Kölns Zugang Modeste:Tünn, Toni - und Anthony

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Sieben Tore in neun Pflichtspielen: Kölns Zugang Anthony Modeste. (Foto: dpa)
  • Kölns Zugang Anthony Modeste ist spektakulär in die Saison gestartet.
  • Viele wundern sich, wie leicht ein Stürmer seiner Klasse zu bekommen war.
  • Modeste kann als Heimspiel- wie als Konterstürmer spielen.

Von Philipp Selldorf, Köln

Das Wetter ist an diesem Vormittag im Kölner Grüngürtel von beispielloser Abscheulichkeit, dennoch versammeln sich unter mindestens hundert Regenschirmen mindestens hundert Augenzeugen, um den Fußballern des 1. FC Köln bei der Arbeit zuzusehen. Trainiert wird das schnelle Pass-Spiel auf engstem Raum, sieben Spieler tauschen den Ball miteinander, zwei in der Mitte jagen ihm durchs nasse Gras rutschend hinterher.

Diese armen Männer haben keine Regenschirme, aber sie gehen mit beneidenswerter Freude ihrem Werk nach. Viele lachen sogar mitten im Dienst, so dass dann auch die Leute unter den Regenschirmen lachen. Es ist also inzwischen so weit gekommen, dass der FC den Kölner Bürgern finstere Herbstvormittage erhellt. Halleluja.

"Ein lustiger Junge"

Der Mann, dem ein guter Teil dieses Frohsinns zu verdanken ist, trägt übrigens die Nummer 27 an seiner matschgetränkten Trainingshose und schreit besonders laut und fröhlich durch den nassen Park: Anthony Modeste, 27, "ist ein lustiger Junge", wie FC-Manager Jörg Schmadtke verrät. Er ist allerdings auch Mittelstürmer und daher mit Vorsicht zu behandeln: "Torhüter und Mittelstürmer sind sensibel", sagt Schmadtke, der es wissen muss; als Fußballer hat er lang genug im Tor u.a. von Fortuna Düsseldorf gestanden, und in seinem nächsten Berufsleben als Manager hat er oft genug Mittelstürmer unter Vertrag genommen. Zum Beispiel Ibisevic in Aachen, Abdellaoue, Ya Konan, Diouf in Hannover, nun Modeste in Köln.

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Hört man den Augenzeugen im Grüngürtel zu, dann ist Modeste eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Der eine bezeichnet ihn als "Killer", der andere als "Granate". Neben den anderen berühmten Anthonys, Tonis und Tünns in der Kölner Bundesliga-Geschichte - Woodcock, Polster, Baffoe, Schumacher oder Ujah - hat sich der Südfranzose Modeste bereits seinen Platz geschaffen. Sieben Tore in neun Pflichtspielen sind noch keine historische Marke. Aber sie reichen allemal aus, um keine Sehnsucht nach dem vorherigen Anthony, seinem nach Bremen gewechselten Vorgänger Ujah, aufkommen zu lassen.

Als Ujahs Berater Anfang Mai Schmadtke mitteilten, dass ihr Klient zum SV Werder wechseln werde (falls der FC nicht ein besseres Angebot machte, worauf Schmadtke aber irgendwie keine Lust hatte), da war der Weg frei für die längst angepeilte Annäherung an Modeste. Der gehörte damals der TSG Hoffenheim an, was ihn selbst aber nicht mehr glücklich machte: "Wir hatten mitbekommen, dass er nicht so froh über seine Einsatzzeiten war", erzählt FC-Trainer Peter Stöger.

Das Problem bei der Anbahnung war die wirtschaftliche Komponente, doch mit den mehr als vier Millionen Euro, die Bremen für Ujah zahlte, konnte der FC nun zur Tat schreiten. Beim ersten Treffen entwickelte sich ein Austausch, den Schmadtke als ungewöhnlich empfand: "Es war ein inhaltlich starkes Gespräch." Modeste hatte klare Vorstellungen davon, was er von Stöger wissen wollte. In Hoffenheim hatte seine empfindsame Mittelstürmer-Seele an den ständigen Pausen und Auswechslungen gelitten, das sollte nicht noch einmal passieren. Stöger konnte ihn beruhigen.

Fünf Monate später fragt man sich, wie die TSG so widerstandslos einen Mittelstürmer mit so vielen guten Eigenschaften weggeben konnte. Und warum sich nicht mindestens fünf andere Bundesligisten um diesen gar nicht so kostspieligen Mann bemüht haben, der bei seinen punktuellen Auftritten in Hoffenheim eine mehr als passable Trefferquote zustande brachte.

In Köln ist Modeste teuer geworden

"Wir hatten nicht das Gefühl, dass die Konkurrenz so groß war, es war kein sehr komplizierter Transfer", wundert sich Schmadtke immer noch. Heutzutage wäre die Marktlage sicher eine andere, in Köln ist Modeste prominent geworden - und teuer: "Anthony kann Bälle festmachen, geht tief, hat mit seinem Körper enorme Präsenz - er verändert unser ganzes Spiel", beschreibt Stöger die Wirkung.

Nicht erwähnt hat er die annehmbaren technischen Qualitäten und die große Kopfballstärke. Dabei ist Modeste sowohl als Heimspiel- wie als Konterstürmer zu nutzen - ein Mann für verschiedene Varianten. Das passt zur Entwicklung im zweiten Jahr nach dem Aufstieg. Der FC möchte und kann nicht mehr auf den Außenseitereffekt setzen. Es ist jetzt, selbst im Dauerregen, mehr Freude im Kölner Spiel.

© SZ vom 17.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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