Joachim Löw verlängert:Hungrig auf Erfolg

Lesezeit: 3 min

Bis 2016, doch alles nach 2014 ist weit weg: Die Verlängerung der Verträge von Joachim Löw und seines Teams soll vor allem Ruhe in die WM-Mission nach Brasilien bringen. Der Bundestrainer wirkt sehr entschlossen.

Von Thomas Hummel

Gab es einen spannenden Moment bei der mit großem Pomp inszenierten Verkündigung der Vertragsverlängerung von Bundestrainer Joachim Löw, Torwarttrainer Andreas Köpke und Manager Oliver Bierhoff? Vielleicht diesen: "Wir waren ein paar Tage in Brasilien, die Bedingungen dort sind schon extrem: die Reisen, die Temperaturen auch die Luftfeuchtigkeit. Wer aber beginnt, sich damit auseinanderzusetzen, der hat schon verloren. Wir werden nicht lamentieren." Löw blickte in diesem Moment sehr angriffslustig in die Runde.

Er sagte das angesprochen auf die Aussichten, im kommenden Jahr den großen internationalen Titel zu holen. Ja, im kommenden Jahr und nicht erst 2016, wenn sein neuer Vertrag enden wird. Es schien immer wieder durch: Das Jahr 2016 ist für die Verantwortlichen der deutschen Fußball-Nationalmannschaft so weit entfernt wie eine Reise zum Mond. Da konnten die Beteiligten in der Zentrale des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) in Frankfurt noch so häufig betonen, wie gerne sie miteinander arbeiten und sich mögen: Geht die Mission in Brasilien schief, war die Veranstaltung an diesem Freitag nicht mehr als ein bisschen Medientheater.

Die Vorstellung dient deshalb allein den kommenden Monaten. Die Beteiligten wollten nicht den Fehler von 2010 wiederholen, als der damalige Präsident Theo Zwanziger bewusst die Verträge vor der WM nicht verlängerte, weil eine weitere Zusammenarbeit ohnehin vom Ergebnis abhängt. Das brachte viel Unruhe rein in den DFB-Tross, bei jeder öffentlichen Veranstaltung kamen dazu Fragen. In Brasilien soll an dieser Front Ruhe herrschen. Alle haben sich in schönsten Worten gelobt und beteuerten den ehrlichen Plan, auch nach der WM weitermachen zu wollen.

"Warum bis nach der Endrunde in Frankreich? Weil wir absolut überzeugt sind von der Arbeit der sportlichen Leitung. Dieses Innenleben der Mannschaft ist ebenso professionell wie vertraulich - das spiegelt sich wider in den spektakulären Auftritten", sagte Niersbach. Löw assistierte: "Ich werte die Verlängerung als Zeichen der gegenseitigen großen Wertschätzung."

Wie erwartet bleibt auch Ko-Trainer Hansi Flick bis zur WM im Team und wechselt dann auf den Posten des Sportdirektors. Bis dahin werde er mit DFB-Generalsekretär Helmut Sandrock den Posten kommissarisch schon begleiten, um die Spielweise der Nationalmannschaft langfristig auch auf die Nachwuchs-Nationalteams zu übertragen. Für den 48-jährigen Flick ist die WM in Brasilien also das definitiv letzte Turnier, vielleicht geht er deshalb offen mit dem Anspruch um: "Wir haben alle ein riesengroßes Ziel, nämlich Weltmeister zu werden." Niersbach reagierte überrascht auf Flicks Aussage: "Der künftige Sportdirektor spricht aus, was er vom Noch-Assistenztrainer erwartet."

Niersbach stimmt zu, dass die DFB-Elf zu den Favoriten gehöre, wies jedoch darauf hin, dass ein Titelgewinn oft an Kleinigkeiten hänge: "Ein Schuss an den Innenpfosten oder eine rote Karte gegen den Torwart. Wir wollen Weltmeister werden, aber andere wollen das auch."

Löw indes trug zum wiederholten Male in seiner nun siebenjährigen Amtszeit vor, dass er mit der Erwartungshaltung, nur der Titel zähle, wenig anfangen kann. "Ich finde diese Haltung despektierlich gegenüber den anderen Nationen. Spanien, Brasilien, auch andere Mannschaften haben eine immense Qualität." Dennoch versprach er, dass er die Mannschaft "weltmeisterlich vorbereiten" werde und fügte an: "Wir haben eine Mannschaft, die absolut hungrig ist auf den Erfolg."

Die spannende Frage, ob der DFB wie auch Löws Team eine Ausstiegsklausel im Vertrag hätten, die ihnen eine problemlose Kündigung des neuen Kontrakts nach der WM ermöglichen würde, wies Niersbach zurück. "Der DFB ist ein traditioneller Verband, dazu gehört, dass wir über Vertragsinhalte nicht sprechen." Löw wies darauf hin, das Vertrauen zwischen den Parteien sei so groß, dass gar kein Vertrag nötig wäre, "wir hätten das auch per Handschlag machen können".

Vertragsverlängerung von Joachim Löw
:Placebo für die Reise ins Paradies

Dass der Bundestrainer an diesem Freitag seinen Kontrakt beim DFB verlängert, ist beschlossene Sache - die feierliche Verkündung hat nur öffentlichen Schauwert. Ob Löw allerdings wirklich bis 2016 die Nationalelf betreut, hängt stark vom Auftritt der Mannschaft bei der WM in Brasilien ab.

Von Philipp Selldorf, Frankfurt

Die meisten Beobachter gehen längst von der Existenz dieser Klauseln aus, dass der Vertrag also per Handschlag auch wieder aufgelöst werden kann. Immerhin sollen die Gehälter des Trainerteams erhöht worden sein, angeblich soll Löw nun drei statt 2,5 Millionen Euro im Jahr verdienen.

Ein paar Einblicke gaben die Beteiligten in Frankfurt dann doch noch. Manager Bierhoff hatte sich ja im Sommer öffentlich hinterfragt, ob er den Posten weiterhin ausüben will. Und er habe diese Frage ehrlich mit "Ja" beantwortet. Für Torwarttrainer Köpke sei die EM 2016 eine Herzensangelegenheit, weil er jahrelang in Marseille gespielt habe.

Und Löw bestätigte noch einmal, dass er nach dem EM-Aus gegen Italien ans Aufhören dachte: "Ich musste mich als Trainer hinterfragen, was hätte ich besser machen können. Immer wieder hinterfrage ich mich mit meinem Team."

© Süddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: