Fußball-Bundesliga:Nouri passt in die Werder-Familie

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Hausinterne Beförderung: Alexander Nouri, der mit dem SV Werder in drei Spielen vier Punkte holen konnte, wird festangestellter Chefcoach. (Foto: Nordphoto/Imago)

Bremens bisheriger Interimscoach hat mit seinen sozialen Fähigkeiten überzeugt - und er scheut sich nicht, um Rat zu fragen.

Von Jörg Marwedel, Bremen

Unter der Woche hatte Werders Geschäftsführer Frank Baumann noch einmal eine Spitze gegen den Rivalen aus Hamburg losgelassen. Der HSV hatte den Bremern bekanntlich den Trainerkandidaten Markus Gisdol weggeschnappt. Man suche erst einen neuen Coach, seit man Viktor Skripnik freigestellt habe, bemerkte Baumann - "andere" würden sich bereits hinter dem Rücken ihres aktuellen Trainers damit beschäftigen.

Die Hamburger benannten schon am Tag der Beurlaubung von Bruno Labbadia den neuen Mann, die Bremer benötigten zwei Wochen, um Skripniks Nachfolger zu finden. 80 bis 100 Anwärter habe man geprüft, teilte Baumann am Sonntag mit. Man habe "ganz breit gedacht", sich auch mit "außergewöhnlichen Lösungen beschäftigt". Aber kein Kandidat überzeugte ihn "zu 1000 Prozent". Am nächsten komme da schon der Neuling, der jetzt den Zuschlag erhielt. Es ist Alexander Nouri, 37, der Interimstrainer. Jener Coach also, der in drei Spielen aus dem punktlosen Tabellenletzten einen Vier-Punkte-Klub formte.

Das 2:2 in Darmstadt hat die letzten Zweifler überzeugt

Lange hat Baumann gezögert, bevor er seinem "Bauchgefühl" nachgab. Es war ja nicht allein Nouris fehlende Bundesliga-Erfahrung, die negativ auf dem Anforderungsprofil stand. Er war sich auch nicht ganz sicher, ob der bisherige Trainer der Drittligamannschaft Werders mit seiner emotionalen, begeisterungsfähigen Art vielleicht doch nur ein guter Motivator ist, dessen Effekt bald verpuffen könnte.

Das 2:2 am Samstag bei Darmstadt 98 hat den Geschäftsführer dann offenbar überzeugt. Denn Nouri hat der zur Pause 0:1 zurückliegenden Mannschaft, die zunächst wieder auftrat wie ein Abstiegsaspirant, mit ein paar taktischen Kniffen auf die Beine geholfen und mit zwei Einwechslungen das Spiel fast gedreht.

Er hat den Linksfuß Janek Sternberg auf den Platz beordert anstelle des linken Außenverteidigers Robert Bauer, der als Rechtsfüßler nicht so gut flanken kann. Und Fin Bartels, der als zweite Spitze neben Serge Gnabry agierte, kam für Izet Hajrovic. Das hat den Druck auf die sehr mannorientierten Darmstädter deutlich erhöht, weil Bartels und Gnabry überall herumwuselten.

Schon bald brachte das verwirrendere Werder-Spiel Ertrag. Lamine Sané gelang der Ausgleich (51.), nachdem man durch einen Elfmeter von Antonio Colak in Rückstand geraten war (19.). Gnabry brachte die Bremer in Führung (67.) und heimste von Darmstadts Trainer Norbert Meier gar ein Sonderlob ein: "Wenn der so weitermacht, ist er vielleicht nicht mehr lange in Deutschland." Selbst der Ausgleich, erneut durch Colak (73.), brachte die Entscheidung pro Nouri nicht ins Wanken.

Natürlich stünde die "fachliche Kompetenz" an erster Stelle, sagt Baumann. Dem Manager, der bei fast allen Trainingseinheiten dabei war, fielen bei Nouri auch die "sozialen Fähigkeiten" und die "Vermittlungskompetenz" in der Teamführung positiv auf. Außerdem habe der wissbegierige Trainer kein Problem damit, jemanden um Rat zu fragen. Zur Weiterbildung hat der frühere Zweitliga-Profi einst bei Borussia Dortmund, Athletic Bilbao und dem FC Villarreal hospitiert. Auch die Meinungsführer der Profis, Kapitän Clemens Fritz und Stellvertreter Zlatko Junuzovic, sprachen sich für Nouri aus.

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Der Beförderte selbst, der auch am Sonntagmorgen wieder der Erste war am Weserstadion, hat seinen Karrieresprung "dankbar" und "mit Demut" aufgenommen. Seinen Assistenten Florian Bruns hat er dabei einbezogen. Ein weiterer Assistenztrainer soll noch kommen, während der frühere Assistent Florian Kohlfeldt Nouri als Chef der U23 ablöst. Dass der neue Vertrag zunächst nur bis Saisonende gilt, stört Nouri offenbar nicht. "Was hätte denn ein Vierjahres-Vertrag geändert?", fragte er: "Wir wissen doch alle, wie schnell es in diesem Geschäft in alle Richtungen gehen kann."

Das hat er gerade selbst erlebt. Obwohl Baumann mit einer Vertragsverlängerung mit Skripnik bis 2018 Ruhe in die Trainer-Debatte bringen wollte, hat er nur zweieinhalb Monate später nach dem Fehlstart die Arbeitsbeziehung mit seinem alten Mannschaftskollegen beendet und damit Nouri die Chance eröffnet. Auf jeden Fall passt der neue Fußballlehrer bestens in die Werder-Familie. Dafür brauchte man gar nicht mehr dessen Bekenntnis: "Ich liebe diesen Sport, ich liebe diesen Verein", sagte der Mann, der schon als Jugendlicher das Werder-Trikot trug.

© SZ vom 04.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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