FC Bayern München:Schlammschlacht um Arturo Vidal

Lesezeit: 2 min

  • Nach der verpassten WM-Qualifikation mit Chile wird Arturo Vidal in seinem Heimatland schwer kritisiert.
  • "Alle Welt weiß, dass Vidal besoffen zum Training kam", sagt etwa die Schwiegermutter von Mitspieler Claudio Bravo im Fernsehen.

Von Javier Cáceres

Der Kater der Chilenen hält noch immer an: Das Scheitern in der Qualifikation für die Fußballweltmeisterschaft 2018 hämmert in den Köpfen, als hätten sie an einem einzigen Tag eine ganze Jahresproduktion Pisco die Kehlen hinuntergespült. Und je länger der Dienstagabend zurückliegt, an dem im brasilianischen São Paulo das WM-Aus des zweimaligen Copa-América-Siegers besiegelt wurde, umso grausamer wirkt er. Was auch daran liegt, dass die Debatten über die Gründe des Scheiterns nicht nur anhalten, sondern allmählich zur chaotischen Schlammschlacht mutieren.

Im Zentrum: Arturo Vidal vom FC Bayern, der das Aus übrigens noch immer nicht verwunden hat. Im Netz publizierte der aktuell verletzte Profi ein melodramatisches, mit schmalzigster Musik unterlegtes Video.

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"Alle Welt weiß, dass Vidal besoffen zum Training kam"

Vidal, 30, ist gewissermaßen Hauptopfer des "Jetzt kann man es ja sagen"- Klimas, das in Chile nach dem WM-K.-o. entstanden ist, seit die Ehefrau von Claudio Bravo, Carla Pardo, die Büchse der Pandora öffnete. "Ich weiß, dass die meisten sich den Arsch geschoren haben, während andere bloß feiern gingen und wegen Trunkenheit nicht mal trainieren konnten ...", hatte Pardo nach Chiles 0:3 gegen Brasilien erklärt. Nun lud auch ihre Mutter, Bravos Schwiegermama Pilar Lizana, nach, indem sie ihrer Tochter zur schlimmsten Katerzeit, also im Frühstücksfernsehen, beisprang.

"Alle Welt weiß, dass Vidal besoffen zum Training kam", sagte sie in Canal 13 - und nahm ihren Schwiegersohn Bravo in Schutz. Dieser habe mitnichten Interna ausgeplaudert, vielmehr stütze sie ihre Anwürfe auf einen Neffen, der in jenem Casino Monticello arbeite, das Vidal mitunter schlagzeilenträchtig frequentiert hat. Und dass Verteidiger Gary Medel behauptete, er habe "nie" einen Betrunkenen beim Training gesehen, sei eine "Lüge", die sie ihm gern verzeihe.

Aus dem Umfeld Vidals wiederum verlautet, dass Bravos Entourage mal langsam den Mund halten sollte, er habe schließlich auch bei "Undiszipliniertheiten" mitgewirkt, von denen wiederum der Präsident des chilenischen Verbandes, Arturo Salah, niemals etwas erfahren haben will. Und schließlich wurde in der Zeitung Las Ultimas Noticias ein vertrauliches Gespräch wiedergegeben, das der frühere chilenische und heutige argentinische Nationalcoach Jorge Sampaoli 2015 mit fünf führenden Sportjournalisten des Landes führte.

Demnach prophezeite Sampaoli, dass Chile die WM verpassen werde. "Es gibt Spieler, die den Ton nicht mehr treffen", darunter der nun in Mexiko spielende Ex-Hoffenheimer Eduardo Vargas sowie Mauricio Pinilla, "der nur an Partys denkt, wenn ich ihn berufe". Sampaoli habe auch seine Wahrheit über Vidal ausgebreitet, der in seinen Augen "ein Fall für den Arzt" sei. "Er mag es zu trinken und kontrolliert sich nicht." Nach dem WM-Qualifikationsspiel in Lima habe Vidal um Erlaubnis gebeten, eine Bierflasche zu öffnen, die er im Flughafen gekauft hatte. Sampaoli habe das mit Verweis darauf, dass Fans und Funktionäre an Bord waren, verboten, "er und andere haben sich dann eine Flasche Whiskey besorgt".

Am Freitagabend meldete sich Sampaoli bei der Zeitung Marca und beteuerte, er bewundere Vidal. Er dementierte den Inhalt der Unterredung aber nicht. Er entspricht auch, wie der frühere Nationalspieler Leonardo Véliz in einer Kolumne schrieb, dem, was "vielen Medien auf den Lippen lag, aber der Einschaltquoten halber verschwiegen wurde. Man wusste und akzeptierte alles, was ein Zeichen ist für unsere dekadente Gesellschaft".

© SZ vom 14.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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