Guardiola bei Manchester City:15:0 Tore in einer Woche

Lesezeit: 3 min

Es läuft bei Manchester City für Pep Guardiola. (Foto: REUTERS)
  • Schon wieder ein hoher Sieg, diesmal gegen Watford: Pep Guardiola wird bei Manchester City gefeiert.
  • Das Team sammelte nun 15:0 Tore in einer Woche.
  • Hier geht es zur englischen Tabelle.

Von Sven Haist, Watford

Zwei große Videomonitore an den Ecken des Spielfeldes übertragen im Stadion an der Vicarage Road das Geschehen auf dem Rasen. Darunter sind Spielstand und Spielzeit zu sehen. Den Zuschauern bietet das die Annehmlichkeit, weder die Treffer mitzählen, noch auf die Uhr schauen zu müssen. Und als zusätzlichen Service gibt es die besten Szenen, denen keine strittige Entscheidung des Schiedsrichters zugrunde liegt, obendrein.

Beim Spiel zwischen dem FC Watford und Manchester City schalteten die Betreiber die beiden digitalen Anzeigetafeln jedoch in den Schlussminuten ab. Zu sehen gab es dann bloß das Logo des Klubsponsors auf schwarzem Hintergrund. Ein Defekt führte nicht zu diesem abrupten Ende. Nach dem sechsten Gegentreffer war es vielmehr so, dass Watfords Stadionregie genug hatte von der Lektion, die das Heimteam erhielt. Die meisten Menschen befanden sich sowieso schon enttäuscht auf dem Heimweg. Und die Gästefans waren damit beschäftigt, ihre Lieblinge hochleben zu lassen. Der lauteste Sprechgesang wurde Pep Guardiola gewidmet.

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Durch die Abwesenheit von Vincent Kompany mangelt es lediglich an Führungskräften

Eine Woche mit 15:0 Toren hat Seltenheitswert, selbst beim neureichen Klub Manchester City. Dem 6:0 am Samstag in Watford ging vor ein paar Tagen das 4:0 bei Feyenoord Rotterdam in der Champions League voraus sowie ein 5:0 über den FC Liverpool. Mit vier Erfolgen und einem Unentschieden in der Premier League glückte City ein ähnlicher Kickstart wie in der Vorsaison. Damals gelang es dem Verein bis zum siebten Spieltag, unbesiegt zu bleiben. Allerdings waren Guardiolas Handlungsoptionen in der Abwehr beschränkt, was die Nachhaltigkeit des frühen Höhenflugs beeinträchtigte.

Doch in diesem Jahr scheint vieles anders zu sein. Durch die weitere Kaderaufwertung im Sommer für 250 Millionen Euro findet der katalanische Fußballlehrer nun im rauen Nordwesten Englands paradiesische Zustände vor. Irgendein Profi lässt sich immer ausmachen, dessen Fähigkeiten genau seinem Plan entsprechen. Lediglich an Führungskräften mangelt es dem Team durch die nahezu permanente Abwesenheit des verletzungsanfälligen Kapitäns Vincent Kompany. Im Kader steht kein Spieler, der bislang die Champions League gewonnen hat. Mitunter ein Grund, warum sich Guardiola dazu durchrang, den Vertrag des sportlich umstrittenen, aber im Klub beliebten Yaya Touré für diese Saison zu verlängern.

Im Duell mit Liverpool tobte sich Guardiola mit einer Dreierreihe in der Abwehr und zwei Angreifern aus, gegen Watford ließ er mit einer Viererkette hinten und drei Spielern vorne agieren. Neben einem Ballbesitzanteil von 68 Prozent führte die Statistik für City 28 Torschüsse auf und elf Ecken. Dabei hatte bis zu diesem Termin auch Watford kein Spiel verloren.

In der Vorbereitung auf diese Saison ist es Guardiola gelungen, aus dem Sammelsurium an Einzelspielern ein Team abzumischen, das nicht mehr auszurechnen ist. Die Formationen und das Personal variieren ohne Leistungsabfall; bewusst testet er in diesem Anfangsstadium der Spielzeit jede Anordnung, um für den Ernstfall genügend Erfahrungswerte zu besitzen. Im Gegensatz zu seinen früheren Stationen (Barcelona, FC Bayern) erlaubt Guardiola seinen Spielern neben Flachpässen als Hilfsmittel ebenso hohe Pässe, Dribblings und Distanzschüsse - nur der Zufall darf nach wie vor nicht beteiligt sein.

Ihm kommt zugute, dass sein Vorgänger Manuel Pellegrini in seiner dreijährigen Amtszeit darauf vertraute, die Profis würden mit ihren individuellen Fähigkeiten schon für Erfolg sorgen, was dem Klub immerhin die Meisterschaft 2014 bescherte. Deshalb sehnen sich die Spieler nach Guardiolas Lehre. Anfängliches Misstrauen der besten Profis, die ihre Freiheit auf dem Platz bedroht sahen, wich der Erkenntnis, dass Guardiola in der Lage ist, auch ihnen etwas zu erklären, was sie noch nie erklärt bekamen. Offensichtlich wird das an zwei Beispielen: der Weiterentwicklung von Kevin De Bruyne zum universell einsetzbaren Profi. Seine Anzahl an Torschussvorbereitungen macht ihn im zentralen Mittelfeld zu einem der wertvollsten Akteure.

Und an der Spielweise des Mittelstürmers Sergio Agüero. Zunächst war das argentinische Enfant Terrible nicht bereit, sich ins Defensivkonstrukt einzureihen. Die Konkurrenzsituation bei City verzeiht jedoch kein Handeln im Eigeninteresse. Für mehrere Spiele in der vergangenen Saison fand sich Agüero auf der Ersatzbank wider. Nicht von ungefähr bejubeln die Spieler mittlerweile jedes Tor gemeinsam auf dem Platz. Agüero überließ im Hochgefühl am Samstag sogar Raheem Sterling den Elfmeter zum 6:0 - bevor das Bild auf dem Videomonitor gewechselt wurde.

© SZ vom 18.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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