Mergim Mavraj im Interview:"Vielleicht ist das gottgegeben"

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Nur wenige Bundesligaspieler passen laut Statistikdienst Opta genauer als er: Kölns Mergim Mavraj (Foto: imago/Sven Simon)

Unter den statistisch besten Passgebern der Liga sind haufenweise Bayern-Profis - und der Kölner Mergim Mavraj. Im Gespräch spricht der Abwehrmann über risikoreiche Zuspiele und Vergleiche mit Präzisionskünstlern.

Von Matthias Schmid

SZ.de: Herr Mavraj, hat sich eigentlich Pep Guardiola bei Ihnen gemeldet, um Sie zu verpflichten?

Mergim Mavraj (lacht): Nein, hat er noch nicht.

Dabei waren Sie doch einer der besten Passgeber der Vorrunde.

Ich glaube, dass Guardiola nicht nur Wert aufs Passspiel legt, sondern auch auf viele andere Dinge.

Vielleicht würde ihn die Statistik beeindrucken. Unter den besten zehn Passgebern der Liga finden sich haufenweise Bayern-Profis - und Sie, mit nahezu 90 Prozent angekommenen Zuspielen.

Das überrascht mich. Als Innenverteidiger spiele ich viele Sicherheitsbälle, das darf man nicht überbewerten - auch wenn ich sehr gerne passe. Die gute Quote liegt daran, dass ich nicht so viele lange Pässe spiele, sondern zur Spieleröffnung die kurzen bevorzuge. So genau hatte ich die Zahlen aber nicht im Blick - sie kommen ja nicht auf die Autogrammkarte.

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Von Guardiola ist bekannt, dass er lange Bälle nicht mag. Wie hält es Ihr Trainer Peter Stöger?

Unser Trainer verbietet uns nichts, er macht jede Woche taktische Vorgaben, die auch vom Gegner abhängig sind. Der weite Pass ist eigentlich der sicherere, weil man damit das eigene Tor nicht unmittelbar gefährdet. Es ist ein Trugschluss, zu glauben, dass der kurze der risikoärmere wäre - gerade der kurze Pass kann für Gefahr vor dem eigenen Tor sorgen.

Trainieren Sie Ihr Passspiel in Zusatzeinheiten?

Das Passspiel ist natürlich auch eine Technikfrage, die Voraussetzungen sind da bei jedem unterschiedlich. Viele Passsituationen in einem Spiel entstehen unter Druck. Trotz zunehmender Müdigkeit gilt es, sauber und genau zu passen. Es geht darum, bewusst Lösungen zu finden für die Aufgaben, die der Trainer stellt. Über die Jahre verbessert sich dadurch die Passqualität. Ich habe sie nicht mit Extraschichten gesteigert - ich habe versucht, mich in jedem Training zu verbessern.

Wird man ruhiger am Ball mit zunehmendem Alter?

Ich hatte diese Ruhe schon immer, früher in der Jugend hatten mir deswegen einige Leute Behäbigkeit vorgeworfen, ein Phlegma. Heute wird mir diese Eigenschaft als Routine und Stärke ausgelegt.

Haben Sie schon immer in der Abwehr gespielt?

Ich habe in der Jugend verschiedenste Positionen besetzt. Bis zur B-Jugend war ich linker Flügelspieler. Ich bin dann immer länger geworden und weiter nach hinten gerückt, links in die Abwehr. Viererkette gab es damals noch nicht. Ich war deshalb ziemlich offensiv. In der A-Jugend habe ich dann zwei Jahre auf der Sechs gespielt. Als ich zu den Profis gekommen bin, wurde mir die Position des Innenverteidigers nahegelegt.

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Dann kommt Ihr Faible fürs saubere Passspiel von dieser Position?

Vielleicht war das ein Vorteil für mich, aber ich wäre womöglich heute noch zweikampfstärker, wenn ich schon von Kindesbeinen an Innenverteidiger gespielt hätte. Woher meine Stärke beim Passspiel kommt, ist schwer zu sagen. Vielleicht ist sie einfach gottgegeben. Aber heutzutage wird es immer wichtiger, einen Spielzug aus der Abwehr heraus mit einem präzisen Pass zu eröffnen.

