Jan Frodeno:Beim Schinden zu sich selbst gefunden

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Jan Frodeno: Viele lachten über ihn, aber nicht lange (Foto: AP)

Früher lästerte er über den Ironman, dann verliebte sich Jan Frodeno in den Wettbewerb. Er half ihm, sich nicht mehr ausgebrannt zu fühlen.

Von Johannes Knuth

Manchmal, hat der Triathlet Jan Frodeno einmal gesagt, ist es schwer, Jan Frodeno zu sein. Weil er auch dann, wenn ihm Erfolge zufallen, in Unzufriedenheit schmort. Dann tüftelt er am Rennrad, am Reifenbelag, irgendwo lassen sich bestimmt ein paar Sekunden herauspressen. "Das führt dauerhaft nicht gerade zu innerer Zufriedenheit", so Frodeno. Eine Zeit lang fühlte er sich psychisch ausgebrannt. Aber er hat gelernt, seine Unruhe zu zähmen. Er hat viel gelesen, Ähnlichkeiten mit sich entdeckt in den Biografien von Software-Entwickler Steve Jobs etwa oder des Tennisspielers Andre Agassi. Mit Menschen, die aus dem Gewöhnlichen ausbrachen, um Ungewöhnliches zu erschaffen.

Frodeno, 35, hat am Wochenende zum zweiten Mal die Langstrecken-Weltmeisterschaft auf Hawaii gewonnen, bekannt als Ironman: 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren, 42,195 Kilometer Laufen. Er ist Meister aller Klassen in diesem Ausdauerdreikampf. 2008 gewann er Gold auf der kürzeren olympischen Distanz, 2015 den WM-Titel auf der halben Langstrecke, kurz darauf zum ersten Mal auf Hawaii. Hawaii ist die Urzelle der Langstreckenbewegung, 1978 hielten sie dort ihren ersten Ironman ab, und mit jedem Jahr wuchsen das Prestige und der Mythos.

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Auf Hawaii ringen die Läufer nicht nur mit den Besten, sondern auch mit der Natur, der Brandung im Meer, den Winden, die gegen das Rennrad drücken, mit der Hitze, die sich durch die Lavawüste schiebt - wie bei einem mehrstündigen Saunagang. Nur wenige haben es geschafft, ihren Titel auf der Inselgruppe im Pazifik zu verteidigen, und bei Frodeno ist das noch etwas bemerkenswerter. Weil er sich erst vor zwei, drei Jahren der Langstrecke verschrieben hat. Und weil er von diesen Eisenmännern lange gar nichts wissen wollte.

Berufswunsch Olympiasieger

Frodeno ist in Köln geboren, mit 19 lieh er sich ein Rennrad, danach war der Berufswunsch gefasst: Olympiasieger. Viele lachten, aber sie lachten nicht lange. 2008 gewann Frodeno olympisches Gold in Peking. Er lästerte öffentlich über die Eisenmänner, aber mit der Kurzstrecke war er auch nicht so recht glücklich, getrieben und erschöpft vom Drang nach Perfektion. Er reiste nach Hawaii, verguckte sich doch in die Langstrecke. Er spürte, dass er sich bei der stundenlangen Schinderei am besten seiner Tüftelei widmen kann, ohne auszubrennen. Seit einem Jahr ist er Vater, und wenn man erlebt, wie Frodeno seiner Arbeit nachgeht, dann hat man das Gefühl, dass da nicht nur einer zu seinem Sport gefunden hat, sondern auch zu sich selbst.

Frodeno hat mittlerweile alle Hauptpreise auf sich vereint, die sein Sport hergibt. Er ist Sportler des Jahres, im Sommer reichte er in Roth eine Weltbestzeit ein, 7:35:39 Stunden, niemand war bisher auf der Langstrecke schneller. Und jetzt? Seine Frau Emma, eine ehemalige Triathletin, hatte ihm bis zuletzt viele häusliche Pflichten abgenommen. "Ohne sie", sagt Frodeno, "hätte ich es nicht geschafft". Dann fügte er am Samstag an: "Ab heute habe ich erst mal Vaterdienst."

© SZ vom 10.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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