Halbfinale im DFB-Pokal:Gladbach versinkt in Trübsal

Borussia Moenchengladbach v Eintracht Frankfurt - DFB Cup Semi Final

Gladbacher Spieler am Boden - solche Bilder gab es zuhauf nach diesem Spiel.

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Borussia Mönchengladbach ist nach dem Pokal-Aus gegen Frankfurt schwer getroffen.
  • Die Chancen auf eine Teilnahme am Europapokal sind stark gesunken.
  • Sportchef Max Eberl liefert einen zutiefst enttäuschten Auftritt.

Von Ulrich Hartmann, Mönchengladbach

Der in Bosnien geborene Schwede Branimir Hrgota hat vier Jahre lang versucht, bei Borussia Mönchengladbach sein Torjägerglück zu finden. Er galt am Niederrhein als angehender Allesverwerter, erzielte in 69 Bundesliga-Einsätzen aber bloß sieben Tore. Fürs absolute Glück ist das zu wenig. Dienstagnacht kehrte Hrgota, 24, mit Eintracht Frankfurt nach Mönchengladbach zurück, um nun plötzlich die Borussia ins Unglück zu stürzen. Um 23.31 Uhr legte er sich den Ball auf den Elfmeterpunkt vor dem Tor vor der Gladbacher Fantribüne.

Er nahm fünf Schritte Anlauf, lief an, schoss links ins Tor und brachte seine Frankfurter mit dem 16. Elfmeter in einem ausgiebigen Elfmeterschießen zu einem 8:7-Sieg im Halbfinale des DFB-Pokals.

Während die Gladbacher Fans sich erschreckt an die Köpfe fassten, rannte Hrgota im Jubel auf den Frankfurter Torwart Lukas Hradecky zu, der zuvor zwei Elfmeter gehalten hatte. Hradecky aber war schon in Richtung der Frankfurter Fankurve am anderen Ende des Spielfelds unterwegs und zeigte Hrgota energisch an, mit dorthin zu spurten. Frankfurt steht erstmals seit elf Jahren wieder im Endspiel um den DFB-Pokal - das ließ die Spieler förmlich ausrasten. Die Gladbacher versäumten eine weitere Berlin-Reise 22 Jahre nach ihrem letzten Pokalfinale. Und so trat Kapitän Lars Stindl kurz vor Mitternacht vor die Presse und sagte im Trauertonfall: "Es tut mir leid für die Jungs, für die Fans, für den Verein und die ganze Region."

Ungefähr diesen Satz hätte auch Hrgota sagen können. Die alte Verbundenheit, die Ex-Kollegen, die Fans - doch Hrgota musste stattdessen zugeben, dass es ihm nicht gänzlich egal war, ausgerechnet jenen Verein zu demütigen, den er im vergangenen Sommer verließ. "Mir war's nicht egal, dass ich einen entscheidenden Elfmeter ausgerechnet gegen meinen alten Verein verwandelt habe", sagte er, "ich habe hier vier Jahre gespielt, ich habe großen Respekt für Gladbach, aber natürlich freut es mich deshalb auch besonders." So klingt Genugtuung.

Am Niederrhein ist jetzt eine Art Staatstrauer angesagt, denn man wollte unbedingt mal wieder um einen Titel spielen. Max Eberl hielt einen der deprimiertesten Vorträge seiner neunjährigen Amtszeit als Sportdirektor. In ihrem mehrjährigen Aufschwung haben die Borussen immer wieder Momente der Traurigkeit erlebt. 2012 haben sie daheim ein Pokal-Halbfinale im Elfmeterschießen gegen die Bayern verloren, später in jenem Jahr scheiterten sie gegen Kiew an der Qualifikation zur Champions League. Das tat weh, aber jetzt schmerzte es noch mehr.

Die Borussen sind derzeit arg gebeutelt. Sie schieden nach zwei Unentschieden gegen Schalke im Achtelfinale aus der Europa League aus und erlebten jetzt ein Fiasko gegen die Eintracht. So viel Unglück schlaucht. "Sollten wir nächstes Jahr noch einmal das Halbfinale erreichen, gehe ich nicht mehr ins Stadion", sagte Eberl trotzig.

Die Erfahrung fehlt Gladbach

Er machte den Ausfall relevanter Spieler wie Raffael, Kramer, Jantschke, Johnson, Hazard und Drmic mitverantwortlich dafür, dass die Gladbacher ein von Übernervosität und Fehlpässen geprägtes Spiel gezeigt hatten. "Mit Leuten wie Raffael und Kramer hätten wir mehr Erfahrung auf dem Platz gehabt, aber die hat uns eben gefehlt." Weil er die Ausfälle der Ergänzungsspieler Marvin Schulz und Mamadou Doucouré mitzählte, kam Eberl auf acht Ausfälle, und als er nach dem Spiel auf den Linksverteidiger Oscar Wendt angesprochen wurde, der fünf Minuten vor der Pause mit einem gebrochenen Ellbogen ausgewechselt worden war, raunte Eberl: "Nummer neun!"

Und weil er schon mitten drin war im Klagen, relativierte er sogar die jüngsten Champions-League-Teilnahmen seines Klubs. "Wenn bei uns in einer Saison alles optimal läuft, dann haben wir die Chance, etwas Großes zu erreichen, aber wenn wir eine Saison erleben wie diese, mit den Nackenschlägen beim Ausscheiden gegen Schalke und Frankfurt, dann besteht eben immer die Gefahr, dass Gladbach international auch mal nicht dabei ist."

Und genau danach sieht es nun aus. Vier Spiele haben die Borussen noch, drei Punkte nur beträgt der Rückstand auf den siebten Platz. Weil sich so viele Vereine um diesen Rang bewerben und weil alles sehr eng ist, müssen die Gladbacher möglichst viele ihrer restlichen Spiele gegen Mainz, Augsburg, Wolfsburg und Darmstadt gewinnen - und dann hoffen.

"Jetzt gilt es, in den letzten vier Bundesligaspielen einen Abschluss zu finden, nach dem wir sagen können: Wir haben noch mal alles versucht", sagte Eberl. Allerdings wird sich die Personallage nur bedingt verbessern. Wendt und Josip Drmic werden in dieser Saison keinesfalls mehr spielen. Die Saison droht für Gladbach als Misserfolg zu enden. Immerhin sind sie emotional jetzt schon mal auf das Schlimmste vorbereitet.

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