Gold für Arnd Peiffer:Der Beharrliche

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Das Team trägt Arnd Peiffer auf den Schultern. (Foto: AFP)
  • Arnd Peiffer passieren vor dem Sprint drei Missgeschicke. Sein Schlagbolzen bricht, außerdem schlägt er sich den Ellbogen an einem Treppengeländer an und hat Schmerzen.
  • Beim Wettkampf reagiert er aber optimal auf die widrigen Windverhältnisse - das sichert ihm Gold.
  • Obwohl morgen schon das Verfolgungsrennen ansteht, besteht er auf ein "schönes Bierchen".

Von Saskia Aleythe, Pyeongchang

Arnd Peiffer ist ein Mann mit einem guten Gedächtnis. Okay, es war auch genau an seinem 30. Geburtstag vor knapp elf Monaten in Oslo, als ihm sein Trainer besondere Wünsche übermittelte. Die beiden kennen sich seit elf Jahren, sie haben Erfolge gefeiert und Durststrecken durchlebt, eines wünsche er ihm noch, habe Mark Kirchner dann also zu ihm gesagt, und Peiffer wusste gleich, worum es ging. "Du brauchst es mir nicht zu sagen", habe er geantwortet, erzählte Peiffer am Sonntag: "Wir beide wussten, dass er meinte, dass ich zum Höhepunkt nochmal einen raushauen kann."

Einen rausgehauen hat er dann am Sonntagabend tatsächlich: Peiffer wurde Olympiasieger beim Sprint von Pyeongchang. Nicht Martin Fourcade, nicht Johannes Thingnes Bö, nein, der Name des Deutschen tauchte plötzlich in der Ergebnisliste ganz oben auf. "Ich weiß auch nicht, wie das passieren konnte", sagte der 30-Jährige: er vor den beiden Favoriten? Ungläubig saß er im Warteraum für die vermeintlichen Sieger, er musste sich ja gedulden, bis der letzte Athlet die Ziellinie überquert hatte. Und als er später auf der Pressekonferenz erzählte, wie sein Tag in Südkorea verlaufen war, staunte auch Dominik Windisch neben ihm; der Italiener war Dritter geworden hinter Michal Krcmar aus Tschechien, der nur 4,4 Sekunden Rückstand hatte. Arnd Peiffer sagte: "Es war heute nicht so unbedingt mein Tag."

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Vorfall Nummer eins: Schlüssel vom Gewehrschrank verloren. Vorfall Nummer zwei: Schlagbolzen im Gewehr kaputt, eine Stunde vorm Anschießen. Der Schlagbolzen ist ein kleines Teil, das nach dem Abdrücken beim Repetieren hakte, es konnte noch ausgetauscht werden. Vorfall Nummer drei: Ausrutschen in der Wachskabine. "Da ist so eine kleine, enge Treppe", sagte Peiffer, "dann bin ich so - wupp - einmal ausgerutscht und dann- bamm - mit dem Ellenbogen gegen das Geländer." Das klang nach großer Slapsticknummer, die auch weniger glimpflich hätte ausgehen können: "Das hat so weh getan, dass ich gedacht habe, das Ding ist gebrochen." Doch weil er nun schon seit neun Jahren im Weltcup mitläuft und nun seine dritten Olympischen Spiele erlebt, weiß Peiffer auch: Es geht vor einem Rennen nicht immer alles glatt. "Deswegen habe ich mir gesagt: Ja komm, ist jetzt auch egal."

Mit der Nummer 22 ging er dann auf die Strecke, bei eisigem Wind, nicht die einfachsten Bedingungen. Doch Peiffer sagte: "Das war heute mein Vorteil." Bei guten Windverhältnissen können viele Biathleten gut schießen, und weil er zwar zu den guten, aber nicht zu den besten Läufern gehört, wird es mit so einem Olympiasieg dann doch schwierig. Doch er blieb fehlerfrei, im gesamten Feld gelang das nur vier Athleten. Fourcade, der sechs Rennen in dieser Saison gewonnen hat, kam auf drei Fehler, Bö sogar auf vier. Wie schon Laura Dahlmeier am Vortag hatte Peiffer ebenfalls klug reagiert, als der Wind auffrischte. Er musste sein Gewehr nachjustieren beim ersten Schießen. "Ich habe mutig gedreht mit vier rechts liegend, das hat gepasst", sagte Peiffer. Dann ging er wieder auf die Strecke, beim Stehendschießen sei er dann ziemlich aufgeregt gewesen, berichtete er noch. Doch auch das ist ihm an diesem Abend fehlerfrei gelungen. Dass es ausgerechnet am Schießstand funktionierte, war dann schon eine besondere Pointe, hatte die deutsche Mannschaft doch zuletzt vor allem dort Probleme gehabt. "Manchmal muss man beharrlich bleiben", sagte Peiffer. Und das beschrieb auch ihn selber ganz gut.

Beharrlich ist er immer geblieben, 2011 wurde er Weltmeister in Chanty-Mansijsk in Russland, ebenfalls im Sprint. Es war sein einziger großer Einzelerfolg, damals habe er sich gesagt: "Wenn ich jemals wieder zum Höhepunkt einen Sprint gewinne, dann ist mir der Verfolger bis zum nächsten Tag erstmal völlig egal." Am Montagabend geht es ja schon weiter mit dem Verfolgungsrennen, Gedanken wollte Peiffer daran also erstmal nicht verschwenden. "Ich lasse es mir nicht nehmen, dass ich mich mit den Technikern, Teamkollegen und Trainern hinsetze und dass wir ein schönes Bierchen trinken." In Staffeln hat Peiffer elf WM-Medaillen gewonnen, dazu Olympiasilber 2014 in Sotschi; selbst bei seinem eigenen Olympiasieg sprach er nun viel von den Kollegen. Dass Benedikt Doll (Rang sechs), Simon Schempp (sieben) und Erik Lesser (elf) ebenfalls überzeugen konnten, erfreute ihn ehrlich. Die Medaillenübergabe findet am Dienstag statt, "mit den Mädels zusammen, ja?", fragte Peiffer noch, und mutmaßte: "Vielleicht gewinnen sie noch eine Medaille, das finde ich ja schön, wenn es dann zusammen ist." Er hat seinen großen Solo-Moment perfekt genutzt.

© SZ vom 12.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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