HSV deklassiert:Der HSV findet wieder seine desolateste Form

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Aaron Hunt von Hamburg liegt auf dem Rasen. (Foto: dpa)
  • Der Hamburger SV geht in Augsburg mit 0:4 unter und steht wieder auf dem Relegationsplatz.
  • Trainer Markus Gisdol spricht von einer Leistung, die betroffen mache.
  • Hier geht es zur Tabelle und zur Ergebnissen des Spieltages.

Von Maik Rosner, Augsburg

Auf die Statistik gebe er nichts, hatte Manuel Baum gesagt, weil die Daten aus der Vergangenheit wenig bis keinen Aufschluss über die Ereignisse der Zukunft liefern könnten. Es komme ja doch meist anders, befand der Trainer des FC Augsburg und hatte damit insofern Recht, da die Datenflut im Fußball zuweilen sogar den Blick aufs Wesentliche verstellt.

Zu erkennen war am Sonntagnachmittag im Abstiegskrimi gegen den Hamburger SV allerdings schon, dass sich die beiden ertrag-ärmsten Bundesligisten der vergangenen vier Spieltage gegenüber standen. Und auch für die Erhebungen, wonach der FCA und der HSV im Saisonverlauf bis zur gemeinsamen Verabredung ligaweit die wenigsten Chancen sowie die zweit- und drittwenigsten Tore erwirtschaftet hatten, fanden sich nun durchaus Belege. Allerdings, und das widersprach der Statistik nun tatsächlich, galt dieser Befund allein für die desolaten Hamburger.

Völlig verdient gewann der FCA 4:0 (2:0), durch die Tore von Halil Altintop (28./42.), Philipp Max (76.) und Raúl Bobadilla (85.) - in einem Spiel, in dem durchaus doppelt so viele Augsburger Tore möglich gewesen wären. Von Platz 16 auf 13 hat sich Baums Mannschaft damit verbessert und dabei zwei Punkte Vorsprung auf den HSV aufgebaut, der nun den drittletzten Platz belegt. Wieder einmal. Drei Spieltage vor dem Saisonende steuert der Bundesliga-Dino damit auf seine dritte Relegation in vier Jahren zu. Nach den Eindrücken von Sonntag muss sogar hinzugefügt werden: bestenfalls.

"Jeder ist betroffen von der Leistung, die wir heute gezeigt haben", sagte HSV-Trainer Markus Gisdol. "Das war nicht erstligawürdig", meinte Verteidiger Mergim Mavraj und Sportdirektor Jens Todt sprach von einem "rabenschwarzen Tag".

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Größtenteils in weiße Trikots hatte sich das Publikum gehüllt, um die seit einigen Wochen laufende Aktion "Augsburg hält zusammen" zu unterfüttern. Wie auch die Heimelf, die in weißen Sondertrikots mit dem aufgedruckten Motto auflief. Jener Gemeinsinn, der damit gestiftet werden sollte, konnte bei den Gastgebern in der Tat beobachtet werden. Viel aktiver und harmonischer als der HSV agierte Baums Mannschaft, und ziemlich bald war auch die Zwischenbilanz der Chancen deutlich aufgebessert worden. Zunächst durch Dominik Kohrs Versuch, dann durch einen weiteren von Konstantinos Stafylidis aus noch größerer Distanz. Und bald darauf sogar durch zwei Gelegenheiten binnen Sekunden, als Hamburgs Torwart Tom Mickel einen Schuss von Altintop an den Pfosten lenkte, ehe Jonathan Schmid nachsetzte, Mickel aber erneut abwehren konnte.

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Der dritte Torwart der Hamburger war vor dem Spiel stellvertretend für die Personalsorgen von Trainer Markus Gisdol genannt worden. Nun durfte der 28 Jahre alte Mickel als Vertreter der verletzten René Adler und Christian Mathenia nach 101 Regionalligaspielen sein zweites Bundesligaspiel bestreiten. Es war zugleich sein zweites in Augsburg, nach dem 3:1-Sieg der Hamburger aus der Vorsaison - und trotz der vier Gegentore sein besseres. Denn immer wieder stand Mickel im Verlauf des Spiels im Mittelpunkt und parierte ein halbes Dutzend Großchancen der bisher so chancenarmen Augsburger. Die Gegentore allerdings konnte auch er nicht verhindern, dafür hatten seine Kollegen einfach viel zu wenig Vorarbeit geleistet.

Wie beim 1:0, als Schmid den ehemaligen Augsburger Matthias Ostrzolek abschüttelte und hereingab, wo Altintop technisch fein abschloss. Ähnlich chancenlos war Mickel beim 2:0, nach einem Konter über Alfred Finnbogason. Der Isländer passte in den Lauf von Max, der diagonal flach hereingab. Altintop musste nur noch den Fuß hinhalten, um aus kurzer Entfernung einzuschieben.

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Völlig verdient lagen die Hamburger schon zur Pause ziemlich aussichtslos zurück, und sie konnten nicht nur von Glück sagen, dass Mickel sie vor weiteren Gegentoren bewahrt hatte. Hinzu gekommen war ja eine üble Grätsche von Michael Gregoritsch gegen Augsburgs Dominik Kohr, die Schiedsrichter Manuel Gräfe fälschlicherweise nur mit einer gelben Karte ahndete.

Viel änderte sich am äußerst schwachen Auftritt der Hamburger in der zweiten Halbzeit nicht. Was auch daran lag, dass die selbstbewussten Augsburger weiter etwas für die Aufbesserung ihrer Statistikwerte und ihres Torverhältnisses taten. Zwar nicht mehr mit ganz so hoher Schlagzahl wie noch im ersten Durchgang, aber immer noch genug, um den wichtigen Heimsieg vor den verbleibenden, nominell extrem anspruchsvollen Spielen in Mönchengladbach, gegen Dortmund und in Hoffenheim ungefährdet ins Ziel zu bringen. Zumal Max noch das 3:0 und der eingewechselte Bobadilla gar das 4:0 folgen ließ. In der Zwischenbilanz der erzielten Tore haben sie sich nun immerhin auf den sechstletzten Platz verbessert, bei den Gegentoren stehen sie immer noch besser da als der Tabellensechste Werder Bremen. Aber an solche Zahlen dachte in diesen Minuten wohl keiner der zusammen feiernden Augsburger.

© SZ vom 30.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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