FC Bayern auf USA-Tournee:Forscher in der neuen Welt

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Nach dem Test gegen CD Guadalajara gibt's für die Bayern einen Pokal. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Europäische Branchenführer wie der FC Bayern wollen die wachsende Fußball-Begeisterung in den USA nutzen. Noch hat die englische Premier League einen großen Vorsprung. Doch die Münchner haben ihre Weltmeister - und Franz Beckenbauer.

Von Jürgen Schmieder, Portland

Die europäischen Fußballklubs gehen bei ihrer Suche strategisch vor. Sie wollen keinen Fehler machen, schließlich ist es nicht gewiss, ob es das, was sie suchen, überhaupt gibt. Der FC Bayern forscht derzeit in New York und Portland, Manchester United probiert es in Denver und in der Nähe von Detroit, Real Madrid versucht sein Glück im Silicon Valley und in Dallas. Sie alle suchen: Fußball-Begeisterung in den USA. Dem, der sie findet, winkt eine fette Belohnung.

Die erste offiziell beglaubigte Sichtung gab es im Jahr 1977, als zur Partie zwischen Cosmos New York und Fort Lauderdale mehr als 77 000 Menschen ins Stadion der Giants kamen. Später versuchte der Weltverband Fifa, diese Begeisterung mit der Vergabe von Weltmeisterschaften (Männer: 1994, Frauen: 1999 und 2003) zu wecken, im Jahr 2007 legte die Profiliga MLS mit der Verpflichtung von David Beckham einen weiteren Köder aus. Das Interesse der Amerikaner blieb partiell, richtig zu fassen bekam es bislang niemand.

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Zum dritten Mal in Serie spielt der FC Schalke in der Champions League, in der Bundesliga will das Team den FC Bayern jagen. Im SZ-Gespräch erklärt Manager Horst Heldt, warum der WM-Spieler Höwedes ein mentales Problem bekommen könnte, und verspricht, dass Schalke ein eingetragener Verein bleibt.

Nun aber sind sich die Jäger sicher: Der Fußball ist angekommen. Je nach Studie interessieren sich mittlerweile zwischen 50 und 60 Millionen Amerikaner für diesen Sport. Etwa eine Million Amerikaner haben bei diesen Befragungen den FC Bayern als Lieblingsverein angegeben, was zunächst einmal gewaltiges Wachstumspotenzial andeutet - und natürlich haben die Münchner den nicht zu unterschätzenden Vorteil, auf ihrer US-Tour in dieser Woche in Portland drei frisch Gekrönte präsentieren zu können: den Final-Torschützen von Rio (Mario Götze), den ersten Pokalstemmer (Philipp Lahm) und die Symbolfigur für Fußball als Vollkontaktsportart (Bastian Schweinsteiger).

Auch die Konkurrenz ist mit allerlei Prominenz angereist, doch haben Cristiano Ronaldo (Real), Wayne Rooney (ManUnited) oder Mario Balotelli (AC Mailand) einen gemeinsamen Nachteil: Alle sind bei der WM früh gescheitert.

Premier League ist schon fest verankert

Eine andere Lesart der Eine-Million-Bayern-Fans-Studie ist allerdings, dass die Claims auf diesem Markt bereits abgesteckt sein könnten; und dass die englische Flagge fest verankert ist. Die Premier League hat in den vergangenen zehn Jahren gewaltige Anstrengungen (darunter regelmäßige Besuche in der Sommerpause) unternommen, die sich nun auszahlen.

Die Liga hat im Jahr 2012 Fernsehverträge unterschrieben, durch die sie außerhalb Großbritanniens binnen drei Jahren 2,75 Milliarden Euro einnimmt - etwa 190 Millionen Euro davon kommen vom amerikanischen Sender NBC. "Die Einschaltquoten in den USA haben sich in der vergangenen Saison mehr als verdoppelt", sagt Premier-League-Sprecher Dan Johnson. Die Partie zwischen ManUnited und dem FC Liverpool sahen 15 Millionen Menschen live.

Real Madrid und ManUnited in den USA
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Ein Stadion, 110 000 Zuschauer: Die Rekordkulisse beim Testspiel in Michigan zwischen Manchester United und Real Madrid zeigt, dass die Euphorie für Soccer alias Fußball in den USA tiefere Wurzeln haben muss. An einen Rekord des American Footballs kommen die europäischen Spitzenklubs aber nicht heran.

