Harmlose 1860-Kicker:Furioses Offensivspiel nur auf dem Papier

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Zähes Spiel: Ingolstadts Danny da Costa (links) und Münchens Valdet Rama i (Foto: dpa)

Nur eine Chance in 90 Minuten: Das 1:1 gegen den FC Ingolstadt zeigt, dass die hochtrabenden Ambitionen des TSV 1860 München nichts mit der Realität zu tun haben. Selbst der Trainer Ricardo Moniz scheint das langsam zu erkennen.

Aus dem Stadion von Andreas Babst

Es war Wiesn-Stimmung am Samstag in der Münchner Arena. Es war das Auftaktwochenende beim größten Volksfest der Welt. Nicht nur fand sich deshalb eine ungewöhnlich hohe Zahl an Lederhosenträgern unter den Fans, auch die Spieler hatten sich fürs Oktoberfest schick gemacht: Oben im blau-weiß-karierten Trikot, unten den Lederhosen nachempfundene Sporthosen.

Die gewagte Tenue-Kombination hatte bis nach England Aufmerksamkeit erregt. Dort hatte der Guardian vergangene Woche gefragt, wann der Punkt komme "wo du auf ein Fußball-Trikot schaust und denkst; das geht zu weit". Immerhin Stefan Ortega durfte als Torwart im gewohnten neongelb auflaufen - vielleicht hatte er sich geweigert ein Dirndl anzuziehen.

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:Ingolstadt verschenkt zwei Punkte - und die Tabellenführung

Trotz Überlegenheit kommt Ingolstadt bei 1860 München nicht über ein Unentschieden hinaus. Bochum feiert in Frankfurt einen Auswärtssieg und schiebt sich an die Tabellenspitze, Fürth dreht die Partie gegen Kaiserslautern.

Statt sich gemütlich in die Partie zu schunkeln, begannen die Gäste aus Ingolstadt stürmisch. Schon nach zehn Sekunden gelang Alfredo Morales der erste Abschluss - neben das Tor. Besser war Morales' präzise Flanke in der 16. Minute auf Pascal Groß, der zum 1:0 einköpfte. Vier Minuten später traf Rubin Okotie zum Ausgleich. Er verwertete eine Flanke von Mitspieler Valdet Rama zum 1:1. Damit ist der Höhepunkt dieser Begegnung aus Münchner Sicht bereits erzählt. Gefährlich wurde es in den folgenden 70 Minuten nur noch vor dem Münchner Tor, doch blieb es beim Unentschieden.

"Wir können heute nicht mit uns zufrieden sein. Vor allem nicht mit den von uns kreierten Torchancen", sagte Münchens Trainer Ricardo Moniz nach dem Spiel. Die Chance, die zum Ausgleich führte, sei die einzige Münchner Möglichkeit in der ganzen Begegnung gewesen.

Das lag vor allem an der vorsichtigen taktischen Ausrichtung der Mannschaft. 1860 spielte zu Hause in einem sehr defensiven 4-1-4-1 mit Rubin Okotie als einzige Spitze. Geplant war wohl ursprünglich ein offensiveres 4-3-3 wie gegen St. Pauli, aber "Rama und Leonardo mussten plötzlich defensiver spielen" sagte Moniz. Es klingt wie ein Eingeständnis, dass der Trainer mit dieser Mannschaft nicht den furiosen Offensivfußball spielen kann, der ihm vorschwebte. Ein Eingeständnis, dass die hochtrabenden Ambitionen der Realität Platz machen mussten: Mit diesem Kader ist München wohl kein Aufstiegskandidat.

Gerade die vielgelobten Zugänge hielten, mit Ausnahme von Okotie, noch nicht was ihre Vita versprochen hatte. Die beiden Spanier Ilie Sanchez und Edu Bedia kamen zwar vom FC Barcelona aber eben aus der Reserve und der spanischen Zweitklassigkeit. In München sollten sie die Mannschaft prägen; das ist ihnen bis jetzt nicht gelungen. Leonardo ist sicherlich ein exzellenter Techniker, am Samstag hatte er als Flügel aber so viel Drang zur Mitte und so wenig Lust auf schnelle Vorstöße über die Seite, als würde ihm diese Position überhaupt nicht behagen. Und in der Innenverteidigung sollte Gary Kagelmacher als Abwehrpatron fungieren, doch vergaß er ob all seinem Gestikulieren und Beschweren schon mal das Verteidigen.

Der Uruguayer sagte nach der Partie: "Positiv ist, dass wir seit einem Monat nicht mehr verloren haben". Das klingt nach einer Mannschaft, die froh ist, sich irgendwo im Mittelfeld der Tabelle festzusetzten.

Ingolstädter Unvermögen

Das, immerhin, ist gelungen. Mit dem Unentschieden gegen Ingolstadt liegen die Münchner nach sechs Spieltagen auf dem 13. Platz. Der Punktgewinn war aber vor allem dem Unvermögen der Gäste zu verdanken, die vor allem in der zweiten Hälfte überlegen waren und zu eine Vielzahl von Torchancen kamen. "Heute haben immer ein paar Zentimeter gefehlt", sagte Trainer Ralph Hasenhüttl. Oder wie sein Spieler Danny da Costa es formulierte: "Es war einfach immer noch ein gegnerisches Bein da". So oder so beanspruchten die Münchner am Samstag oft das Glück und dazwischen ihren guten Torwart Stefan Ortega.

Trotz Freibier, Lederhosen und viel Folklore war es am Ende der Partie irgendwie vorbei mit der Wiesn-Stimmung in der Arena. Immerhin hat die Mannschaft den lustigen Trikots nicht die Schau gestohlen.

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