Niederlage gegen Gladbach:HSV in höchster Gefahr

Borussia Moenchengladbach v Hamburger SV - Bundesliga

Hakan Calhanoglu: Ärgerlicher Auftritt des HSV

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Statisch, phlegmatisch und ohne Tempo: Der Hamburger SV setzt sich mit einem 1:3 gegen Borussia Mönchengladbach im tiefsten Abstiegsmorast der Bundesliga fest. Trotz 1:0-Führung bleibt der Nordklub zu harmlos - Mirko Slomka wird zum erfolglosesten Trainer bei Auswärtsspielen.

Von Ulrich Hartmann

Vor dem Spiel hat der Trainer Mirko Slomka noch ein blau-weißes Blümchen am Revers getragen. Alle Funktionäre des Hamburger SV hatten sich das floral stilisierte Wappen des Vereins an die Brust geheftet - als Zeichen der Hoffnung. Wenn all die üppigen Spielergehälter nicht genügen, um den Traditionsklub in der Liga zu halten, dann muss es halt mal ein Blümchen richten. Doch auch dieser frühlingshafte Glücksbringer verhalf dem HSV nicht zur nötigen Fortune im Abstiegskampf. Die 1:3 (1:1)-Niederlage mit zwei Gegentoren in der letzten Viertelstunde bei einer tabellarisch deutlich ambitionierteren Borussia in Mönchengladbach setzte die Hamburger im tiefsten Abstiegsmorast fest. Sie rutschten hinter den VfB Stuttgart zurück auf den vorletzten Platz. "Die Lage ist jetzt bedrohlich", sagte Slomka ernst und richtete seinen Fokus bereits auf das Heimspiel am kommenden Freitag gegen Leverkusen. Slomka ist in fremden Stadien gegenwärtig der erfolgloseste Bundesliga-Trainer. Gleich zwei Mannschaften haben unter dem 46-jährigen Hildesheimer in der Bundesliga in den vergangenen elf Monaten auswärts nur verloren: Neun Mal nacheinander zwischen Mai und Dezember 2013 Hannover 96, zum dritten Mal seit Jahresbeginn nun der Hamburger SV. Slomkas klubübergreifende Auswärtsbilanz in dieser Saison: elf Auswärtsspiele, null Punkte, 7:25 Tore. Ein Sieg am Sonntag hätte nicht nur Slomkas Serie beendet, sondern seinen HSV auch aus der Abstiegszone befreit. So aber bleibt der Klub im 51. Jahr seiner ununterbrochenen Bundesliga-Zugehörigkeit in höchster Gefahr. Slomkas persönlicher letzter Bundesliga-Auswärtssieg datiert vom 26. April 2013, als seine damaligen Hannoveraner 3:2 bei der SpVgg Greuther Fürth gewannen. Der letzte Auswärtssieg des HSV datiert vom 27. Oktober 2013 (3:0 in Freiburg). Der HSV-Trainer hatte am Sonntag im Mittelfeld Tomas Rincon für Milan Badelj und Hakan Calhanoglu für Petr Jiracek in die Startelf berufen. Von Slomkas damit angekündigter "Offensive, weil wir ja punkten müssen", war zunächst allerdings wenig zu sehen. Überhaupt begann dieses prominente Duell zweier namhafter Klubs äußerst statisch. Zwei 4-4-2-Reihen begegneten sich mit einer Positionstreue wie beim Tischkicker. Das Phlegma dauerte 27 Minuten, dann erhielten die Hamburger einen Freistoß.

Kruse und Raffael blühen auf

Diesen zog Calhanoglu scharf vor das Gladbacher Tor, in dem Borussias Keeper Marc-André ter Stegen auf der Linie stehen blieb und HSV-Stürmer Jacques Zoua deshalb nicht am Kopfball zum 1:0 hindern konnte. Als Raffael van der Vaart fünf Minuten später eine Flanke von Dennis Diekmeier um Zentimeter am Tor und dem 2:0 vorbei köpfelte, machte sich Unmut breit in jenem Borussia-Park, in dem die Gladbacher Fans ihre Mannschaft noch einmal einen Anlauf auf die Champions-League-Plätze nehmen sehen wollten.

"Niemaaals zweite Liga", sangen die HSV-Fans gerade beglückt, als Gladbachs Alvaro Dominguez im Hamburger Strafraum Michael Mancienne den Ball an die Hand köpfte. Den fälligen Handelfmeter nutzte Gladbachs Kapitän Filip Daems in der 36. Minute zum 1:1-Ausgleich - allerdings erst im Nachschuss, denn den mauen Elfmeter hatte Hamburgs Torwart René Adler pariert.

"Ärgerlich!", schimpfte Verteidiger Heiko Westermann, "bis zum Elfmeter war unser Plan aufgegangen." Mit Ola John für den am Oberschenkel muskulär neuerlich verletzten Mittelstürmer Pierre-Michel Lasogga ging der HSV in die zweite Halbzeit, aber mangels Tempo blieben Torchancen auf beiden Seiten zunächst Mangelware. Die Gladbacher wirkten nach dem 0:1 unter der Woche in Frankfurt auch diesmal zumindest offensiv weitgehend uninspiriert. Das Führungs- und Spitzenduo mit Raffael und Max Kruse fiel erst gegen Ende richtig auf. Zauberfuß Juan Arango schien auch damit zu kämpfen, dass die Borussia für seine linke Position die Verpflichtung des Augsburgers André Hahn beschlossen und nun auch offiziell verkündet hat. Hahns Vertrag vom Sommer an gilt bis 2018. Kruse und Raffael blühten eine Viertelstunde vor Ende rechtzeitig dann aber doch noch auf. Kruse bediente Raffael, der in der 75. Minute das 2:1 erzielte. Drei Minuten später machte Dominguez mit dem finalen 3:1 alles klar. "Das war harte Arbeit gegen gute Hamburger", bilanzierte Gladbachs Abwehrspieler Tony Jantschke. Slomka traf in der HSV-Kabine auf "große Niedergeschlagenheit". Er selbst spiegelte diese Emotion ebenfalls wider. "Wir gehen ohne Punkt aus einer Partie, die 75 Minuten lang permanent auf der Kippe stand", sagte er tonlos. Sein Blümchen am Revers hatte Slomka in diesem Moment mitsamt seinem Jacket bereits abgelegt.

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