In der New Yorker U-Bahn gibt es derzeit Züge in den Vereinsfarben von Manchester City und Manchester United, im TV wird damit geworben, dass Liverpool-Stürmer Daniel Sturridge gerne in das Sandwich einer US-Schnellfutterkette beißt und der Rest des Vereins gerne amerikanische Donuts nascht. Manchester United hat gerade einen neuen Sponsor präsentiert, der Autobauer Chevrolet bezahlt 418 Millionen Euro, um sieben Jahre lang vorne auf dem Trikot zu sehen zu sein. Verbunden mit dem neuen Ausrüster Adidas (944 Millionen Euro für zehn Jahre) hat das Hemd von United einen Werbewert von 154,1 Millionen Euro - pro Jahr.

Der momentan in diversen Städten ausgespielte International Champions Cup wird von einer Brauerei und einem Softdrinkhersteller gesponsert. Zur Partie zwischen Manchester United und Real Madrid (3:1) kamen am Samstag 109 318 potenzielle Trikot- und Fanschalkäufer ins Stadion der University of Michigan - ein Zuschauerrekord für Fußball in den USA. Die Premier League dominiert, auch wenn spanische Spitzenklubs jüngst lukrative Sponsorendeals mit einem amerikanischen Chiphersteller und einem Brauseproduzenten abschließen konnten.

Javier Tebas, Präsident der spanischen Primera Division, sagt: "Von der wirtschaftlichen Perspektive her können wir uns nicht mit der Premier League vergleichen. Wir versuchen, aufzuholen." Spaniens Liga wird wie die französische und italienische vom Sportsender "Bein Sports" übertragen, der zum arabischen Al Jazeera Media Network gehört.

Fußballklub New York City
:Unwiderstehliche Angebote vom Paten

Frank Lampard, David Villa und Xavi: Spitzenspieler erhalten in den USA Spitzenangebote. Denn New York will wieder zur Soccer-Stadt werden wie zu Zeiten von Pelé und Beckenbauer. Der Fußball in den USA wächst und wächst.

Von Jürgen Schmieder

Bundesliga-Klubs hingegen werden kommende Saison nur dann auf einem bedeutenden Kanal zu sehen sein, wenn sie in der Champions League agieren - auf dem Sender Fox. Der hat sich auch Übertragungen von Bundesliga-Spielen gesichert, der Deal greift jedoch erst zur Saison 2015/16, der Fünf-Jahres-Vertrag soll die TV-Einnahmen der Bundesliga außerhalb Deutschlands auf etwa 140 Millionen Euro pro Saison anheben. Zum Vergleich: Die Premier League nimmt außerhalb Englands pro Spielzeit 916 Millionen Euro ein.

Bayern München als Liga-Botschafter

Da ist Raum nach oben. Die Präsenz der Münchner als Liga-Botschafter gilt als immens bedeutsam für eine Zukunft auf dem amerikanischen TV-Markt. Der FC Bayern hat aber noch keine bedeutenden US-Sponsoren präsentiert, sondern seine wichtigen Kooperationspartner selbst mitgebracht: Die Partie in New Jersey gegen Deportivo Guadalajara (1:0) wurde von der Firma Audi gefördert, die Anteile am FC Bayern besitzt. Das Spiel in Portland in der Nacht zum Donnerstag gegen eine MLS-Auswahl gilt als Veranstaltung des Sportartikelherstellers Adidas, der die Münchner wie auch die amerikanische Profiliga beliefert.

In Portland, an der Westküste der USA, legt sich der FC Bayern gerade mächtig ins Zeug: Julian Green, WM-Torschütze für die USA, wird vor jede Kamera gesetzt. Und die WM-Helden Götze, Lahm, Schweinsteiger werden nach ihrem Urlaubsende für weniger als 24 Stunden eingeflogen.

USA-Werbereise
:FC Bayern besiegt Guadalajara

Erfolg im Auftaktspiel: Der FC Bayern startet mit einem 1:0 in seine USA-Tour. Stürmer Claudio Pizarro erzielt das Tor des Tages. Für das nächste Testspiel erhalten die Münchner weltmeisterliche Verstärkung.

Natürlich wird auch Franz Beckenbauer zugegen sein. Den kennen fast alle der 50 bis 60 Millionen Fußballfans in den USA. Er blieb vielen in Erinnerung, auch aus seiner Zeit bei Cosmos New York, jenem schillernden Klub, für den er von 1977 bis 1980 schon einmal an dem Versuch teilnahm, die Fußball-Leidenschaft der Amerikaner zu erforschen. Damals kam Beckenbauer in kurzen Hosen, heute wird seine Funktion eher mit der eines Außenministers umschrieben.

© SZ vom 04.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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