Fürth empfängt Augsburg:Tore als Kopfsache

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Augsburg und Fürth haben das gleiche Problem: Den Ball ins Tor zu bringen. Im Abstiegsduell wollen beide Klubs unbedingt punkten - doch während in Augsburg das Toreschießen längst zur Kopfsache geworden ist, hapert es in Fürth nicht nur am unsicheren Gerald Asamoah.

Von Benedikt Warmbrunn und Kathrin Steinbichler

Vielleicht ist es das Essen. Gerald Asamoah hält das jetzt erst einmal gar nicht für so abwegig. Es wäre also schon möglich, sagt Asamoah, dass die Menschen in Bayern zu viel oder zu wenig essen, dass daher also auch die Fußballer der SpVgg Greuther Fürth, des FC Augsburg und des 1. FC Nürnberg zu viel oder zu wenig essen, und wer zu viel oder zu wenig isst, vermutet Asamoah, der schießt eben auch am wenigsten Tore in der Bundesliga. Klingt natürlich logisch. Ist trotzdem nur Quatsch, das mit dem bayerischen Essen, das weiß der Wahl-Fürther Asamoah, denn Fürth liegt genau genommen nicht in Bayern, sondern in Franken.

Dass das mit dem Toreschießen kein Quatsch ist, das weiß Asamoah aber auch. Die SpVgg Greuther Fürth hat bisher die wenigsten Treffer der Liga erzielt (zehn), vor dem Spiel gegen Augsburg (ein Tor mehr) an diesem Samstag (15.30 Uhr) ist die Mannschaft mit acht Punkten Tabellenletzter. Und da er, Asamoah, der bekannteste Stürmer der Mannschaft ist, wird das mit den fehlenden Toren vor allem auf ihn reduziert. In den Statistiktabellen steht bei Gerald Asamoah, WM-Zweiter 2002, zwei Mal DFB-Pokal-Sieger, bisher: null Tore. Och, sagt Asamoah, "solange ich so Druck von der Mannschaft fern halte, kann ich damit ganz gut leben".

Dass Asamoah noch kein Tor erzielt hat, ist jedoch nur der eine Teil, der die Fürther Harmlosigkeit erklärt. Asamoah war nie der Stürmertyp, von dessen Treffern eine Mannschaft abhängt, in der Bundesliga war er in der Saison 2004/05 am torgefährlichsten - mit acht Treffern, für Schalke. Er war immer ein Wühler, einer, der ein, zwei Verteidiger beschäftigt, der für die anderen Offensivspieler Räume frei macht, Lücken aufreißt. In der zweiten Liga war das auch der Stil der SpVgg, schnell umschalten, die Löcher der gegnerischen Verteidigung ausnutzen, 73 Tore erzielte die Mannschaft so in der vergangenen Saison. In der Bundesliga klappt genau das nicht mehr: das Ausnutzen der Lücken.

Asamoah freut sich auf Verstärkung

In der zweiten Liga funktionierte das so: Balleroberung, Angriff über die Außen, Flanke in die Mitte, Tor. Wie schwer es Fürth fällt, das in der Bundesliga umzusetzen, wurde im vergangenen Heimspiel beim 0:1 gegen den VfB Stuttgart deutlich. Der VfB spielte nach einer roten Karte nur noch zu zehnt, Fürths Trainer Mike Büskens hatte beide Außenverteidiger ausgewechselt, teilweise standen drei, vier Fürther Offensivspieler am Strafraum.

Dann spielten sie den Ball aber meist erst einmal nach außen, und dort erzeugte der VfB oft eine Überzahlsituation. Wenn Fürth doch eine Chance hatte, trafen die Spieler die Latte oder aus wenigen Metern nicht das Tor. "In den ersten sieben, acht Spielen sind wir nur selten in den Strafraum gekommen", sagt Fürths Präsident Helmut Hack, "seitdem erarbeiten wir uns gute Chancen, die wir nicht nutzen. Das können wir nicht nur mit Pech begründen." Asamoah sagt: "Bei zehn Toren in 16 Spielen ist doch offensichtlich, dass die Cleverness und die Qualität fehlt."

Dass er selbst dafür nicht alleine verantwortlich sein könne, darauf hat Asamoah schon im Sommer aufmerksam gemacht. Damals sagte er, dass er nicht einfach so fünf Tore schießen werde wie in der zweiten Liga, außerdem fühle er sich nicht fit genug, um ständig durchzuspielen. Nun stand er in neun der vergangenen zehn Spielen in der Startelf, er reibt sich auf, er rennt selbst in die Lücken, und wenn er einmal vor dem Tor steht, fehlt ihm häufig die Ruhe.

Eigentlich sollte von Asamoahs Wühlerei Djiby Fall profitieren, doch der Stürmer ist seit drei Monaten verletzt. Ilir Azemi oder Christopher Nöthe oder Edu fielen nur selten auf. Der Verein wird sich daher im Winter verstärken, Hack sagt, er stehe in "sehr aussichtsreichen Gesprächen" mit dem Serben Nikola Djurdjic, 26, der zuletzt vom FK Haugesund an Helsingborgs IF ausgeliehen wurde.

