FC Bayern und sein kritischer Geist:Franck Ribéry übt leise Systemkritik

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Der französische Offensivspieler sorgt sich um die Konkurrenzfähigkeit des FC Bayern München. Franck Ribéry befindet den Kader des Rekordmeisters für zu klein, sieht Toni Kroos auf der falschen Position spielen und fordert ein besseres Zusammenspiel. Auch die beiden Kroaten Danijel Pranjic und Ivica Olic äußern ihren Unmut.

Gerald Kleffmann

Dribbler, Schnibbler, Schelm, Hitzkopf, Mahner. Franck Ribéry ist der Mann mit den vielen Gesichtern, auch beim FC Bayern hat der Fußballer aus Frankreich nie für eines gestanden: Langeweile.

Franck Ribéry. (Foto: dpa)

Wo Ribéry ist, rührt sich was, das mögen seine Fans, in München ist er jedenfalls beliebt, auch eine hässliche private Fehlleistung konnte seiner Popularität wenig anhaben, und so kommt es, dass der Mittelfeldspieler einen Typus verkörpert, den mancher Kollege hinsichtlich zweier Punkte bewundern dürfte: Ribéry muss nie um seine Autorität bangen, und er muss auch sonst niemandem etwas beweisen, er, der sich aus armen Verhältnisse nach oben kickte.

Ribéry besitzt eine Position, die es ihm erlaubt, Dinge deutlicher anzusprechen, als dies Profis gewöhnlich tun, vor allem beim hochsensiblen Gefüge FC Bayern. Am Donnerstag schlug er wieder zu, höflich, ruhig, und doch war seine Stimme nicht zu überhören.

Wenn zwei, drei Spieler verletzt sind, ist das ein großes Problem für uns", sagte er und erklärte: "Wir haben keine richtig gute Bank, wir haben keine richtig gute zweite Mannschaft."

Ribéry, der schon mal bei Bayern für Verstärkungen eingetreten war, was intern nicht gut ankam, bereitet offenbar nach einigen Verletzungen von Teamkollegen die Konkurrenzfähigkeit des Kaders Sorge. Dass sich in der Bundesliga ein Vierkampf mit Dortmund, Schalke und Gladbach entwickelt hat, kommentierte er trocken so: "Das ist gut - aber nicht gut für uns."

Einerseits sprach da ganz der Leistungssportler mit dem vielgerühmten Mia-san-Mia-Gen. Andererseits ist anzuzweifeln, dass seine Worte nur auf Verständnis treffen bei den FCB-Machern, was Ribéry, der am Donnerstag wegen Rückenproblemen mit dem Training aussetzte, keine Kopfschmerzen zu bereiten scheint. "Ich bin nicht der Präsident oder der Manager, ich bin nur Spieler", sagte er zum Thema Transferpolitik, ergo: "Das ist nicht mein Problem."

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Hinterlassen hat er dennoch aus freien Stücken klare Botschaften, auch an anderer Stelle fiel Ribéry als kritischer Geist auf. So schwärmte er von Toni Kroos' Fähigkeiten als Mittelfeldgestalter und bemängelte, dass Kroos als defensiver Akteur auf der falschen Position spiele. Am Ende der Pressekonferenz verteidigte Ribéry zwar Trainer Jupp Heynckes und sagte: "Der Trainer will das Beste für die Mannschaft, er muss über viele Positionen nachdenken." Seine Systemkritik, fast beiläufig vermittelt, blieb dennoch hängen.

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Auch zur jüngsten Spielweise der Bayern äußerte er sich ja, und die kam nicht wirklich gut weg nach dem durchwachsenen Rückrundenstart (Niederlage in Gladbach, knapper Sieg gegen Wolfsburg). "Wir müssen uns öfter frei und mehr zusammen spielen, mehr Kontakt suchen, viel mehr in Bewegung sein", regte er an, "manchmal habe ich das Gefühl, dass wir einem Spieler den Ball geben und ihn zwei Dribblings machen lassen." Ribérys Sätze klangen nach konstruktiver Kritik, das schon, aber man ahnt: Wenn nicht bald Erfolge folgen, am besten in Form einer Serie, könnten diese Worte zur Steilvorlage für tiefergehende und vor allem schärfere Debatten werden. "Der Februar wird sehr wichtig für uns", sagte Ribéry vieldeutig.

Es scheint eben nicht alles so rosig zu sein bei den Bayern, wie es manchmal wirkt. Gerade erst hat sich Defensivspezialist Daniel Pranjic darüber mokiert, dass ihm die Münchner einen Wechsel zum FC Everton verwehrt hätten, indem sie eine viel zu hohe Ablöse forderten, angeblich zwei Millionen Euro; sollte dies so stimmen, wäre das in der Tat etwas viel für einen wie Pranjic, der kaum spielt und dessen Vertrag im Juni ausläuft.

Olic wünscht sich eine Chance

Vielleicht ist das alles nicht als dramatisch einzustufen, vielleicht muss man diese Unmutsbezeugungen einfach so verstehen, dass die Zeit der Positionskämpfe, intern wie extern, begonnen hat in der zweiten Saisonhälfte.

Zu dieser Annahme würde passen, dass Angreifer Ivica Olic abermals unterstrich, den FC Bayern im Sommer verlassen zu wollen, "wenn ich keine Chance mehr sehe". Der Kroate, der sich als früherer Hamburger Profi besonders auf das Ligaspiel am Samstag beim HSV (18.30 Uhr) freut, wurde zuletzt mit dem VfL Wolfsburg in Verbindung gebracht. Zwei Jahre noch wolle er auf hohem Niveau spielen, sagte er, allerdings wünsche er sich mehr Einsatzzeiten.

Olic hat eine gute Argumentationsposition, um für sich zu werben. Von Trainer Heynckes wurde er zuletzt für seine gute Verfassung gelobt, und er ist der erste Einwechselspieler für den Sturm, immer noch. Es ist eine Rolle, die ihn freilich nicht zufriedenstellt. "Ich kann auch neben Mario Gomez spielen", sagte er höflich wie Ribéry, aber doch bestimmt. An Tagen wie diesen war mal wieder zu spüren: Der FC Bayern ist ein Alphatier-Verein.

© SZ vom 03.02.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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