Mitchell Weiser beim FC Bayern:Rückkehr eines Vergessenen

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Plöztlich in der Startefl: Mitchell Weiser (Foto: Matthias Hangst/Getty Images)

Mitchell Weiser fällt endlich positiv auf beim FC Bayern: In der Rückrunde erarbeitet er sich einen Platz in der Startelf. Dann veröffentlicht der 20-Jährige ein Foto von sich in Unterhöschen.

Von Benedikt Warmbrunn

Ballannahme, kurzes Zögern, mit einer schnellen Bewegung den Ball weggespitzelt, zwischen zwei Gegenspielern hindurch, zu Arjen Robben, Tor, das müsste in jeder normalen Woche das Bild der Woche von Mitchell Weiser sein. Aber diese Woche ist keine normale Woche, zumindest nicht für Mitchell Weiser.

Seit zweieinhalb Jahren ist Weiser, 20, Fußballprofi beim FC Bayern, er hat viel erlebt in diesen zweieinhalb Jahren, und nicht alles war leicht. Was stört da schon ein weiteres Foto?

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Am Dienstagvormittag hatte Weiser ein Foto ins Internet gestellt, er und sein Mitspieler David Alaba in knappen Unterhöschen, eine halbe Stunde später löschte Weiser es wieder. Spott und Häme folgten, Weiser gestand einen Fehler. Einen Fehler, der ablenkte von der Entwicklung, die der Außenverteidiger in den vergangenen Monaten genommen hat.

Ein Foto in Unterhöschen

2012 war Weiser nach München gezogen, zusammen mit seiner Freundin, ein 18-Jähriger und eine 16-Jährige, bereit für die Abenteuer des Lebens - weswegen Weiser sich auch durchsetzte gegen die Stimmen in seinem Umfeld, die wollten, dass er noch ein, zwei Jahre in der Heimat bleiben solle. Aber der Sohn des ehemaligen Bundesliga-Profis Patrick Weiser wollte weg vom 1. FC Köln, und er wollte die größte Herausforderung: den FC Bayern. Er kam als gepriesenes Talent. Und er lebte aber auch manchmal das Leben eines jungen Mannes, der erstmals nicht mehr zu Hause wohnt. Ein Leben, dass die Öffentlichkeit einem Fußballtalent kaum zugesteht.

Weiser konnte sich bei den Profis zunächst nicht durchsetzen, er sollte daher in der U23 spielen. Dort schimpfte Trainer Mehmet Scholl über seine Einstellung. Weiser wurde 2013 für eine Halbserie nach Kaiserslautern verliehen, kehrte zurück, spielte weiter vor allem in der zweiten Mannschaft. Er galt schon als Talent, das überholt wird von der nächsten Generation, als ein Vergessener. Dann reiste der FC Bayern im Januar ins Trainingslager in Katar.

Zu Saisonbeginn hatte sich Weiser bei einem privaten Kick das Syndesmoseband gerissen, er spielte einmal in der Champions League gegen Moskau, in der Bundesliga nur einmal, am letzten Hinrundenspieltag. Eine Minute lang. In Katar trainierte aber kein geknicktes Talent, sondern einer, der sich selbst besser kennen gelernt hat. "Ich habe mich hinterfragt, ob ich alles mit 100 Prozent gemacht habe. Wenn man den Vergleich zieht, sieht man, dass es nicht immer 100 Prozent waren." Auch im Verein haben sie diese Wandlung "seit einem halben Jahr" beobachtet, sagte Sportvorstand Matthias Sammer: "Es hat Klick gemacht."

Im Sommer läuft Weisers Vertrag aus

Bei einem Testspiel in Doha gegen die Katar Stars erzielte Weiser als Rechtsverteidiger die ersten zwei Tore, beim 1:4 zum Rückrundenauftakt in Wolfsburg wurde er eingewechselt, für 39 Minuten. In den Spielen gegen Schalke und Stuttgart stand er jeweils in der Startelf, in Stuttgart bereitete er das 1:0 durch Robben vor. In einer Mannschaft, die sich noch sucht, fiel Weiser nicht allzu sehr auf, er zeigte aber, dass er schnell, athletisch, laufstark ist. Er zeigte aber auch, dass er manchmal schneller, athletischer und laufstärker ist, als es dem Spiel gerade gut tut.

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Im Sommer läuft Weisers Vertrag aus, er hat jetzt noch fast vier Monate Zeit, sich zu empfehlen. Für einen anderen Bundesligisten. Oder sogar für einen neuen Vertrag beim FC Bayern. Sportvorstand Sammer hatte zuletzt gesagt, dass er von Weiser und den anderen Talenten "eine gewisse Frechheit" gefordert habe. Auf einer Skala von eins bis zehn, sagte Weiser daraufhin, "bin ich eine Zehn."

Und womit er als nächstes auffällt, liegt allein an diesem frechen Mitchell Weiser.

© SZ vom 12.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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