Handball:Vom Helden zum Straftäter in drei Tagen

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Nikola Karabatic: Trotz Bewährungsstrafe ein gefragter Mann in Frankreich (Foto: AFP)
  • Die Karabatic-Brüder Nikola und Luka werden von einem Gericht der Beihilfe zum Wettbetrug schuldig befunden.
  • Das Urteil: Zwei Monate auf Bewährung, 10 000 Euro Geldstrafe.
  • Die französischen Fans feiern Karabatic trotzdem.

Von Joachim Mölter, Montpellier/München

Wie schnell schafft man es vom gefeierten Nationalhelden, der sogar vom Staatspräsidenten empfangen wird, bis zum verurteilten Straftäter? Der französische Handball-Nationalspieler Nikola Karabatic hat nur drei Tage gebraucht: Am Sonntagabend holte er in Paris mit Frankreichs Auswahl den WM-Titel samt der Auszeichnung des wertvollsten Spielers des Turniers, am Montag schaute er mit seinen Mitspielern bei François Hollande im Élysée-Palast vorbei, am Mittwoch sprach ihn ein Richter in Montpellier der Beihilfe zum Wettbetrug für schuldig: 10 000 Euro Geldstrafe sowie zwei Monate Haft auf Bewährung.

In der französischen Öffentlichkeit wird diese Affäre nun gar nicht so dramatisch gesehen, wie man vermuten könnte, wenn einer von ganz oben abstürzt und ganz unten landet: Am Mittwochabend jubelten jedenfalls schon wieder 12 000 Menschen dem Regisseur von Paris St. Germain zu, als dieser beim sogenannten All-Star-Spiel der französischen Liga auflief - an der gleichen Stelle, an der er am Sonntag Weltmeister geworden war. In der Berichterstattung über das Spaßspiel zwischen einheimischen und ausländischen Profis (das es in dieser Form auch in der hiesigen Bundesliga gibt, an diesem Freitag in Leipzig), war das Urteil kein Thema. "Die Idee bei diesem Spiel ist, sich nicht zu verletzen, sondern sich zu amüsieren", erklärte die Sporttageszeitung L'Équipe, wahrscheinlich unfreiwillig zweideutig.

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Karabatic' Anwalt Philippe Nemausat sieht das Bild seines Mandanten als erfolgreicher Sportler nicht geschädigt: "Das kann man nicht trüben, das ist unantastbar." Ein Rechtsentscheid sei davon unabhängig, findet der Advokat; außerdem seien "die grundlegenden Elemente des Betruges nicht nachgewiesen worden", sagte er der Zeitung Midi Libre. Er will deshalb am Freitag Einspruch einlegen.

Es geht um eine Ligapartie vom Mai 2012

Das Urteil vom Mittwoch ist ja bereits das zweite in einem Wettskandal, in dem insgesamt 16 Personen vor Gericht standen, als prominenteste der zweimalige Olympiasieger, dreimalige Europa- und viermalige Weltmeister Nikola Karabatic, 32, und dessen jüngerer Bruder Luka, 28, ebenfalls Mitglied der aktuellen Weltmeistermannschaft. Es geht um eine Ligapartie vom Mai 2012 zwischen dem vom Abstieg bedrohten Klub Cesson-Rennes und dem bereits als Meister feststehenden Verein Montpellier HB, bei dem die Karabatic-Brüder seinerzeit unter Vertrag standen. Montpellier verlor überraschend 28:31, danach wurden auffällige Wetteinsätze festgestellt, viele erst am Vormittag des Spieltages. Die Ermittlungen führten zu Profis von Montpellier, ihnen wurde schließlich vorgeworfen, die Partie manipuliert und dadurch Verwandten und Bekannten Wettgewinne in Höhe von insgesamt rund 300 000 Euro ermöglicht zu haben.

Nachdem die Angeklagten nach dem ersten Prozess 2015 in Berufung gingen, kam es im November 2016 zu einer neuen Verhandlung. Dass die Urteile erst jetzt verkündet wurden, drei Tage nach der Heim-WM, kann man damit erklären, dass der Richter das Sportfest nicht stören wollte. Nachsicht ließ er deswegen aber nicht walten - bis auf einen Freispruch für den damaligen Torhüter Mickaël Robin fiel das Strafmaß in jedem der 15 anderen Fälle härter aus: Bei Nikola und Luka Karabatic kam zu den ursprünglichen Geldstrafen beispielsweise die Haft auf Bewährung dazu. Auch ihre Freundinnen müssen eine Strafe zahlen, jeweils 10 000 Euro.

Die beiden Brüder hatten gegen Cesson-Rennes nicht mitgespielt, sie waren angeblich verletzt. Luka Karabatic räumte ein, selbst 3900 Euro und über seine Freundin weitere 4500 Euro gewettet zu haben. Den Vorwurf, sich dabei mit anderen Personen abgesprochen zu haben, wies er jedoch zurück. Nikola Karabatic widersprach allen Anschuldigungen, was ihn ebenso wenig vor einer Strafe bewahrte wie der Umstand, dass seine Lebensgefährtin Géraldine Pillet alles auf sich nahm, was ihn belastete. "Er hat nichts davon gewusst", beteuerte sie; er habe im Auto gesessen und gewartet, als sie am Vormittag des Spieltages den Wettschein abgegeben habe: "Ich habe ihm gesagt, ich geh' nur schnell Geld abheben." Verdächtige Daten auf Karabatic' Smartphone erklärte sie damit, das Gerät mal eben an sich genommen zu haben, wie man es in Partnerschaften halt so mache. Dem Richter erschien das offenbar nicht glaubwürdig.

© SZ vom 03.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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