Fußball in den USA:Am Rande der Bedeutungslosigkeit

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Nike veräußert die amerikanische Profiliga USL an eine Immobilienfirma. Es ist ein Indiz dafür, wie schlecht es um den Fußball in den USA bestellt ist.

Jürgen Schmieder

Das Prinzip ist vom Teleshopping her bekannt: Wer die Kuscheldecke kauft, der bekommt Socken, einen Toaster und eine Leselampe dazu. Gratis, wie der gut gelaunte Verkäufer ungefähr 300 Mal innerhalb von zwei Minuten betont. Die Zugaben verstauben dann auf dem Dachboden, bis sich beim nächsten Flohmarkt jemand erbarmt, sie zu kaufen. So erging es auch dem Sportartikelhersteller Nike vor zwei Jahren, als das Unternehmen den Konkurrenten Umbro für etwa 582 Millionen Dollar übernahm. Gratis mit im Paket: mehrere nordamerikanische Fußball-Profiligen, die United Soccer Leagues (USL).

David Beckham im Trikot von Los Angeles Galaxy. (Foto: Foto: AP)

Nun hat Nike die USL verkauft an NuRock Soccer Holdings, ein Immobilien-Unternehmen in Atlanta. "Unser Ziel ist es, die USL zu den attraktivsten und profitabelsten Fußball-Ligen in Nordamerika zu machen", sagt NuRock-Chef Alec Papadakis, der künftig auch Präsident der USL sein wird. Was sich zunächst anhört wie ein einfaches Geschäft, bei dem Nike etwas verkauft, das es nie haben wollte, ist in Wahrheit ein Rückzug des Unternehmens aus dem amerikanischen Fußball und ein Indiz dafür, wie es bestellt ist um den Status der Sportart in den Vereinigten Staaten.

Die USL verantwortet zwei Profiligen und eine Amateurliga bei den Männern, die in Konkurrenz stehen mit der attraktiveren Profiliga Major League Soccer (MLS). Seit Jahren versuchen beide Ligen, Profifußball in den USA zu etablieren - und dennoch darben die Ligen am Rande der Bedeutungslosigkeit. Nur wenige der 15 Vereine in der Major League Soccer (MLS) arbeiten profitabel, der Zuschauerschnitt stagniert seit Jahren bei etwa 16.000 pro Spiel.

Das liegt vor allem daran, dass der amerikanische Sportfan vereinfacht ausgedrückt so tickt: Entweder spielen die besten Akteure der Welt vor der Haustür - oder es interessiert ihn nicht. Die Stars der MLS sind die Ü-30-Kicker David Beckham und Freddie Ljungberg - und Landon Donovan, über den Uli Hoeneß nach dessen Gastspiel beim FC Bayern urteilte, er wäre nicht einmal gut genug für die Amateurmannschaft.

Die MLS hätte nun die Möglichkeit gehabt, ein Angebot abzugeben für die anderen Profiligen, um endlich ein Ligensystem zu etablieren, das dem im europäischen Fußball üblichen ähnelt. "Wir haben einen Kauf in Erwägung gezogen, uns dann aber dagegen entschlossen", sagt MLS-Vizepräsident Dan Courtemanche. Einer der Gründe für den Verzicht ist der langfristige Sponsorenvertrag der MLS mit Adidas. Der wurde im Jahr 2005 geschlossen, bindet die Liga für etwa 150 Millionen US-Dollar zehn Jahre lang an das Unternehmen und sorgte auch dafür, dass der von Adidas-Plakaten lächelnde Beckham derzeit bei Los Angeles Galaxy spielt - obwohl sich der am liebsten beim AC Mailand für einen Platz in der englischen Nationalelf empfehlen möchte. Beim Kauf der Konkurrenzliga wäre es wohl zu Problemen mit dem Kartellamt gekommen.

Der Hauptgrund für den Verzicht liegt indes darin, dass die MLS mit dem Kauf in der Lage wäre, das von der Fifa geforderte Ligensystem mit Auf-und Abstieg einzuführen. Das jedoch ist im amerikanischen Sport unüblich, die Besitzer der Vereine wollen die Garantie, auf Jahre hinaus in der besten Liga spielen zu dürfen. Das jedoch führt zu kruden Regelungen wie in den beiden Profiligen der USL: Der Meister der Second Division darf dann aufsteigen, wenn er die finanziellen Bedingungen der USL und des amerikanischen Verbandes erfüllt und ein Platz in der ersten Liga frei wird - denn aus sportlichen Gründen muss kein Verein absteigen.

Nach dem Verkauf der USL will sich Nike "auf das Kerngeschäft konzentrieren", wie es aus der Firmenzentrale heißt. Das liegt in Europa, wo das Unternehmen Spieler wie Zlatan Ibrahimovic, Wayne Rooney und Cristiano Ronaldo unter Vertrag hat. Zu diesem Kerngeschäft passt der amerikanische Profifußball derzeit offenbar so wie der Toaster zur Kuscheldecke.

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