art Spielball des Vereins im Umgang mit dem jordanischen Investor Hasan Ismaik.

Dieser hatte eigentlich den bekannten schwedischen Coach Sven-Göran Eriksson, der einst die britische Nationalmannschaft trainierte, installieren wollen und stellte Schmidt deswegen mehrmals öffentlich in Frage. Der Trainer gab sich daraufhin betont selbstbewusst, viele legten ihm dies als Arroganz aus. Einmal sagte er: "Ich werde keinen Ko-Trainer mehr machen, egal ob in Barcelona, Madrid oder weiß der Teufel wo."

Der Verein war auf Schmidts Seite, auch weil er die deutlich günstigere Variante war, und widersetzte sich den Eriksson-Plänen. Da Schmidt ein paar passable Ergebnisse mit der Mannschaft erspielte, ließ 1860 den Trainer einen Dreijahresvertrag unterschreiben. Ohne sich mit dem Investor abzusprechen. Ein Affront.

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:TSV 1860 feuert Trainer Alexander Schmidt

Nach der schlimmen Leistung beim 0:2 gegen den SV Sandhausen reagiert der TSV 1860 München: Der Zweitligist entlässt Trainer Alexander Schmidt. Vorerst übernimmt sein Ko-Trainer Markus von Ahlen.

Doch die Leistung der Mannschaft konnte Schmidt langfristig nicht steigern. Als er das Profiamt übernahm, führte er Nachwuchsspieler wie Bobby Wood und Stefan Wannenwetsch in der ersten Mannschaft ein. Doch seine Experimente blieben meist zu halbherzig. Stellte sich nicht sogleich Erfolg ein, fiel er in alte Muster zurück oder versuchte eine neue Variante. Die Probleme vor allem im Offensivbereich und im Spielaufbau waren zuletzt eklatant.

Zwar ist die Bilanz in der neuen Saison mit neun Punkten in sechs Spielen und einem Tabellenplatz im vorderen Drittel nicht schlecht. Doch die Partien gegen Fortuna Düsseldorf oder den FC Ingolstadt gewann der TSV 1860 nur durch viel Glück. Für das selbsterklärte Ziel Aufstieg war das den Vereinsverantwortlichen offenbar zu wenig.

Neu-Präsident Gerhard Mayrhofer hatte, als er im Juli von den Mitgliedern gewählt worden war, gesagt: "Wenn es am Anfang nicht so gut läuft und wir sehen, dass es nicht funktioniert, dann dürfen wir nicht ewig warten, sondern müssen schnell handeln." Damals ruderte er noch zurück und ließ ausrichten, er meine damit keinesfalls Entlassungen im sportlichen Bereich. Doch nun scheint klar: Es war durchaus als Drohung an Schmidt gemeint. Und nun ist sie wahr gemacht worden.

Wer nun der neue Trainer des TSV 1860 wird, ist unklar. Vorübergehend hat Markus von Ahlen, der in dieser Saison Co-Trainer war und zuvor erfolgreich die Regionalliga-Mannschaft betreut hat, die Übungseinheiten übernommen. Ob Sven-Göran Eriksson wieder ins Spiel gebracht wird? Wohl kaum, der Schwede hat im Juni erst beim chinesischen Erstligisten Guangzhou RF angeheuert.

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