Kein Olympia auf ARD und ZDF:Zeitenwende für die olympischen Sportarten

Rio 2016 - Schwimmen

Eines werden die Spartensender nicht ersetzen können: den von ARD und ZDF vermittelten Eindruck, dass der Sport fest verankert ist in der öffentlich-rechtlichen Umgebung.

(Foto: Michael Kappeler/dpa)

Mit dem Olympia-Aus für ARD und ZDF endet auch der bisher fest vermittelte Eindruck, dass der Sport ein nationales Kulturgut ist.

Kommentar von René Hofmann

Die Entscheidung hatte sich abgezeichnet, aber im Sport gilt ganz besonders: Die Hoffnung stirbt wirklich erst im Moment des Abpfiffs. Der kam an diesem Montag, als die öffentlich-rechtlichen Sender mitteilten, dass sie vom Discovery-Konzern keine Sublizenzen für Rechte an den Olympischen Spielen von 2018 bis 2024 erwerben werden.

Konkret heißt das: Von den Winterspielen 2018 in Pyeongchang/ Südkorea und 2022 in Peking sowie von den Sommerwettbewerben 2020 in Tokio und dem noch nicht ausgeguckten Ort, an dem die Sommerspiele 2024 stattfinden, wird es keine Livebilder bei ARD und ZDF geben. Für die Zuschauer bedeutet das, dass sie ihre Gewohnheiten umstellen müssen; wer Sport schauen will, muss umschalten und sich wohl auf neue Moderatoren und auch auf neue Präsentationsformen einstellen. Was aber bedeutet all das für den Sport?

Wer sich auf den Markt wagt, darf sich nicht über die Gesetze des Marktes beklagen

Ein Tag Bedenkzeit ist nicht viel, um eine Entscheidung von solcher Tragweite zu durchdringen. Die ersten Reaktionen des organisierten Sports aber weisen eindeutig in eine Richtung: Von einer Chance ist selten die Rede. Im Gegenteil. Auf breiter Front mahnen die Funktionäre, manche fordern gar eine prinzipielle Umkehr: Andreas Michelmann, der Präsident des Volkssports Handball, warnt vor dem Signal, das nun wieder durchs Land geht - der Kommerz bestimmt auch im Sport inzwischen fast alles.

Damit hat er einerseits recht. Andererseits kommt gerade diese Erkenntnis nun wirklich nicht überraschend. Wer sich mit seinem Produkt auf den Markt wagt, der darf sich hinterher nicht darüber beklagen, dass dort auch nach den Gesetzen des Marktes gehandelt wird. "Jeden Preis können und wollen wir nicht zahlen": Mit diesem Satz begründete Volker Herres, der Programmdirektor des Ersten, das Olympia-Aus. Für den Olympischen Sport ist diese Erkenntnis aus zwei Gründen bitter. Es führt ihm vor, wie weit sein Stellenwert inzwischen hinter den des Fußballs zurückgefallen ist. Und es wird diese Entwicklung wahrscheinlich weiter beschleunigen.

Egal, wie Olympia auf den Discovery-Kanälen letztlich genau aussieht, eines werden die Spartensender nicht ersetzen können: den von ARD und ZDF vermittelten Eindruck, dass der Sport fest verankert ist in der öffentlich-rechtlichen Umgebung, dass er quasi ein nationales Kulturgut ist, dessen Betrachtung sich per se und jenseits jeden Spektakelgehalts lohnt. Das ist tatsächlich eine Zeitenwende. Die olympischen Sportarten werden sich in vielem umstellen müssen. Für sie ändert sich weit mehr als für die Menschen an der Fernbedienung.

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