Form von Ribéry und Ronaldo:Karikatur eines Duells

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Cristiano Ronaldo (li.) und Franck Ribéry: In unterschiedlicher Verfassung (Foto: dpa)

Franck Ribéry und Cristiano Ronaldo waren Rivalen bei der Wahl zum Weltfußballer - jetzt sucht der eine verzweifelt seine Form, während der andere Rekorde bricht. Ribérys Elan zeigt sich derzeit nur in Form von Aggressivität.

Von Christof Kneer, München

Es war einer jener Tage, an denen der FC Bayern noch unverwundbar zu sein schien. Die Münchner hatten gerade in Bremen nicht mit 4:0, nicht mit 5:0, nicht mit 6:0, sondern mit 7:0 gewonnen, und die Magie dieses Kantersieges inspirierte Uli Hoeneß zu einem kräftigen Satz: Wenn Ribéry nicht Weltfußballer werde, dann sei das "eine Riesensauerei".

Man hat an diesen Satz ein paar Monate später noch mal denken müssen, an einem Abend, an dem der FC Bayern nicht mehr unverwundbar war. Die Münchner waren gegen Real Madrid in der Addition beider Spiele nicht mit 0:3, nicht mit 0:4, sondern mit 0:5 ausgeschieden, und wer beide Spiele verfolgt hatte, wäre nicht auf die Idee gekommen, diesen Ribéry für eine wie auch immer geartete Auszeichnung vorzuschlagen.

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Hingegen hätte man es für eine gute Idee halten können, anstatt der roten Nummer 7 einfach der weißen Nummer 7 sämtliche Preise auszuhändigen, die sich in der Kürze der Zeit würden auftreiben lassen. Aber die Idee käme ein bisschen spät: Cristiano Ronaldo ist bereits Weltfußballer. Und nicht mal Franck Ribéry, dem bei der Wahl unterlegenen Franzosen, wäre es an diesem Abend eingefallen, das für eine Riesensauerei zu halten.

Ribéry vs. Ronaldo, das war das große Duell im Dezember, und es enthielt alle Zutaten, die man für ein Duell braucht. Es begegneten sich der Held und der Anti-Held; der, der sich die Wimpern zupft, traf auf jenen, der eine Narbe im Gesicht trägt. Der eine spielte klinisch reinen Heldenfußball, extrem auf den Effekt getrimmt, ein dekorativer Mensch mit perfekt einstudierter Pfauenhaltung; der andere ein ungezähmter Kerl mit wilden Laufwegen, die Dribblings ein einziges Abenteuer, instinktiv, zornig und ohne Berechnung.

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Und wie jedes anständige Duell, so wurde auch dieses von einer soliden Verschwörungstheorie begleitet. Sie besagte, dass Ronaldo, der Held, schon deshalb gegen Ribéry, den Anti-Helden, gewinnen müsse, weil der Weltverband Fifa etwas gutzumachen habe; Verbandschef Blatter hatte Ronaldo zuvor auf einer Veranstaltung verspottet und stand, so hieß, nun in der Pflicht. "Ich glaube, dass ein paar Leute was gemacht haben und dass Franck nicht gewinnt, weil es dem ein oder anderen nicht passt", auch das sagte Hoeneß damals.

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Ein paar Monate später wirkt Ribéry vs. Ronaldo nur noch wie die Karikatur eines Duells. Ronaldos Spiel ist muskulös wie nie zuvor, in München hat er seine Champions-League-Saisontore Nummer 15 und 16 erzielt und damit Lionel Messis Rekord (14) aus der Saison 2011/12 gebrochen. Ribéry dagegen ist die Emphase im Spiel abhanden gekommen, und was an Feuer übrig geblieben ist, äußert sich im Moment in fehlgeleiteter Aggressivität.

Nicht Gelb, nicht Dunkelgelb, sondern satt Rot war es eigentlich, als der Franzose seinem Gegenspieler Carvajal mit der linken Hand ins Gesicht watschte; der Schiedsrichter sah es nicht, aber sollte die Uefa Ermittlungen aufnehmen, droht Ribéry zu Beginn der neuen Champions-League-Saison eine Sperre. Franck Ribéry ist 31 inzwischen, und es schmerzt zuzusehen, wie dieser Energiespieler verzweifelt seine Energie sucht. Er hat Bayern keinen Gefallen getan gegen Real, schon früh hat er gehadert, gerangelt und Hektik ins Spiel gebracht, und es dürfte seinen Zorn verstärkt haben, dass er auf der anderen Seite den einstigen Rivalen auftrumpfen sah, Ronaldo, die allerlebendigste Kunstfigur.

© SZ vom 02.05.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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