1860 München gewinnt in Ingolstadt:Ein Ständchen von Vallori und viel Applaus

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Es liegt nicht am System. Nach der Kritik an der defensiven Ausrichtung gegen Braunschweig laufen die Löwen in Ingolstadt wieder mit nur einer Spitze auf. Trotzdem schießen sie zwei Tore und überzeugen mit einem 2:0-Erfolg. Trainer Reiner Maurer überrascht das nicht.

Matthias Mederer, Ingolstadt

Guillermo Vallori hatte sich getäuscht. "Ich dachte, das ist heute vielleicht doch nicht mein Tag", sagte der 1860-Verteidiger nach dem Spiel in Ingolstadt mit einem lässigen Achselzucken. Er sprach gerade über seine Kopfballgelegenheit aus der ersten Halbzeit. Da ging der Ball knapp am Tor vorbei. Vallori konnte lässig über das Auslassen dieser Gelegenheit sprechen, schließlich hatte seine Mannschaft am Ende im 2:0 gewonnen und er noch ein Tor erzielt.

Im zweiten Durchgang nämlich fand sich Vallori erneut im Strafraum der Gäste wieder, als ihm der Ball vor die Füße fiel. Rasch besann er sich seines Irrtums und beschloss, diesen Tag doch zum seinigen zu machen. Mit der Eleganz einer 1,90-Ballerina streichelte er den Ball über Ramazan Özcan ins Netz.

Und als habe diese Szene in der 74. Minute seine Mitspieler noch nicht genug überrascht, lief er zum Jubeln Richtung Eckfahne und imitierte einen Karaoke-Sänger. "Ein Gruß an einen Freund in Spanien, der das Spiel im Internet geschaut hat", erklärte Vallori.

Weil es nun schon mal sein Tag war, erzählte Vallori gleich noch ein bisschen weiter. Davon zum Beispiel, dass ihn seine Mitspieler ob seiner technischen Fertigkeiten jetzt "Piqué" rufen, in Anlehnung an den Profi des FC Barcelona und Valloris spanischen Landsmann. Aber er erzählte auch davon, dass er überrascht war vom Gastgeber aus Ingolstadt. "Die hatten zuletzt sehr stark gespielt, aber heute waren wir dominierend hier."

Dann sprach Vallori noch ein wenig über den Druck, der bei 1860 ja immer da sei, mit dem man aber umgehen könne und davon, dass man selbst den Anspruch habe, ganz oben zu stehen. In diesem Moment kam dann sein Trainer Reiner Maurer, tippte seinen Spieler an und meinte. "Gut jetzt. Ab zum Auslaufen." Vallori zuckte wieder mit den Achseln, lächelte entschuldigend und ging Richtung Platz zu den Kollegen.

Denn auch wenn es für Vallori "das erste Tor war, das ich auf diese Weise erzielt habe", so war sein Trainer von diesem Treffer gar nicht so sehr überrascht und unterdrückte jegliches Aufflackern von Euphorie mit der Humorlosigkeit eines Verkehrspolizisten. "Nein", sagte Reiner Maurer, "ich weiß, was er kann. Das Tor hat mich nicht überrascht".

Dass seine Spieler ihre Qualitäten - denn auch der Treffer zum 1:0 von Moritz Stoppelkamp war das Resultat hoher technischer Fertigkeiten - allerdings erst Schritt für Schritt zeigten, wundert Maurer ebenfalls nicht. "Wir haben einige neue Spieler und da dauert es einfach ein wenig, bis diese Spieler sich in einer neuen Mannschaft und einer neuen Liga zurecht gefunden haben. Gerade in der zweiten Bundesliga geht es sehr körperbetont zur Sache und wenn du da am Anfang zwei oder drei Fehler machst, dann ist auch das Selbstvertrauen weg."

Mit Siegen wie diesem überzeugenden 2:0 in Ingolstadt aber komme auch das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten Schritt für Schritt, so Maurer. "Ich bin heute rundum zufrieden", sagte er, "wir haben 93 Minuten sehr konzentriert gespielt und lediglich in der ersten Viertelstunde eine Chance zugelassen."

Bei der Aufstellung wählte der Trainer indes erneut die 4-2-3-1-Variante aus dem Spiel gegen Braunschweig. "Ich wollte nicht ins offene Messer laufen", sagte der Trainer, "das hat schon am Sonntag geklappt und heute haben wir noch etwas druckvoller nach vorne gespielt und ich war wieder zufrieden."

Nach der Partie gegen Braunschweig nämlich hatte Kapitän Benjamin Lauth noch recht wütend gesagt: ""Wir sollten nicht nur abwarten und schauen, was der Gegner macht. Wir sind besser, wenn wir so wie in der zweiten Halbzeit spielen. Da waren wir in Bewegung, da waren wir viel gefährlicher." Nun waren die Löwen, bei gleichem System, in Bewegung und gefährlich - deshalb waren Lauth und Maurer zufrieden.

Genau wie Guillermo Vallori, der allerdings nicht nur mit den fußballerischen Aspekten dieser Partie zufrieden war: "Klar", antwortete er fast ein wenig erschrocken darüber, dass es überhaupt jemand wagte, in diesem Punkt nachzufragen, "ich bin ein sehr guter Karaoke-Sänger".

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von Matthias Mederer

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