FC Bayern:Bayern ist abhängig von Lewandowski

SC Freiburg - Bayern München

Hat schon 14 Saisontore geschossen: Bayerns Angreifer Robert Lewandowski.

(Foto: dpa)
  • Robert Lewandowski rettet dem FC Bayern mit zwei Toren in Freiburg den Start ins Fußballjahr 2017.
  • Für den FC Bayern ist der Angreifer zurzeit lebenswichtig. Denn sein Hinter- und Nebenmann Thomas Müller schwächelt.
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Von Christof Kneer

Bisher ist nicht bekannt, ob Pierre-Emerick Aubameyang das Tor von Robert Lewandowski schon gesehen hat. Aubameyang befindet sich gerade in Gabun beim Afrika-Cup, es wird ihn da eher so mittel interessieren, ob der FC Bayern in der Nachspielzeit ein Tor erzielt. Er werde nie zu Bayern wechseln, hat Aubameyang in einem Interview gerade verraten, was seine Verbundenheit mit Borussia Dortmund ausdrücken sollte, aber auch so gelesen werden kann: Aubameyang wird schon deshalb nicht für Bayern spielen, weil dort schon Lewandowski spielt.

Aubameyang gegen Lewandowski: Das ist die Fortsetzung des ehemals großen Bayern/BVB-Duells mit anderen Mitteln. Natürlich reden Torjäger bescheiden daher, wenn ein Kameralicht angeht, sie sagen dann, dass sie gar nichts wären ohne die tollen Mitspieler und deren tollen Vorlagen und dass drei Punkte selbstverständlich wichtiger sind als ein eigener Torerfolg; aber sobald die Kameralichter ausgehen, sagen sie, was sie wirklich denken. Dass das insgesamt schon okay ist, dass sie Mitspieler und auch Punkte haben - aber dass sie natürlich an den eigenen Torerfolg denken, was denn sonst, sonst wären sie ja gar keine richtigen Mittelstürmer.

Lewandowskis Treffer? Ein Traumtor, von dem man nicht träumen kann

Pierre-Emerick Aubameyang, der es in der aktuellen Saison bisher auf 16 Ligatreffer bringt, dürfte also mitbekommen haben, dass Robert Lewandowski (14) seine Abwesenheit genutzt hat, um ihm bis auf zwei Tore nahe zu rücken. Das ist nicht nett, dennoch sollte Aubameyang glücklich und zufrieden sein, dass bisher niemand eine Formel entwickelt hat, die die Schönheit eines Treffers in die Torstatistik hineinrechnet. Ansonsten läge Lewandowski jetzt, vermutlich uneinholbar, vorn.

Die Bayern in Freiburg, 91. Minute, Franck Ribéry schnappt sich den Ball und läuft los, er hebt den Kopf, sieht im Zentrum Arjen Robben und Lewandowski, Ribéry flankt, der Ball fliegt an Robben vorbei (aus Robbens Sicht grundsätzlich ein Skandal) und auf Lewandowski zu, der Ball fliegt hoch, etwas zu hoch vielleicht, Lewandowski springt und biegt seinen Körper nach hinten, er verliert nicht das Gleichgewicht, er stoppt den Ball mit der Brust, der Ball prallt von seiner Brust nach vorne, Lewandowski pickt ihn mit dem rechten Fuß aus der Luft und zieht ihn nach hinten, und dann - der Ball ist immer noch in der Luft - schießt er mit links, lässt den Ball dabei über den Außenrist laufen und trifft in jenes Eckchen Tor, das gerade noch offen ist.

Beim "Tor des Monats" gewinnen meistens Fallrück- oder Seitfall- oder sonstige Zieher, manchmal gewinnt auch der Schuss aus 42 Metern, der den Torwart verhöhnt. So funktionieren die handelsüblichen Traumtore, die vermutlich deshalb so heißen, weil man von ihnen träumen kann wie von einem Traumauto, einer Traumfrau oder einem Traumlottogewinn. Man kann davon träumen, weil man zumindest weiß, dass es so etwas gibt. Von Robert Lewandowskis Tor kann man nicht träumen. Man kann es höchstens schießen, aber vermutlich auch nur dann, wenn man Robert Lewandowski ist.

