FC Bayern:Thomas Müller ist der Gewinner der Vorbereitung

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Thomas Müller bei einem Marketing-Termin. (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Der FC Bayern schlägt nach dem 0:4 gegen den AC Mailand den FC Chelsea mit 3:2.
  • Dabei überzeugt erneut Thomas Müller. Er hat im Moment die Position in der Zentrale sicher.
  • Der FC Bayern debattiert darüber hinaus immer noch über den neuen Sportdirektor.

Von Sebastian Fischer, Singapur/München

Am Abend des Tages, an dem Uli Hoeneß angekündigt hatte, der FC Bayern werde sich auf seiner Marketingreise durch Asien fortan mit "weniger Marketingaktivitäten" beschäftigen, tanzten James Rodríguez und Thomas Müller auf einer Bühne in Singapur. Sie tanzten vor einer mit Sponsorenlogos bedruckten Wand, ließen sich dabei filmen und von Handykameras fotografieren, sie schrieben Autogramme. Es war also der Inbegriff einer Marketingaktivität. Und damit der Beweis, dass man vielleicht nicht alles ganz so ernst nehmen muss, was sie beim FC Bayern sagen und tun, während sie durch den Fernen Osten tingeln. Der nächste Beweis folgte am Dienstag.

Die Münchner hatten sich ja bislang in Asien nicht von ihrer besten Seite gezeigt, hatten den ersten von vier Werbe- und Test-Kicks im Elfmeterschießen gegen den FC Arsenal verloren, den zweiten dann etwas peinlicher mit 0:4 gegen den AC Mailand. Zudem haben sich Thiago Alcántara und Juan Bernat bereits verletzt in die Heimat verabschiedet, Bernat wurde am Montag in München operiert, er fällt mit einem Riss in der Syndesmose im linken Sprunggelenk mehrere Monate aus.

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Nach seiner titellosen Saison lässt Pep Guardiola bei Manchester City bisher für schätzungsweise 224 Millionen Euro Spieler holen. Konkurrent Mourinho meint, die Preise seien "total verrückt", bezahlt aber selbst 84 Millionen Euro für Romelu Lukaku.

Damit nicht genug: In Plauderlaune kritisierte Hoeneß Sinn und Unsinn der Reise und kündigte überraschend an, in den nächsten sechs Wochen einen neuen Sportdirektor präsentieren zu wollen. Man konnte den Eindruck gewinnen, beim deutschen Meister gehe es gerade auf dem Platz und daneben drunter und drüber. Und dann schlugen sie den englischen Meister mit 3:2 (3:1). Alles wieder gut?

Es ist meist ein der Langeweile geschuldetes Phänomen, Vorbereitungsspiele zu stark zu interpretieren. Doch ein paar Indizien zur Zukunft des FC Bayern offenbarte der Sieg gegen den FC Chelsea. Obwohl Hoeneß gesagt hatte, das Spiel werde "immer noch kein Indiz sein". Thomas Müller, zum Beispiel, wird das anders sehen.

James Rodríguez wartet noch auf sein erstes Tor, gegen Chelsea vergibt er fünf Chancen

Der Nationalspieler traf nach 27 Minuten zum zwischenzeitlichen 3:0. Er traf mit einem Schuss aus der Distanz, den er ungestört von seinen Gegenspielern abgab, aber so präzise ins Toreck platzierte, dass man unweigerlich die Vergleiche zum Müller der Vorsaison anstellen wollte. Der Müller der Vorsaison hatte ein ganzes Jahr lang selten einen Ball im Eck platziert. Müller erzielte gegen Chelsea nach dem Führungstor durch Rafinha auch das 2:0, dieses aus Mittelstürmerposition. Müller ist bislang der Gewinner der Saisonvorbereitung. Er verdrängt, zumindest zurzeit, den aus Madrid geliehenen Rodríguez auf den Flügel, wo sich der Kolumbianer dem Vernehmen nach gar nicht so wohl fühlen soll. Rodríguez zog gegen Chelsea immer wieder nach innen, deutete seine Klasse durchaus an, doch er vergab fünf Torchancen.

Können Müller und Rodríguez zusammenspielen? In dieser Saison mit Arjen Robben und Franck Ribéry - in etwas fernerer Zukunft ohne die beiden? Was passiert mit Mittelfeldspieler Renato Sanches, der gegen Chelsea 90 Minuten lang durchspielte, ein paar Zweikämpfe, aber wohl wenig Gunst seines Trainers gewann? Wird er noch, wie er sich das wünscht, an einen anderen Klub verliehen? Wenn Jérôme Boateng in die Verteidigung zurückkehrt, was macht dann Javi Martinez? Und haben Spieler aus der eigenen Jugend wie der eingewechselte Manuel Wintzheimer wirklich eine Chance? Diese Fragen sind derzeit nicht so einfach zu beantworten - denn noch ist der neue Sportdirektor nicht da. Und außer Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge scheint offiziell niemand so recht zu wissen, wer der Neue sein wird.

Es gilt als offenes Geheimnis, dass Hoeneß am liebsten jedes Büro an der Säbener Straße mit einem ehemaligen Münchner Fußballer besetzen würde. Deshalb gingen die Gerüchte beim Holländer Mark van Bommel los, über den sie im Klaub tatsächlich nachgedacht haben. Die Gerüchte hörten nicht bei Oliver Kahn auf, über den sie natürlich auch schon nachgedacht haben.

Der frühere Nationalstürmer und heutige Trainer-Lehrling Miroslav Klose ist derzeit mit den Bayern auf Asien-Tour, was bislang eher auf dessen überregionale Beliebtheit zurückgeführt worden war. Doch nun wird ein Zitat Rummenigges aufgewärmt und mit neuer Bedeutung aufgeladen, das dieser zu Beginn der Reise gesagt hatte: "Das ist ein Test für ihn und für uns. Ich schließe nicht aus, dass das auch eine langfristige Geschichte wird."

Ein neuer Sportdirektor? "Ich bin glücklich mit und ohne", sagt Carlo Ancelotti

Darüber hinaus fragte ein Online-Nachrichtenmagazin ohne Indizien einfach mal so: "Warum nicht Mehmet Scholl?" Was bisher noch nicht gefragt wurde: Warum nicht Stefan Effenberg? Mario Basler? Was macht eigentlich Ruggiero Rizzitelli?

Carlo Ancelotti hat zur Debatte um den vakanten Sportdirektorenposten übrigens gesagt, er sei "glücklich mit und ohne", das sei "eine Angelegenheit des Vereins". Der Trainer verfolgte den Sieg gegen Chelsea gelassen Kaugummi kauend, und damit in ähnlicher Haltung wie die bisherigen Vorbereitungsspiele gegen Mailand, Werder Bremen oder den BCF Wolfratshausen.

© SZ vom 26.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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