Asamoah sagt, dass er sich über jeden Stürmer freue, der "garantiert, dass er die Dinger rein macht". Djurdjic hat im Jahr 2012 für Haugesund und Helsingborgs in 41 Spielen 31 Tore erzielt. Ob das eine Garantie ist, weiß auch Asamoah nicht. Aber es klingt zumindest mal nicht schlecht.

Am Dienstagabend kamen sie in Augsburg wieder auf diese Szene zu sprechen. Auf diesen Moment, mit dem alles begann, all die Euphorie und auch der Glaube, es da oben schaffen zu können. Es war der Augenblick, als sich das kleine Augsburg in die große Welt des Profifußballs katapultierte und die Fans wussten, dass sie für Bundesligaspiele nun nicht länger nach München oder Nürnberg fahren müssen, sondern hierher, nach Augsburg-Haunstetten. Es ist ein Moment aus einer vergangenen, einer unbeschwerten Zeit.

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Rund zwei Stunden lang war es bei der Mitgliederversammlung des FC Augsburg um Bilanzzahlen und ab und zu auch um die sportlich unbefriedigende Situation gegangen, als Klaus Hofmann im hellen Business-Anzug ans Mikrofon trat. Der gebürtige Allgäuer ist mit Brandschutzanlagen reich geworden, er lebt ein internationales Leben zwischen seinem Wohnsitz in München, der Unternehmenszentrale in Bad Oldesloe bei Hamburg und der Firmenvertretung in Los Angeles.

Hofmann könnte vom Jet-Set-Leben auf zwei Kontinenten erzählen, im kalifornischen Huntington Beach zum Beispiel ist der 45-Jährige Nachbar der Familie Klinsmann. Bevor er aber an diesem Abend in den Aufsichtsrat des FCA gewählt wurde, beugte er sich zum Mikrofon und erzählte mit dem weichen, rollenden R der Schwaben, dass "der bisher größte Moment" in seinem Leben als Fan der war, "als der Stephan Hain damals das Tor zum Aufstieg geschossen hat".

Es war der 8. Mai 2011 um 15.19 Uhr, als der Stürmer aus dem Bayerischen Wald mit seinem späten 2:1 gegen den FSV Frankfurt den Erstliga-Aufstieg sicherte. Von diesem Tor zehren sie heute noch in Augsburg, auch Stephan Hain selbst, denn mit den Toren ist das beim FCA seitdem so eine Sache. Eine Kopfsache, um genau zu sein.

Ausgedünnte Offensive

So sieht das jedenfalls Markus Weinzierl. Die lange Zeit ohne Erfolg, die gehe bei der Mannschaft "natürlich irgendwann auf die Psyche", sagt der Augsburger Trainer, der auch vor dem Spiel in Fürth am Samstag (15.30 Uhr) wieder versichert: "Wir werden alles versuchen." Gut trainieren, gut zureden, gut spielen - so ist es geplant, so war es die ganze Zeit geplant. Funktioniert hat es bislang nicht.

Weinzierl ist 37, er ist voller Tatendrang im Sommer vom Zweitliga-Aufsteiger Regensburg zum FCA gewechselt. In der Fußballlehrer-Ausbildung beim DFB hat er oft genug in den Theorieblöcken vom wichtigen Element der Psychologie im Sport gehört. In der Bundesliga-Realität aber, ab dem Anpfiff einer Partie, wenn 22 Spieler einen Ball über den Rasen bewegen, suchen sie beim FCA dieses Element noch. Die meisten Gegner laufen auf mit dem Wissen, ein Tor erzielen zu können. Der FC Augsburg läuft auf mit der Hoffnung, ein Tor erzielen zu können. Doch Hoffen ist in der Bundesliga nicht genug. Um in der Liga zu bleiben, müssen eine Mannschaft und ihre Spieler um ihr Können wissen.

Schon in der vergangenen Saison galt die Offensive des FCA nicht gerade als Schrecken der Liga, was für einen Aufsteiger eine recht normale Sache ist, der FCA schaffte es aber mit einem Kraftakt kurz vor dem Saisonende doch noch, sich in der Liga zu halten. In dieser, in Weinzierls Saison, hat Augsburg in bisher 16 Spielen gerade einen Sieg geschafft. So harmlos ist sonst nur der punktgleiche Ligaletzte aus Fürth, wo der Tabellenvorletzte FC Augsburg jetzt antreten muss. Vier Punkte trennen die beiden bayerischen Schlusslichter von dem Drittletzten aus Hoffenheim, nur mit einem Sieg darf einer von beiden darauf hoffen, wenigstens an den Relegationsplatz weiter Anschluss zu halten. Ein Tor muss also her, irgendwie, von irgendwem.

Doch ausgerechnet vor diesem Kellerduell dünnt die Augsburger Offensive aus: Sowohl Hain (Meniskusprobleme) als auch der bisher torlose Sommereinkauf Aristide Bancé (Rückenprobleme) werden fehlen. Bleibt Stürmer Sascha Mölders, der neben Flügelspieler Tobias Werner mit jeweils drei Toren treffsicherste Augsburger. Er könnte der nächste Held werden. Er sagt: "Mir ist es völlig egal, wer trifft, solange einer trifft." Es wäre ein Tor für die Psyche - und ein neuer, ganz besonderer Moment.

© SZ vom 15.12.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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