FC Bayern:Bayerns Konkurrenzkampf ist eröffnet

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Kolumbianische Eleganz: James Rodriguez bei seinem Debüt im Trikot des FC Bayern München. (Foto: Cathrin Müller/imago/MIS)
  • Zugang James Rodríguez kommt zu seinem ersten Einsatz beim FC Bayern und hinterlässt dabei keinen allzu überirdischen Eindruck.
  • Dafür meldet sich Thomas Müller zurück.
  • Es dürfte ein spannender Sommer beim FC Bayern werden.

Von Ulrich Hartmann, Mönchengladbach

Die Relevanz der Personalie James Rodríguez wurde am Samstag um 17.54 Uhr im Borussia-Park auch dadurch ersichtlich, dass der 26 Jahre alte Kolumbianer als Einziger zwei Einlaufkinder an den Händen hatte. Besäße der neueste Held des Münchner Fußballs zehn Hände, so hätte er gewiss zehn Kinder geführt.

So aber musste man den von Real Madrid gekommenen Angreifer in seinem ersten Spiel für den FC Bayern als durchaus irdische Persönlichkeit erleben, weshalb er in dem 45 Minuten dauernden Endspiel gegen Werder Bremen beim Turnier namens Telekom-Cup auch noch keinen allzu überirdischen Eindruck hinterließ. "Danke, gute Morgen!", sagte er hernach stolz auf Deutsch in die Kamera. Man kann es ihm natürlich nicht verdenken, dass seine ersten Versuche in der neuen Sprache lustig klingen. Bei seiner Vorstellung am Mittwoch hatte er von der Bundesliga geschwärmt - und "bunte Liga" gesagt.

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Mehr als Rodríguez hinterließ allerdings am Samstag jemand anders einen bleibenden Eindruck; jemand, der unterschwellig auch schon am Mittwoch eine Rolle gespielt hatte, weil man sich fragte, wo in einem FC Bayern mit James Rodríguez noch Platz für ihn sein wird: Thomas Müller. Der schoss beim 2:0 gegen Bremen ein Tor und bereitete eines von Juan Bernat vor, das 3:0 versäumte er, indem er einen Elfmeter verschoss. Müller spielte zentral-offensiv - und verwies James dadurch auf die rechte Seite.

Auch Tolisso deutet seine Klasse an

Auch Uli Hoeneß macht sich offenbar nicht allzu viele Sorgen um einzelne Spieler. "Vernünftig eingekauft" und "in der Breite prima verbessert" waren jene Aussagen vom FC-Bayern-Präsidenten am Samstag. Und dass die Münchner das Miniturnier in Mönchengladbach durch Siege gegen Hoffenheim und Bremen mit einem Minikader gewannen, dürfte ihn gar noch zuversichtlicher stimmen. Wie Rodríguez deutete auch der zweite Zugang Corentin Tolisso seine Klasse an, auch wenn er zu Beginn etwas ruppig auftrat.

Als die Bayern Mitte Januar in Düsseldorf (ausnahmsweise in der Winterpause) zuletzt den Telekom-Cup gewonnen hatten, war eingangs der Rückrunde ihr Mangel an Defensivspielern das größte Thema gewesen. Diesmal ist es ganz im Gegenteil der bevorstehende Konkurrenzkampf in der Innenverteidigung sowie im zentral-offensiven Mittelfeld. In beiden Mannschaftsteilen drohen in der kommenden Spielzeit renommierte Fußballstars zu Bankangestellten degradiert zu werden. Am Samstag fehlten ja noch die Urlauber Arturo Vidal, Joshua Kimmich, Sebastian Rudy und Niklas Süle sowie die Rekonvaleszenten Manuel Neuer, Sven Ulreich, Jerôme Boateng und Arjen Robben und der nun offenbar vom AC Mailand umworbene Renato Sanches. Darum ergänzten den Kader der Torwart Christian Früchtl, die Abwehrspieler Felix Götze und Marco Friedl sowie Milos Pantovic und Franck Evina, ein 17 Jahre alter A-Jugendlicher.

Müller? "Der beste Mann auf dem Platz", sagt Ancelotti

Beim 1:0-Sieg im ersten Spiel gegen Hoffenheim hatten vor dem Torwart Tom Starke die Abwehrleute Rafinha, Javi Martinez, Mats Hummels und Juan Bernat die Viererkette gebildet, davor markierte Tolisso den defensiven und Thiago den offensiven Sechser, während im Angriff der Linksaußen Franck Ribery, der zentrale Müller und der Stürmer Robert Lewandowski mit großem Aktionsradius durch die lethargische Hoffenheimer Abwehr wuselten. Positionstreue hatte man dort vorne bloß dem Rechtsaußen Kingsley Coman aufgetragen.

Schon gegen die angehenden Champions-League-Teilnehmer aus Hoffenheim bewiesen die Münchner eine Spielfreude, die kurz die Frage aufwarf, was dieser FC Bayern in den fünf Wochen bis zum Saisonauftakt gegen Bayer Leverkusen überhaupt noch verbessern will. Die Chancenverwertung vielleicht, denn die erste 45-Minuten-Partie hätte auch 5:0 ausgehen können. Nachdem Lewandowski eine Flanke von Bernat volley verwertet hatte, vergaben Thiago, Tolisso und zwei Mal Müller Chancen, die bei einem Vorbereitungsturnier in so früher Phase selten derart attraktiv herausgespielt werden. Das Volleytor quittierte James Rodriguez auf der Bank mit einem anerkennenden Nicken.

Im zweiten Spiel durfte der Kolumbianer dann selbst ran. Diesmal hütete Früchtl das Tor und David Alaba die linke Innenverteidigerseite, im Sturm ersetzte der junge Evina den Polen Lewandowski. James Rodríguez spielte rechts außen für Coman, der anstelle Riberys nach links hinüberwechselte. Auch alle anderen Spieler von der Bank kamen noch zum Einsatz, der Trainer Carlo Ancelotti unterstrich seine Entscheidungsfreude durch energisches Kaugummikauen. Als er sich dieses Instruments am Ende entledigt hatte, lobte er die Frühform seiner Spieler und nannte Müller "schlicht und einfach den besten Mann auf dem Platz". Es wird ein spannender Sommer beim FC Bayern.

© SZ vom 16.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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