Auf Lewandowskis Torinstinkt kann sich der FC Bayern verlassen

Lewandowski hat den Bayern den Start ins Fußballjahr 2017 gerettet, so kann man das natürlich auch sagen. Nach Freiburgs früher Führung durch Janik Haberer (5.) brachte er die Münchner zunächst mit einem klassischen Mittelstürmer-Move ins Spiel zurück, indem er den Ball nach Douglas Costas Eckstoß ins Tor lenkte (35.); er wisse, dass Costa die Ecken gerne schnell ausführe, man habe das auch immer wieder trainiert, sagte Lewandowski später. Über sein Siegtor sagte er das glücklicherweise nicht, man hätte ihn sonst der Schwindelei überführen müssen. Nein, das 2:1 war nicht einstudiert - es war ein Carlo-Ancelotti-Spielzug, weil er weniger auf vorab entworfenen Laufwegen beruhte, sondern auf Schneid (Ribéry), Willen (Ribéry), Körperbeherrschung (Lewandowski) und Bewegungstalent (Lewandowski).

Es war ein Tor, das man sich ganz wunderbar barfuß an der Copacabana vorstellen kann, auf dem winterlichen Freiburger Rasen wurde für ein paar Sekunden ein Stückchen Strand sichtbar. So hat dieser ansonsten sehr unbequeme Kältekick auch noch mal gezeigt, wie lebenswichtig der Breisgau-Brasilianer Robert Lewandowski im Moment für Bayern ist - zumal er ja gerade der Einzige in diesem prunkvollen Kader ist, auf dessen Torinstinkt man sich verlassen kann. Sein Hinter- und Nebenmann Thomas Müller war auch an diesem Abend wieder weit von Fallrück-, Seitfall- und sonstigen Toren entfernt.

Alleiniger Zweiter - Die erfolgreichsten Ausländer in der Bundesliga

Robert Lewandowski vom FC Bayern München hat sich in der Liste der Ausländer mit den meisten Bundesliga-Toren auf den alleinigen zweiten Platz geschoben. Der Pole erzielte in Freiburg seine Treffer Nummer 134 und 135.

1. Claudio Pizarro 418 Spiele/190 Tore (Peru/Werder Bremen, Bayern München)

2. Robert Lewandowski 211 / 135 (Polen/Borussia Dortmund, Bayern München)

3. Giovane Elber 260 / 133 (Brasilien/VfB Stuttgart, FC Bayern, Gladbach)

4. Ailton 219 / 106 (Brasilien/Bremen, Schalke 04, HSV, Duisburg)

4. Stéphane Chapuisat 228 / 106 (Schweiz/Uerdingen, Borussia Dortmund)

Lewandowski, 28, ist kein original-bajuwarischer Führungsspieler, er zählt nicht zu den Vordenkern im Team, und dank vorübergehender Flirtattacken mit fremden Schönheiten wie Real Madrid gilt er den Bayern-Anhängern auch nicht als der typische Identifikationsspieler; aber erstens hat er seinen Vertrag gerade durchaus identitätsstiftend bis 2021 verlängert, und zweitens reicht es im Zweifel, wenn er auch als Nichtführungsspieler regelmäßig seine (und dann auch noch solche) Tore schießt.

Es wird anderen Stürmern, vermutlich sogar Aubameyang, schwerfallen, Lewandowski die Tor-des-Monats-Trophäe streitig zu machen, aber ewiger Ruhm dürfte diesem Tor vermutlich nicht zuteilwerden. Es war Bundesliga, irgendwann im Januar. Generationenübergreifend unvergesslich bleiben solche Tore, wenn sie im Champions-League-Finale fallen.

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