Finanzkrise bei 1860 München:Dafür? Dagegen?

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Der Berliner Investor Nicolai Schwarzer wäre als Anteilseigner bei 1860 München sogar bereit, seinen Job als Spielerberater ruhen zu lassen. Der Verein tut sich dennoch schwer. Obwohl die Zeit drängt.

Gerald Kleffmann und Markus Schäflein

Im Grunde könnte es einfach sein. Es gibt jemanden, der etwas sucht, und jemanden, der genau das anbietet. Und doch kommt es nicht zu einem Abschluss. Warum? Weil es sich um die Welt des TSV1860 München handelt, und in der ist kaum etwas einfach.

Investor? Kein Investor? 1860-Trainer Reiner Maurer hat dies nicht zu entscheiden. (Foto: imago sportfotodienst)

Der finanziell schwer angeschlagene Fußball-Zweitligist benötigt dringend Geld. Mitte Januar muss der insolvenzgefährdete Klub bei der Deutschen Fußball-Liga (DFL) einen Liquiditätsnachweis über 5,3 Millionen Euro erbringen. Daher sucht er unter anderem einen Investor. Den gibt es auch, in Person des Berliner Immobilienhändlers Nicolai Schwarzer, der bereits als Darlehensgeber bei 1860 und der 1860-Tochterfirma LSV hohe Beträge geparkt hat, insgesamt eine Millionen-Summe.

Nun möchte der Unternehmer Anteile an der 1860-KGaA erwerben, doch die Verantwortlichen zögern - obwohl sie sich in einer absoluten Notsituation befinden. Offenbar sehen sie gewisse Probleme bei einem Anteilsverkauf an Schwarzer.

Tatsächlich könnten diese bereits bei Schritt eins eines Einstiegs auftauchen - Schwarzer ist Inhaber und Geschäftsführer einer Spielerberatungsfirma in Berlin, sie heißt Schwarzer Sports Management. Er hat sie Ende 2009 gegründet und mit ein, zwei Profis begonnen. Nur ein Jahr später zählt die Agentur gut 20 Spieler, die sie vertritt. In einem seiner ersten Transfers brachte Schwarzer den jungen Torwart Björn Bussmann bei 1860 II unter. Vater Norbert Bussmann war damals noch neben Schwarzer Geschäftsführer der Agentur.

Die Geschäftsführung und Spielerberatung müsste Schwarzer, der inzwischen ein vom DFB lizenzierter Spielervermittler ist, bei einem 1860-Einstieg niederlegen. Beides ginge nicht gleichzeitig: Berater und Anteilseigner eines Profiklubs zu sein. In den Statuten des Fußball-Weltverbandes Fifa gibt es sogar einen eigenen Artikel im Reglement für Spielervermittler, der diese Verquickung untersagt.

Schwarzer ließ gegenüber der SZ durchblicken, dass er natürlich um diese Problematik weiß; er hat sich mit den Alternativen bereits beschäftigt. So könnte er etwa seinen Job als Spielerberater ruhen lassen - oder aber das Investment bei 1860 über eine zwischengeschaltete andere Person tätigen. Die DFL dürfte - sollte Schwarzer einsteigen - sicher genau hinschauen.

Anfang 2009, als Schwarzer vom 1860-Präsidium stolz als Anteilskäufer präsentiert worden war, der über mehrere Jahre verteilt angeblich sieben Millionen Euro in den Verein investieren wollte, wurde kurze Zeit später ruchbar, dass es in Schwarzers Vertrag offenbar mehrere pikante Fußnoten gab. Unter anderem sollte, das verrieten involvierte Personen, ein Sportdirektor nicht ohne Zustimmung des Investors abgelöst werden können.

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Ein Verstoß gegen das Autonomie-Prinzip in Vereinen wäre das gewesen. Schwarzer war damals zeitgleich mit dem jetzigen Sportchef Miroslav Stevic auf der 1860-Bühne aufgetaucht. Stevic betonte, er habe mit dem Investor "nichts zu tun". Als die DFL intervenierte und sich den Fall genauer ansehen wollte, zog 1860 den Einstieg Schwarzers zurück.

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Im deutschen Fußball gilt nach wie vor das Prinzip 50+1, das besagt: Die Autonomie muss bei den Vereinen bleiben. Bei den Löwen sieht das Konstrukt derzeit so aus: Die Profifußballabteilung des TSV 1860 ist vom e.V. ausgelagert und nach ihrer Rechtsform eine GmbH & Co. KGaA. Die GmbH macht mindestens 51 Prozent der Gesellschaft aus und gehört dem Verein, die anderen 49 oder weniger Prozent der Kommanditgesellschaft auf Aktien können an Dritte verkauft werden.

Momentan ist der Klub der einzige Kommanditist der KGaA mit einer Einlage von 2,6 Millionen Euro. Die Preise der KGaA-Anteile sind beliebig verhandelbar. Beim Erstligisten Dortmund, der an der Börse notiert ist, fällt die Preisermittlung anhand der Aktienkurse leicht.

Bei 1860 ist das schwieriger: Weil es dem TSV schlecht geht, ist der Zeitpunkt für einen Anteilsverkauf ungünstig. Vizepräsident Dieter Schneider hatte bereits erklärt, dass die Sanierung für ein solches Geschäft eigentlich noch nicht weit genug fortgeschritten sei.

Wohl aus all diesen Gründen bemüht sich der Verein um einen anderen Investor, der ganz ohne Anteilskäufe einstiege, sondern schlicht Darlehen gewähren würde. Schwarzer freilich steht weiterhin bereit.

© SZ vom 16.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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