Freiburg gegen Braunschweig:Ein Tor und viele Regenwürmer

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Freiburgs Gelson Fernandes (links) bejubelt seinen Treffer zum 0:1 gegen Eintracht Braunschweig mit Admir Mehmedi. (Foto: dpa)

Kellerduell statt Spitzenspiel: Der SC Freiburg gewinnt gegen Eintracht Braunschweig. Gelson Fernandes erzielt das Tor des Tages - und bringt Torsten Lieberknecht in Rage.

Von Johannes Mitterer

Die Aufmerksamkeitsspanne der Bundesliga-Öffentlichkeit ist begrenzt, kleine Mannschaften wie Eintracht Braunschweig oder der SC Freiburg müssen sich traditionell stärker ins Zeug legen, um ins mediale Blickfeld zu rücken. Um am Tag des Gipfeltreffens zwischen Bayern und Dortmund nicht gänzlich unter dem Radar zu fliegen, lud der Tabellen-Siebzehnte Eintracht Braunschweig den Tabellen-Sechzehnten SC Freiburg sozusagen zum Anti-Gipfeltreffen, im Fußball-Jargon auch Kellerduell genannt.

Weil die Themen "außergewöhnliche Trainer" (Jürgen Klopp und Pep Guardiola stechen ganz knapp Christian Streich und Torsten Lieberknecht) und "verletzte Spieler" (Mats Hummels und Franck Ribéry schlagen Dennis Krupp und Vladimír Darida) schon besetzt waren, streuten die Gastgeber in letzter Verzweiflung eine neue Geschichte: Eine Regenwurmplage habe das Braunschweiger Geläuf befallen und müsse mit schwefelsaurem Ammoniak-Dünger bekämpft werden, hieß es im Vorfeld der Partie.

Trotz der latenten Bedrohung aus dem Tierreich entschieden sich die TV-Stationen, die Übertragungsrechte für die Bundesliga halten, in 207 von 209 Ländern für das Spitzenspiel in Dortmund. Und dass in den übrigen beiden Nationen Nordkorea und Pakistan das Duell zwischen Braunschweig und Freiburg über die Bildschirme flimmerte, darf getrost bezweifelt werden. So blieb es der Fußball-Öffentlichkeit außerhalb des Einzugsgebiets deutscher Fernsehsender verborgen, dass der SC Freiburg das Kellerduell mit 1:0-Toren für sich entschied. Gelson Fernandes gelang der entscheidende Treffer gegen Eintracht Braunschweig.

Es waren auch die Breisgauer, die besser in die Begegnung fanden. Sicher im Passspiel und defensiv stabil, erarbeiteten sie sich die erste gute Chance der Partie. Sebastian Frei kombinierte sich im Doppelpass mit Admir Mehmedi in den gegnerischen Sechzehner, zirkelte mit dem Außenrist aber knapp am linken Braunschweiger Pfosten vorbei (10. Minute).

Die Gastgeber operierten derweil mit hohen, weiten Bällen, Zugriff zum Freiburger Strafraum blieb ihnen aber verwehrt. So versuchte es Omar Elabdellaoui per Gewaltschuss aus 26 Metern, den SC-Schlussmann Oliver Baumann gerade noch über die Querlatte lenken konnte. Auch bei der anschließenden Ecke musste Oliver Baumann reaktionsschnell eingreifen, den Nachschuss von Ermin Bicakcic kratzte er von der Linie (20.).

Weil sich in der ersten Hälfte keine der beiden Mannschaften gröbere Schnitzer in der Verteidigungsarbeit leistete, beschränkte sich die Torgefahr auf Standardsituationen. Doch auch die Freistoßflanke von Matthias Ginter aus halbrechter Position, die Nicolas Höfler noch mit der Fußspitze streifte, prallte von der Braunschweiger Querlatte zurück ins Feld (26.). Danach ging auf beiden Seiten die Präzision verloren, Torraumszenen waren kaum zu sehen. Ein letzter Gewaltschuss von Karim Bellarabi direkt auf Keeper Oliver Baumann vor der Pause brachte ebenfalls nichts ein (44.).

Ungeachtet dessen, dass nun vermutlich nur noch die eingefleischtesten Fans vor den Bildschirmen ausharrten, starteten beide Mannschaften munter in den zweiten Durchgang. Zunächst musste Oliver Baumann in höchster Not gegen den freistehenden Norman Theuerkauf retten. Kurz darauf verwertete Gelson Fernandes ein Anspiel von Oliver Sorg zum 1:0 für den SC Freiburg (52.).

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:"Wir müssen den Ball auch mal mit der Pike reinmachen"

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Torsten Lieberknecht hatte den Ball zuvor allerdings im Seitenaus gesehen und hätte sich anstelle des Gegentreffers lieber einen Einwurf für seine Mannschaft gewünscht. Der Schiedsrichter verbannte den wild schimpfenden Eintracht-Trainer auf die Tribüne.

Ihres Chef-Strategen beraubt, mühten sich die Hausherren zunehmend gegen souverän verwaltende Freiburger. Wie schon im ersten Durchgang büßte die Begegnung große Teile des anfänglichen Schwungs ein, weil die Gäste den Ball durch die eigenen Reihen kreisen ließen und den Braunschweigern jeglichen Zugriff verwehrten. Sollten die Aufsteiger doch einmal in die Nähe des Freiburger Strafraums gelangen, ging die Hintermannschaft entschlossen und nicht immer regelkonform dazwischen. Der Bodycheck von Matthias Ginter gegen den heraneilenden Karim Bellarabi (75.) steht exemplarisch für die Härte der Freiburger Defensive, an der auch die verzweifelte Braunschweiger Schlussoffensive verpuffte.

Während sich der SC Freiburg über drei Punkte freute, verpassen die Gastgeber die große Gelegenheit, erstmals in der laufenden Bundesliga-Saison die Abstiegsränge hinter sich zu lassen. Auf die Regenwurmplage dürfen sie die Niederlage aber nicht schieben.

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