Freistoß-Spray in der Bundesliga:Geschichte wird gesprüht

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Erstmals wird an diesem Wochenende in der Zweiten Liga das Freistoß-Spray eingesetzt. Der Nutzen des Schaums aus der Dose ist für die Schiedsrichter eher gering, mehr noch wünschen sie sich deswegen ein anderes Hilfsmittel.

Von Sebastian Fischer, München

Vielleicht wird am Freitagabend Robert Hartmann deutsche Fußball-Geschichte schreiben, der 35 Jahre alte Diplom-Betriebswirt aus Wangen. Oder Dr. Felix Brych, 39, Jurist aus München. Oder Dr. Jochen Drees, 44, Arzt und wohnhaft in Münster-Sarnsheim. Einer der drei Schiedsrichter des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) wird bei den Zweitligaspielen in Bochum, Heidenheim oder Nürnberg mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erstmals in einem Bundesligaspiel eine weiße Schaumlinie auf grünen Rasen sprühen.

Der DFB führt an diesem Wochenende in den drei deutschen Profiligen das Freistoß-Spray ein. 28 Schiedsrichter werden jeweils eine 147 Milliliter fassende Büchse an einem elastischen Gürtel um ihre Hüften tragen. Bei Bedarf werden sie die Büchse zücken und eine rasierschaumähnliche Flüssigkeit versprühen, um bei einem Freistoß in Strafraumnähe den Abstand zwischen dem Schützen und seinen Gegenspielern zu markieren.

Manche Schiedsrichter müssen den Umgang mit dem Spray noch lernen

Über diesen Vorgang wurde in den vergangenen Wochen und Monaten so oft gesprochen, dass die erste Freistoßlinie am Freitagabend eigentlich nicht weniger als geschichtsträchtig sein kann. Oder? "Das Freistoßspray ist nichts Revolutionäres", hat Lutz Michael Fröhlich nun gesagt, der Abteilungsleiter Schiedsrichter beim DFB - und damit die Position der Schiedsrichter zu der kuriosen Debatte noch einmal bekräftigt. Der Fußball würde sich durch das Hilfsmittel nicht verändern. Bei all der Begeisterung über das Spray, das bei der Weltmeisterschaft im Sommer erstmalig auf großer Bühne getestet worden war und danach in den Profiligen in England, Frankreich, Spanien und Italien eingeführt wurde, hatten sich die deutschen Schiedsrichter von Anfang an zurückgehalten.

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Das bei der Fußball-WM in Brasilien eingesetzte Freistoßspray steht im Verdacht, Spieler und Schiedsrichter krank zu machen. Die Einschätzung des TÜV könnte Folgen für die Bundesliga haben.

Die Schiedsrichter-Kommission des DFB hatte lediglich betont, die Referees vor der Einführung auf einem Schiedsrichterlehrgang (vergangene Woche in Mainz) mit der Benutzung des Schaums vertraut zu machen, um zu verhindern, dass die deutschen Schiedsrichter wie ihr englischer Kollege Jonathan Moss im Ernstfall mit dem Fläschchen so hektisch hantieren, dass sie sich den Schaum selbst ins Gesicht sprühen. Oder wie Schiedsrichter Jeffrey Solis aus Costa Rica, der in einem Freundschaftsspiel zwei Nationalspielern Mexikos den Schaum aufs bunte Schuhwerk fallen ließ.

Mehr noch als Schaum aus der Dose wünscht sich die Schiedsrichter-Kommission allerdings weiterhin die Einführung der Torlinientechnologie, wie der Vorsitzende Herbert Fandel noch einmal bekräftigte: "Wir gehen davon aus, dass die Einführung der Torlinientechnologie in der Bundesliga ebenfalls zeitnah vorangetrieben wird." Im Vergleich dazu ist der Nutzen des Freistoßsprays für die Schiedsrichter eher gering. "Es kann zur Beruhigung der Gemüter bei Freistoßsituationen in Strafraumnähe beitragen", sagte Fröhlich.

15 Dosen für jeden Referee, der TÜV hat zugestimmt

Intensiver als die Schiedsrichter hatte sich zuletzt der TÜV mit dem Schaum befasst. Eine Untersuchung hatte ergeben, dass das argentinische Fabrikat im Verdacht stehe, hormonell wirksam zu sein. Außerdem fehlte ein Flammensymbol als Kennzeichnung für hochentzündliche Produkte. Mittlerweile sind jedoch die notwendigen Etiketten angebracht, gesundheitliche Bedenken gibt es auch keine mehr: "Alle rechtlichen Dinge sind geklärt. Die Voraussetzungen zur Einsetzung des Sprays sind da. Die nötige Zertifizierung wurde ausgestellt. Es gibt keinen Grund, es nicht einzusetzen", sagte Fröhlich.

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Spieler, die die Schaumlinie übertreten, sollen ausnahmslos die gelbe Karte sehen, erklärte DFB-Schiedsrichter Thorsten Kinhöfer im ZDF. Unklar bleibt, wie die Schiedsrichter zukünftig im Winter bei Schneefall den Abstand zwischen Schütze und Mauer markieren sollen. Das Spray gibt es bislang nur in weiß.

5000 Dosen im Gesamtwert von 50 000 Euro hat der DFB beim Hersteller in Argentinien bestellt, 15 Dosen hat jeder Schiedsrichter bekommen. Revolutionär ist das alles vor allem für Heine Allemagne, 43, aus Brasilien. Er hat das Spray erfunden.

Mit Material von dpa und sid

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