Fußball:Was wird aus Schweinsteiger?

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Einsam auf der Ehrenrunde: Bastian Schweinsteiger nach seinem letzten Länderspiel gegen Finnland Ende August. (Foto: Federico Gambarini/dpa)

In Manchester verschmäht, in New York nicht gebraucht: Die Vereinssuche von Bastian Schweinsteiger ist kompliziert. Auch weil die Ansprüche im US-Fußball gestiegen sind.

Von Johannes Kirchmeier

Vor etwas mehr als einem Monat hievten sie Bastian Schweinsteiger zum vielleicht letzten Mal in seiner Karriere in den Mittelpunkt auf einem Fußballplatz: Der inzwischen deutlich ergraute Mittelfeldspieler absolvierte sein 121. und letztes Länderspiel. Er verabschiedete sich von seinen Fans in Deutschland und weinte heftig - nicht weil "nur" 25 000 Zuschauer nach Mönchengladbach ins 54 000-Plätze-Stadion kamen. Nein, es waren die bittersüßen Tränen des Abschieds: "Es war für mich eine große Ehre, für Deutschland zu spielen. Und eine sehr, sehr große Ehre für euch Fans zu spielen", sagte der Weltmeister von 2014: "Es hat mir sehr, sehr viel bedeutet. Ich spüre eine ganz, ganz tiefe Dankbarkeit."

Schon Ende August war klar, dass es für den ehemaligen deutschen Kapitän schwer werden würde, noch einmal auf solch einer großen Bühne auf sich aufmerksam zu machen. Trainer José Mourinho hatte Schweinsteigers Spind in Manchester zuvor ausräumen lassen, der Mittelfeldspieler musste fortan mit der zweiten statt der ersten Mannschaft trainieren. Für die Europa League wurde er anders als der 105-Millionen-Zugang und Kontrahent im zentralen Mittelfeld, Paul Pogba, gar nicht nominiert.

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In diesem Moment der Tränen, Ende August, hat Schweinsteiger also gewusst, dass er so schnell nicht wieder in den Mittelpunkt auf einem Fußballplatz rücken würde. Und das schon als 32-Jähriger. Auch eine Weltkarriere endet manchmal schneller als erwartet, in diesem Fall vielleicht ein bisschen zu früh. Immerhin, im Reserveteam eingesetzt zu werden, bleibt ihm bisher erspart.

"Es gibt keine Gespräche, er ist und wird kein Thema bei uns"

Schweinsteiger soll nun Angebote aus der amerikanischen Profiliga MLS haben, in die in den vergangenen Jahren viele ehemalige europäische Topspieler wechselten - um ihren letzten, meist stattlich dotierten, Vertrag als Profifußballer zu unterzeichnen. Deren Chef Don Garber hatte ihm im kicker schon die Tür geöffnet: "Wir würden Bastian mit offenen Armen empfangen. Er wäre ein Leader für unsere vielen jungen Spieler."

Die Liga scheint überzeugt zu sein, doch mit der Vereinsfindung fällt es etwas schwerer. Red Bull New Yorks Fußballchef Oliver Mintzlaff hat einen Transfer jetzt ausgeschlossen: "Bastian Schweinsteiger ist ein großartiger Spieler mit einer tollen Karriere. Es gibt aber keine Gespräche, er ist und wird kein Thema bei uns", sagte Mintzlaff in Bild.

Das hat, wie der ehemalige New Yorker Lothar Matthäus zu wissen glaubt, seine Gründe. "Die Zeiten sind vorbei, in der die MLS nur nach großen Namen einkauft. Das reicht heute nicht mehr. Auch in der US-Profiliga wird erwartet, dass ein Spieler die Mannschaft auch sportlich weiter bringt", sagt Matthäus der Sportbild. Denn anders als Schweinsteigers Vorgänger Andrea Pirlo, 38, Frank Lampard, 37, Didier Drogba, 38, oder Steven Gerrard, 36, die alle deutlich älter sind als der Deutsche, hat dieser in den vergangenen Monaten keine Minute Einsatzzeit in der Premier League vorzuweisen: "Anders als er haben sie noch die Fitness", sagt Matthäus weiter. "Bei ihren ehemaligen Klubs zeigten sie bis zu ihren Abschieden Leistung und spielten eine entscheidende Rolle."

