1860 München:Hauruck mit Power

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Welche Medien dürfen noch Spiele des TSV 1860 besuchen? Über diese Frage gibt es Debatten. (Foto: dpa)
  • Beim TSV 1860 München gibt es neue, bedenkliche Entwicklungen: Neuerdings bekommen drei Zeitungen keine Akkreditierungen mehr für Heimspiele.
  • Dieser Vorgang wirkt schikanierend.
  • Sponsoren sind darüber nicht glücklich.

Von Markus Schäflein und Philipp Schneider

Seit zehn Wochen ist Anthony Power inzwischen Geschäftsführer beim Fußball-Zweitligisten TSV 1860 München. Weder die Journalisten noch die Anhänger haben den neuen starken Mann auf der Geschäftsstelle, der als Vertrauter von Investor Hasan Ismaik kam, bislang richtig kennengelernt - und selbst die Vereinsführung nicht. Der Kontakt zwischen Präsident Peter Cassalette und Power lässt sich nach SZ-Informationen nur als nicht existent beschreiben; wenn die e.V.-Vertreter beispielsweise einem der zahlreichen Spielertransfers dieses Winters zuzustimmen hatten, wurden sie über Name und Modalitäten stets direkt von Ismaik und seinen Vertretern aus Abu Dhabi informiert und nie von Power.

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Präsident Cassalette lässt unbeantwortet, ob er die Maßnahme angebracht findet

So liegt es nahe, dass Power, nachdem er auf der Geschäftsstelle ein Arbeitsklima schuf, das schon eine Reihe Kündigungen langjähriger Mitarbeiter nach sich zog, am Montag das Präsidium erneut mit einem Alleingang verblüffte. Drei Münchner Tageszeitungen erhielten Post von der "TSV 1860 München GmbH & Co. KGaA", die Anthony Power als Geschäftsführer jeweils unterzeichnete.

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"Bis auf Weiteres", heißt es, würden Journalisten von Münchner Merkur, tz und Bild ihre Dauerakkreditierungen für die Heimspiele in der Arena in Fröttmaning entzogen. "Wir haben uns zu diesem Schritt entschieden", schreibt Power, "da wir aufgrund der Berichterstattung in den letzten Wochen und Monaten derzeit keine Basis für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit sehen." Diese bemerkenswert schwammige Formulierung wirft gleich eine Reihe an Fragen auf.

Zunächst: Da von "wir" die Rede ist, muss es mehrere Personen bei 1860 geben, die glauben, es sei die Aufgabe der Medien, eine partnerschaftliche Beziehung zum Gegenstand ihrer Berichterstattung zu pflegen. In diesem Fall zu einem Fußballklub, in dem Ismaik selbst "Korruption und Plünderung" diagnostiziert hatte und damit einen Zustand, der nach kritischer Distanz nahezu brüllt. Zweitens: Die konkreten Artikel und Passagen, mit denen die Zeitungen offenbar mehrere Verantwortliche gegen sich aufgebracht haben, werden nicht genannt.

Eine entsprechende Anfrage der SZ mit dem Wunsch nach Präzisierung ließen sowohl Power als auch Cassalette unbeantwortet. Was schließlich zur Frage führt: Teilt das Vereinspräsidium tatsächlich Powers Überzeugung, dass diese ungewöhnliche Schikanierung ausgewählter Medienvertreter angebracht und angemessen ist? Auch diese Anfrage beantwortete Cassalette am Dienstag nicht.

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Der Bayerische Journalisten-Verband (BJV) nannte die Maßnahme "unsäglich". In der Theorie könnte das Präsidium von seinem Weisungsrecht Gebrauch machen und Geschäftsführer Power zwingen, die Anweisung rückgängig zu machen. Auch gegen den Widerstand von Investor Ismaik (der formal keinerlei Weisungsrechte besitzt) wäre dies ohne großen Aufwand möglich. In der Praxis war das Präsidium allerdings - wie schon beim Ende November verhängten Hausverbot für Journalisten am Trainingsgelände - mal wieder nicht erfolgreich damit, eine offenkundig nicht zu Ende gedachte Hauruckaktion des Geschäftsführers zu verhindern, die das ohnehin lädierte Image des Klubs weiter beschädigt.

Schon der vergangene Presseboykott wurde erst auf Drängen wichtiger Sponsoren und Partner zurückgenommen, die als Gegenleistung für ihr finanzielles Engagement bei 1860 mediale Präsenz erwarten. Auch die vier neuen Spieler, von denen ja der eine oder andere durchaus vorzeigbar gewesen wäre, durften sich bislang keinem Medium präsentieren - die Werbewand mit den vielen Logos vereinsamt zunehmend.

Nach SZ-Informationen hat auch die Vermarktungsagentur Infront, mit der der ehemalige Geschäftsführer Markus Rejek einen langfristigen Vertrag abgeschlossen hat, schon mit ihrem Ausstieg gedroht. Das ist kein Wunder: Infront wickelt bei Sechzig alle Sponsoren- und Werbegeschäfte ab und bringt bis zum Ende der Saison 2027/2028 eine Garantiesumme von 60 Millionen Euro auf. Für jeden Sponsor, den Power bei seinem Feldzug gegen die Medien verprellt, muss damit letztlich Infront aufkommen.

© SZ vom 01.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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