FC Bayern:Mit Boateng zurück zum Luxusressort

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Jérôme Boateng: Gegen Hertha wohl in der Startelf (Foto: dpa)
  • Jérôme Boateng wird gegen Hertha BSC wohl in der Startelf stehen.
  • Die einstigen Abwehrprobleme der Münchner haben sich damit endgültig ins Gegenteil gekehrt.
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Von Christof Kneer, München

Serdar Tasci ist so leise aus München verschwunden, dass schon gar keiner mehr weiß, ob man ihn sich vielleicht nur eingebildet hat. Stimmt es tatsächlich, dass Tasci die vergangene Rückrunde beim FC Bayern verbracht hat, dass er offiziell also deutscher Meister ist und deutscher Pokalsieger? Ja, es stimmt, das kann zum Beispiel Sandro Wagner bestätigen, der gegen Tasci einen der wenigen Zweikämpfe gewann, die dieser in der Rückrunde bestreiten musste. Wagner, damals noch Darmstadt 98, hat nach diesem Zweikampf sogar ein Tor gegen Bayern geschossen, und man kann nicht behaupten, dass Tasci sich dabei auffallend begabt angestellt hätte.

Er war also - ohne je richtig drin gewesen zu sein - gleich wieder raus beim FC Bayern, natürlich nicht, ohne dass Pep Guardiola ihn zuvor noch mal ausführlich gelobt hatte. Der FC Bayern hat den sechsmonatigen Leihvertrag im Sommer dann auslaufen lassen, Tasci ist längst wieder zurück bei Spartak Moskau.

Ancelotti bestätigt: Boateng steht gegen Hertha in der Startelf

Jérôme Boateng verletzt, Javi Martínez verletzt, Holger Badstuber verletzt: Die Münchner Innenverteidiger hatten sich nicht gut abgesprochen, als sie im Januar unmittelbar hintereinander ihren Krankmeldungen beim FC Bayern einreichten. Dieser plötzliche Zusammenbruch der Abwehrkräfte hat am Ende dazu geführt, dass Tasci in die Stadt kam, und Pep Guardiola zusätzlich den Innenverteidiger Joshua Kimmich erfand. Acht Monate später ist aus dem vorübergehenden Notstandsgebiet ein Luxusressort geworden: Statt Tasci ist jetzt Weltmeister Mats Hummels in der Stadt, Martínez ist wieder gesund - und auch Boateng kehrt gerade aus einer Verletzungspause zurück.

Am Wochenende, beim sehr beschwerlichen 3:1 gegen Ingolstadt, hat er in der 83. Minute wieder den Rasen betreten, und die paar Minuten haben gereicht, um einen Zweikampf zu verlieren, einen zu gewinnen und per Steilpass das dritte Tor vorzubereiten. Es waren Boatengs erste Spielminuten seit dem verlorenen EM-Halbfinale in Frankreich.

Ob Boateng von Januar bis jetzt einmal oder zweimal verletzt war? Es waren zwei Verletzungen, aber natürlich hängt wie immer manches mit manchem zusammen.

Boateng, 28, ist ein prominentes Beispiel für jenen hohen Rhythmus, in dem Fußballprofis heute ihren Beruf ausüben. Ende Januar erlitt er einen Muskelbündelriss im Adduktorenbereich, und kaum war die Diagnose auf dem Markt, kam die obligatorische Leistungsträgerzerrung hinzu. Wichtige Spieler kennen das: Alle ziehen und zerren an ihnen herum, alle wollen wissen, wann sie endlich wieder spielen können. Reicht's bis zum Champions-League-Halbfinale? Was wird aus der EM? Am Ende spielte Boateng von allem etwas: In der Champions League schaffte er noch das Halbfinal-Rückspiel gegen Atlético Madrid (ausgeschieden), und bei der EM spielte er Vorrunde, Achtelfinale, Viertelfinale - und das Halbfinale bis zur 61. Minute.

Bei der EM war Boateng offenbar so fit, wie Leistungssportler eben manchmal fit sind: Er konnte absolut seriös Fußball spielen, aber eben ohne den zeitraubenden Grundlagenaufbau, der die empfindlichen Athletenkörper in der Balance hält. Es war vermutlich eher kein Wunder, dass der Körper am Ende doch sein Recht einforderte: In der 61. Minute des Halbfinales riss ein Muskelbündel im Oberschenkel.

Wenigstens waren nach dem Ausscheiden weit und breit keine Halbfinals mehr in Sicht, und so hat Boateng beim neuerlichen Genesen nicht gehetzt auf die Uhr schauen müssen. Er hat sich im Sommer den Grundlagen gewidmet, im Urlaub hat er sich vom DFB-Physiotherapeuten Klaus Eder begleiten lassen, und nun kehrt er mit gutem Gefühl in den Hochleistungsbetrieb zurück. Gegen Hertha traue er sich einen Einsatz in der Startelf zu, sagt Boateng, "auch wenn ich vielleicht keine 90 Minuten schaffe".

Am Dienstag hat Trainer Ancelotti bestätigt, dass Boateng spielen wird, neben Martínez vermutlich, der zuletzt erkältete Hummels soll erst mal auf der Bank sitzen. Denkt man sich noch Manuel Neuer hinzu, so wirkt diese Ansammlung an defensiven Autoritäten doch recht bedrohlich für jeden Gegner - immer vorausgesetzt, sie bleiben gesund.

© SZ vom 21.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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