FC Bayern: Jörg Butt:Und nun zur WM

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Mit einer starken Leistung im Finale der Champions League empfiehlt sich Jörg Butt auch für die Nationalelf - Joachim Löw hat seine Entscheidung offenbar schon getroffen.

Jürgen Schmieder

Nach dem Spiel schritt José Mourinho langsam über das Spielfeld. Seine Mannschaft hatte gerade das Finale der Champions League gewonnen, also jubelte der Trainer von Inter Mailand zunächst mit den italienischen Fans, ehe er sich von jedem seiner Spieler knuddeln ließ. Während die Inter-Akteure über den Platz tollten und auf dem Boden kugelten, ging Mourinho auf die Spieler des FC Bayern zu, er gab jedem einzelnen die Hand. Bei einem blieb er auffallend lange stehen: Torhüter Jörg Butt. "Er hat mir gratuliert und gesagt, dass man ein Sieger ist, wenn man zwei Mal das Finale erreicht", sagte Butt, der bereits im Jahr 2002 mit Bayer Leverkusen im Finale der Champions League gestanden hatte.

José Mourinho tröstet Jörg Butt nach dem Finale der Champions League. (Foto: rtr)

Mit schönen Paraden hatte Butt den FC Bayern im Spiel gehalten, Goran Pandev und wiederholt Wesley Sneijder verzweifelten am Torwart, der nicht nur gekonnt Schüsse abwehrte, sondern auch gekonnt hohe Bälle aus der Luft pflückte und umsichtig seinen Strafraum verwaltete - und so die zahlreichen Fehler seiner Vorderleute ausbügelte. Mit dieser Leistung hat Butt nicht nur José Mourinho beeindruckt, er hat sich auch wieder ins Gespräch gebracht um einen Platz zwischen Pfosten der deutschen Nationalelf bei der Weltmeisterschaft in Südafrika.

Am Mittwoch wird Butt im Trainingslager der Nationalelf in Südtirol erwartet, um gegen Manuel Neuer und Tim Wiese um einen Stammplatz bei der WM zu kämpfen - obwohl der Kampf bereits als entschieden gilt. Bundestrainer Joachim Löw hatte einen Tag nach dem Champions-League-Finale verkündet, dass er die wichtigsten Personalentscheidungen bereits getroffen habe. "Wir sind in unserer Entscheidungsfindung bei der Torwart- und Kapitänsfrage klar", sagte Löw. Der Trainer kündigte an, dass die neue Nummer eins die beiden Länderspiele am 29. Mai in Budapest gegen Ungarn und am 3. Juni in Frankfurt gegen Bosnien-Herzegowina bestreiten wird.

Glaubt man der Nummernvergabe des DFB auf den Koffern der Spieler, dann sieht die Reihenfolge so aus: Manuel Neuer ist die Nummer eins - diese Nummer ziert auch seine Tasche -, Tim Wiese (Nummer zwölf) ist sein Stellvertreter und Jörg Butt (Nummer 23) fährt als dritter Torhüter nach Südafrika. Doch Manager Oliver Bierhoff sagte bereits: "Die Vergabe der Nummern lässt keinen Rückschluss auf die Hierarchie in der Mannschaft zu." Dennoch gilt Neuer als aussichtsreichster Kandidat für den Platz zwischen den Pfosten.

Es wäre vor allem die internationale Erfahrung, die für Butt sprechen würde. Keiner der Kandidaten kann mehr als drei Länderspiele vorweisen - Butt und Wiese kommen auf drei, Neuer gar nur auf zwei. Deshalb verweist Wiese gerne auf seine Erprobung in internationalen Vergleichen auf Vereinsebene mit Werder Bremen, dabei spricht doch gerade diese Statistik eher für Butt.

63 Champions-League-Spiele hat der Torwart für Bayer Leverkusen und den FC Bayern absolviert, zwei Mal stand er im Endspiel - dazu kommen zwölf Spiele im Uefa-Pokal und sechs im UI-Cup. Wiese dagegen kommt auf 17 Partien in der Champions League und 31 Spiele in Uefa-Cup und Europa Liga - in der vergangenen Spielzeit stand er im Finale. Neuer kann zehn Einsätze in der Champions League und fünf in der Europa League vorweisen.

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Sportlich wirkt Butt wie ein Hybrid aus den Konkurrenten Wiese und Neuer. Der Torwart von Werder Bremen ist ein Schlussmann der alten Schule und gilt fußballerisch wie mental als einzig legitimer Nachfolger von Oliver Kahn, Schalkes Neuer dagegen gilt als so genannter moderner Torwart mit den fußballerischen Fähigkeiten eines Feldspielers und einer Interpretation seiner Position, die ihn als Torwart und letzten Feldspieler gleichzeitig ausweist - mit allen positiven wie negativen Konsequenzen. Butt ist eine Mischung aus beiden Typen, im Finale in Madrid bewies er, dass er sowohl reaktionsschnell auf der Linie ist, aber auch hohe Bälle aus der Luft pflückt, seinen Strafraum beherrscht und fußballerisch formidabel agieren kann.

Freilich gibt es vor einer Nominierung zahlreiche Umfragen - und so wollte der Sport-Informationsdienst mit dem Meinungsforschungsinstitut promit wissen, wen die Fans am liebsten im Tor sehen würden. Neuer wollen demnach 23,4 Prozent der Befragten als Nummer eins im deutschen Tor sehen, den Bremer Tim Wiese bevorzugen lediglich 17,4 Prozent. Knapp führend war Jörg Butt mit 24,9 Prozent. Löw gibt jedoch ebensowenig auf Umfragen wie auf Ratschläge ehemaliger Torhüter wie Oliver Kahn (sprach sich für Neuer aus) oder Jens Lehmann (schwankt zwischen Butt und Neuer).

Am Donnerstag oder Freitag wird Löw seinen Entschluss verkünden, ob er dem favorisierten Neuer vertrauen wird oder doch einem der Konkurrenten. Der Bundestrainer erklärte, dass er die Entscheidungen erst dann öffentlich machen werde, wenn er zuvor mit den betroffenen Spieler gesprochen und anschließend die Mannschaft informiert habe. "Es ist meine Pflicht, erst mit den Spielern zu sprechen, die es betrifft", sagte Löw am Sonntag.

José Mourinho soll nach dem Finale in Madrid zu Butt gesagt haben, dass er ihm ein drittes Endspiel gönnen würde. "Ich werde versuchen, es ein drittes Mal zu schaffen", sagte Butt. Ob er damit meinte, nach 2002 und 2010 noch einmal das Finale der Champions League zu erreichen oder nach den beiden Endspielen dieser Spielzeit (DFB-Pokal und Champions League) noch ein drittes Finale spielen zu wollen, das ließ Butt offen.

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