Fußball-Bundesliga:BVB: Die Angst vor der Angst geht um

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Selbstvertrauen sieht anders aus: Die BVB-Spieler in Liverpool. (Foto: dpa)
  • Die spannende Frage vor dem HSV-Spiel: Verfügt der BVB über eine Siegermentalität?
  • Der gebeutelte Klub braucht dringend einen Erfolg - am besten einen Titel.
  • Hier geht es zur Tabelle der Fußball-Bundesliga.

Von Ulrich Hartmann, Dortmund

Surfer sagen: Wer von einem Hai angegriffen wurde, muss möglichst schnell wieder ins Wasser. Sonst entwickelt man ein Trauma, eine Phobie. Das könnte es dann gewesen sein mit dem Surfen. Für immer.

Die Fußballer von Borussia Dortmund waren auf einer Welle des Erfolgs unterwegs, bevor sie am Donnerstagabend von einem Hai angegriffen wurden. Die Dortmunder Welle war perfekt, der BVB hat 3:1 geführt. Dann biss der Hai namens FC Liverpool zu. Die Wunde spürten die Dortmunder noch am Freitag und am Samstag. "Die Niedergeschlagenheit ist dominant", sagte der Trainer Thomas Tuchel am Samstagmittag. Jetzt müssten die Surfer eigentlich schnell wieder ins Wasser, die Fußballer zurück auf den Platz - aber Tuchel wird seine Mannschaft an diesem Sonntag zum Bundesligaspiel gegen den Hamburger SV umstellen. "Ich gehe davon aus, dass wir einige Wechsel vornehmen werden", sagt Tuchel.

Seit 2012 hat der BVB kein Finale mehr gewonnen

In Dortmund wird längst über mehr geredet als über das Spiel gegen den HSV. Die Angst vor der Angst geht um, da plötzlich die Siegermentalität dieser Mannschaft zur Diskussion steht. Der BVB hat seit 2012 keinen Titel mehr gewonnen, Marco Reus in seiner ganzen Karriere noch keinen. Die Zukunft wird an Titeln festgemacht. Und am Donnerstag hat der BVB die Chance auf einen Titel verloren.

Wenn es ab sofort um Titel geht, dann ist die Heimpartie gegen den HSV bloß ein Vorbereitungsspiel, eine Generalprobe für die Pokalpartie am Mittwoch bei Hertha BSC Berlin. Wenn es wirklich nur noch um Titel geht, dann sind für Borussia Dortmund in diesem Frühjahr sowieso nur noch zwei Tage relevant: der Mittwoch, weil sie dann in Berlin ins Pokalfinale einziehen können, und der 21. Mai: jener Samstag, an dem in Berlin das Finale ausgetragen wird. In der Bundesliga geht es für die Dortmunder ziemlich gewiss um nichts mehr, aus der Europa League sind sie ausgeschieden.

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Borussia Dortmund muss die Pleite beim FC Liverpool schnell verarbeiten - zentrale Spieler machen ihre Zukunft auch von Titeln abhängig.

Von Freddie Röckenhaus

2012 war Dortmund Meister und Pokalsieger. 2013 ging das Champions-League-Finale gegen Bayern München verloren, 2014 das Pokalfinale ebenfalls gegen den FC Bayern und 2015 das Pokalfinale gegen Wolfsburg. Der in dieser Saison so oft gelobte BVB benötigt dringend wieder einen großen Erfolg, um sich und allen zu beweisen, dass die Siegermentalität nicht verloren gegangen ist.

Der DFB-Pokal ist nicht das Höchste der Gefühle für einen Fußballprofi - aber er wäre zumindest ein Anfang für Dortmund. "Es war ein einschneidendes Erlebnis", sagt Tuchel über die Niederlage in Liverpool. Man werde ganz genau beobachten, wie jeder einzelne Spieler damit umgehe.

Mehr noch als über die Chancen auf den Pokalsieg wird in Dortmund bereits über die mittelfristigen Aussichten des BVB diskutiert und über die Frage, wer diese Mannschaft von der kommenden Spielzeit an, in der man ja in die Champions League zurückkehrt, als Spielgestalter und Leitwolf anführt. Mats Hummels spielt diese Rolle in der Abwehr, deshalb wäre sein Verbleib in Dortmund bedeutsam. Doch im Mittelfeld ist diese Rolle vakant.

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Donnerstag in Liverpool, am Sonntag gegen den HSV: Das kann auch einen Profi-Trainer wie Thomas Tuchel stressen.

Tuchel redet nicht über die Zukunft

Weder Ilkay Gündogan noch Shinji Kagawa noch Marco Reus haben konstant mitreißendes Potenzial gezeigt. In Liverpool hat die Mannschaft auch deshalb eine 3:1-Führung verspielt, weil niemand sie wieder aufrichten konnte. Die Besetzung dieser Rolle muss bei der Zusammenstellung der Mannschaft für die kommende Saison eine relevante Rolle spielen, aber ob wichtige Spieler wie Hummels, Henrikh Mkhitaryan oder Ilkay Gündogan (der wohl zu Manchester City weiterzieht) mit der Planung ihrer Zukunft so lange warten, bis sich ein seriöses Bild des künftigen Kaders abzeichnet, ist fraglich.

Tuchel redet nicht über diese Zukunft. Er redet nicht mal über das Pokalspiel in Berlin. Er redet über die Partie gegen den HSV. "Die Spiele haben nichts miteinander zu tun", sagt er. "Wir spielen am Sonntag nicht für Mittwoch." Und doch wird diesen Sonntag zu beobachten sein, ob die Spieler der Niederlage in Liverpool nachtrauern. Oder ob sie bereit sind, aus dieser Niederlage gestärkt hervorzugehen.

© SZ vom 17.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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