Wimbledon:Siege kennen kein Alter

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Teil der nahezu unbesiegbaren und mittlerweile in die Jahre gekommenen "Big Four": Roger Federer, 35. (Foto: REUTERS)

Roger Federer und Venus Williams spielen die Finals von Wimbledon. Noch einmal reüssieren im Tennis die alten Helden - man wird auf ihre Ära wehmütig zurückblicken.

Kommentar von Barbara Klimke

Auch dieses ehrwürdige Tennisturnier in Wimbledon hatte seine Aufregungen, Ärgernisse und Debatten. Da war der Zustand der Rasenplätze, die einige Spieler an Kartoffelacker erinnerten - ohne den wackeren Farmern der festkochenden britischen Sorte Jersey Royal zu nahe treten zu wollen. Das Präsidium ignorierte die Kommentare so lange, bis auch Titelverteidiger Andy Murray, Brite und Clubmitglied, milde Kritik äußerte. Die Schuld wurde dann zuverlässig dem Wetter zugeschoben, auf der Insel ein üblicher Reflex: Es sei in der ersten Woche zu heiß gewesen, hieß es, weshalb die sorgsam gepflegte Grasnarbe aufplatzte.

Verstimmung bei den Zuschauern lösten unterdessen die Spielaufgaben verletzter Profis in diversen Erstrunden-Matches aus. Das Publikum auf den teureren Sitzen, das sich auf mehrstündige Duelle eingestellt hatte, wurde schon nach wenigen Ballwechseln um seine Nachmittagsunterhaltung gebracht. "Abzocke" unterstellte man den Verletzten etwas vorschnell, weil jeder Akteur in der ersten Runde umgerechnet fast 40 000 Euro Preisgeld erhält, unabhängig vom Spielausgang. Allerdings kann sich ein darbender Profi von den hinteren Weltranglistenrängen von den 40 000 Euro eine Weile samt Trainer ernähren. Was es umso verständlicher macht, wenn er sich malade an die Aufschlaglinie schleppt.

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Durchgängig für Diskussionen abseits der Courts aber sorgte ein anderer Trend, der mit dem Schlagwort Überalterung der Setzliste nur unzureichend zu fassen ist. Denn was sind schon 35, 37 Jahre, wenn sich Weltklassespieler wie Roger Federer und Venus Williams durch sieben Matches binnen zwei Wochen jeweils ins Finale eines Grand-Slam-Turniers durchschlagen? Siege kennen kein Alter, meinte Venus Williams. Und auch Federer hat die Bezeichnung Tennis-Methusalem eher amüsiert zur Kenntnis genommen.

Dennoch ist der Fakt nicht von der Hand zu weisen, dass das lange Zeit als nahezu unschlagbar geltende Quartett im Männertennis (Federer, Murray, Nadal und Djokovic) in der Mitte des Lebens steht. Der größte Herausforderer, der zweite Wimbledon-Finalist Marin Cilic, ist ebenfalls bereits 28. Bei den Kolleginnen ist das Bild ähnlich. Die Zahl der Wimbledon-Teilnehmerinnen über 30 hat sich in den vergangenen zwanzig Jahren verdoppelt. Der talentierte Nachwuchs scheitert reihenweise beim Versuch, Seriensiegerin Serena Williams (23 Grand-Slam-Siege) vom Sockel zu stürzen. So wie die Herausforderinnen von zwanzig Jahren an Steffi Graf (22 Grand-Slam-Siege) verzweifelt waren.

Doch zumindest in der Frauenkonkurrenz gibt es Anzeichen, die der jungen Garde Mut machen sollten. In Abwesenheit der schwangeren US-Rekordspielerin Serena Williams haben zuletzt die 20-jährige Jelena Ostapenko bei den French Open und die 23-jährige Garbiñe Muguruza in Wimbledon die Chance ergriffen und die Trophäen geschnappt. Sie hat damit verhindert, dass sich Venus Williams mit 37 Jahren und 28 Tagen zur ältesten Wimbledonsiegerin kürt.

Noch einmal haben die Ältesten in Wimbledon die Schlagzeilen bestimmt, abgesehen von der Grasnarbe. Und irgendwann, in zwanzig Jahren, wird man wohl zurückblicken auf diese Zeit im Filzballsport, die keine großen Kontroversen kannte und die eine goldene Ära war. Das Schöne am Tennis ist allerdings, dass bisher jede Generation ihre eigene goldene Ära hatte.

© SZ vom 16.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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