Juventus Turin gegen Real Madrid:Pirlos großer Bluff

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Immer noch der Grandseigneur des Turiner Mittelfeldes: Andrea Pirlo. (Foto: Andreas Gebert/dpa)
  • Vor dem Champions-League-Halbfinale gegen Real Madrid ist Juventus Turin trotz kürzlich gewonnener Meisterschaft der klare Außenseiter.
  • Andrea Pirlo hofft trotzdem, mit dem Titel in der Königsklasse seine Karriere beenden zu können.
  • Falls das nicht klappt, denkt er offen über einen Wechsel ins Ausland nach.

Von Birgit Schönau, Rom

Gegen Real Madrid stehen die Chancen fünfzig zu fünfzig. Sagt Andrea Pirlo, und vielleicht glaubt er es ja selbst, jedenfalls geht Juventus mit dieser Überzeugung ins Halbfinale. Bei der jüngsten Halbfinal-Begegnung in Turin 2003 gingen sie jedenfalls geschlagen vom Platz. Im Finale unterlag Juve dann dem AC Mailand, der damals von Carlo Ancelotti trainiert wurde - nachdem Ancelotti in Turin vom Hof gejagt worden war.

Das Juve-Management war damals der Ansicht, mit diesem Mann sei kein Staat zu machen. Am Dienstag erscheint Ancelotti als Titelverteidiger im Juventus-Stadion, während jene Leute von früher wegen ihrer Schiedsrichtermanipulationen überhaupt kein italienisches Stadion mehr betreten dürfen. Stattdessen trifft Ancelotti den Kollegen Massimiliano Allegri, der vor Jahresfrist bei Milan vom Hof gejagt wurde, zum italienischen Trainer-Duell.

Pirlo hofft "gerührt zu sein"

Zu behaupten, Real sei dabei favorisiert, wäre untertrieben: Die Alte Dame Juventus ist unter den vier letzten Teams im Wettbewerb das Aschenputtel. Und das, obwohl sie soeben vorzeitig den vierten Meistertitel in Serie eingeheimst hat. Für Pirlo war es schon der fünfte, er gewann auch 2011 - mit Milan. Weswegen er bestreitet, bei der Meisterfeier ein Tränchen verdrückt zu haben.

Er hofft aber "inständig, in ein paar Tagen umso mächtiger gerührt zu sein". Im vergangenen Jahr hatte der Italiener nicht mit der Wimper gezuckt, als ihm die Spanier im Bernabeu-Stadion applaudierten. Juve verlor in Madrid 1:2, nach der Gruppenphase war Schluss.

"Ein Sieg in der Champions League wäre für mich der beste Anlass, um aufzuhören", hat Pirlo angekündigt. Das klingt wie eine Beschwörung, das Finale ist noch sehr weit weg. Mindestens so weit wie das Karriere-Ende von Pirlo, der gleich hinzufügte, er wolle durchaus noch weiterspielen, vielleicht nicht ewig in Turin, aber im Ausland. Diese Erfahrung hat ihm, der auf der ganzen Fußballwelt verehrt wird, bis heute gefehlt.

Man darf also damit rechnen, dass der Meister und seine Kollegen sich am Dienstag besonders gut in Szene setzen wollen, "intelligent spielen", wie Pirlo verlangt, "und durchaus ein bisschen leichtsinnig, schließlich haben wir nichts zu verlieren". Juve - leichtsinnig? Das ist natürlich ein Bluff. In Wahrheit dürfte Andrea Pirlo, wie immer, schon alles genau berechnet haben.

© SZ vom 05.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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