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Leistung: Das war bis zur vergangenen Saison ein großes Synonym für den Fußballspieler Bastian Schweinsteiger. Dem FC Bayern verhalf er zu acht Meisterschaften, die Nationalelf führte er zum Weltmeistertitel 2014. Er galt immer als großer Kämpfer, Aufgeben war nicht vorgesehen. Selbst mit blutüberströmtem Haupt kämpfte er sich durch die Verlängerung des WM-Finales in Brasilien. Und nach seinem verschossenen Elfmeter beim "Finale dahoam" 2012 gegen Chelsea gewann er die Champions League halt ein Jahr darauf in London gegen Dortmund.

Aber während man Schweinsteigers altem Bayern-Kumpel Philipp Lahm zutrauen würde, den FC Bayern auch 2024 noch auf den Platz zu führen, scheint sich er selbst inzwischen mit der misslichen Lage als Zuschauer in Manchester und ohne Spind auf dem Vereinsgelände zu arrangieren.

Statt noch härter zu trainieren, um endlich zu Spielzeit zu kommen, zeigt er sich immer öfter abseits der Fußballplätze. Schweinsteigers Prioritäten verändern sich während der fortgeschrittenen Karriere, glaubt man zumindest seinem Instagram-Account. In der vergangenen Woche schickte er Bilder von einem Werbedreh in Ritterrüstung (immerhin, der Kämpferruf bleibt), am Freitag veröffentlichte er ein weiteres Bild, das ihn beim Spaziergang durch einen Park zeigt. Die englischen Boulevardblätter lichten ihn inzwischen öfters mit Frau Ana Ivanovic ab - jedoch vorwiegend beim Golfen statt beim Fußballspielen. Und das auch, während sich seine Mitspieler gerade auf Europa-League-Spiele vorbereiten.

Schon in der vergangenen Saison bekam der ehemalige Edelmann einen zweifelhaften Ruf unter den Mitspielern, weil er sich während seiner Reha nach einer Innenbandverletzung Auszeiten nahm, um Ivanovic zu deren Tennisturnieren hinterherzufliegen. Von nicht näher genannten Mitspielern wurde ihm "unzweideutig" ( Daily Mail) mitgeteilt, dass man es satt habe, ihn durch die Welt reisen anstatt in der Reha zu sehen.

Der FC Dallas zeigt Interesse

Schweinsteiger selbst äußert sich öffentlich wenig zu seiner Situation. Im August teilte er mit, dass United "sein letzter Klub in Europa" sei, was im Grunde die jüngsten Wechselgerüchte in Richtung USA nur verstärkt hat. Ein großer Interessent soll der FC Dallas sein. Was insofern passen würde, dass der Basketballliebhaber Schweinsteiger dann dem anderen großen, alten deutschen Sportler Dirk Nowitzki nah sein wird, der im Ort für die Mavericks seine Körbe wirft.

Man habe noch Platz für einen weiteren Zugang, sagte immerhin schon Dallas' Präsident Dan Hunt. Das sollte eigentlich ein Stürmer sein. Aber "wir werden sehen". Spätestens ab 18. Februar. Erst dann dürfen die Amerikaner wieder Zugänge verpflichten. Dass schon knapp vier Monate zuvor so viel über Schweinsteigers möglichen Wechsel dorthin, in die Liga der älteren Kicker, geschrieben wird, unterstreicht nur, dass seine Karriere als einer der weltbesten Fußballer so langsam endet. Es ist etwas zu früh.

© SZ vom 09.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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