Als ehemaliger Sechser kommt Ihnen das natürlich entgegen.

Ja, der kurze Pass, das offensive Spiel ist in mir drin. Ich verteidige gerne weit vor der Abwehr, das empfindet der eine oder andere als etwas riskant, aber das ist mein Spiel. Ich mag es, auch das Angriffsspiel von hinten anzuschieben. Ich mache das schon immer so, nicht erst seit Jürgen Klinsmann den Spielstil in Deutschland verändert hat.

Den eigenen Torwart spielen Sie aus Prinzip nicht an?

Es steht im Regelwerk nirgends drin, dass man das nicht darf. Er gehört ja zur Mannschaft. Und wenn man mit einem Rückpass das Spiel beruhigen kann und dem Team dadurch Sicherheit gibt, hat niemand etwas dagegen. Es gibt bestimmt Torhüter, die man besser nicht anspielen sollte, aber bei uns ist Timo Horn fußballerisch sehr begabt. Und man sieht bei Manuel Neuer, dass es einer Mannschaft nicht schadet, wenn der Torhüter ins Spiel einbezogen wird - Manuel hat manchmal mehr Ballkontakte als ein Stürmer.

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Neuers Teamkollege Dante passt meistens mit links. Sie sind auch Linksfuß - würden Sie sich als beidfüßig bezeichnen?

In erster Linie darf man sich nicht mit anderen vergleichen, weil jeder seinen eigenen Stil hat. Dante hat das moderne Spiel des Innenverteidigers in den vergangenen zwei, drei Jahren mitgeprägt, der macht das richtig gut, er spielt saubere, sichere Pässe. Da kann ich mir gut etwas abschauen. Ich habe die letzten Spiele beim FC aber als rechter Innenverteidiger bestritten, also passte ich häufig mit rechts, obwohl ich Linksfuß bin. Den anderen Fuß trainiere ich natürlich auch, doch beidfüßig bin ich nicht. Ich glaube, dass niemand gleichstark ist mit beiden Füßen.

Die Bayern-Verteidiger kommen in Guardiolas System häufig an den Ball. Fordern Sie bewusst Zuspiele von Ihren Kollegen?

Es wäre natürlich vermessen, Bayern und Köln sowie Dante und Mavraj miteinander zu vergleichen. München kommt in einem Spiel auf so viel Ballbesitz wie wir in siebzehn. Natürlich fordert das auch unser Trainer von uns ein, in jedem Moment der Partie anspielbar zu sein. Es erleichtert den Mitspielern, die Offensive von hinten kombinationssicher aufzuziehen, wenn sie den Ball fordern. Jeder muss bereit sein, aktiv, voller Ideen.

Es gab Zeiten in der Bundesliga, in denen Trainer wenig mit dem Ball trainieren ließen.

In den vergangenen Jahren hat sich der Schwerpunkt verlagert, die Trainer legen immer mehr Wert auf die technischen Aspekte des Spiels. Bei uns gibt es fast in jeden Training Passübungen - sie sind auch schon fester Bestandteil, wenn wir uns aufwärmen. Wir profitieren alle davon, aber natürlich beschränkt sich das nicht nur auf das Passen, sondern umfasst viele andere Dinge.

Übrig geblieben aus vergangenen Zeiten ist das bekannte Spielchen "5 gegen 2". Bringt das überhaupt etwas?

In erster Linie sehr viel Spaß. Wenn man die Übungen konzentriert und aktiv angeht, dann bringen alle etwas. Auch "5 gegen 2". Hier geht es vor allem darum, den Gegner auf engem Raum mit genauen, schnellen Pässen nicht an den Ball kommen zu lassen. Mir hilft das ungemein. Solch eine Übung ist dafür mitverantwortlich, dass ich auf eine so hohe Passquote komme.

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