FC Bayern:Ancelotti startet ohne die Last des Triples

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Wird im Sommer neuer Trainer des FC Bayern: Carlo Ancelotti. (Foto: AP)

Pep Guardiola hat sich als Bayern-Trainer immer am Triumph seines Vorgängers Jupp Heynckes messen lassen müssen. Carlo Ancelotti hat es nun leichter.

Kommentar von Klaus Hoeltzenbein

Das Problem bei berühmten Leuten ist, dass sie all die Dinge, die sie so in die Welt setzen, irgendwann wieder einholen. So ist von Carlo Ancelotti nicht nur bekannt, dass er Tortellini mit Mortadella mag, dass "Der Pate" sein Lieblingsfilm ist, sondern auch, was er von der Bundesliga hält. Die nämlich, so der 56-Jährige in jener Zeit, in der er als Coach des AC Mailand (2003, 2007) und von Real Madrid (2014) in der Champions League triumphierte, gewinne man "mit den Händen in der Hosentasche". Die Zahlenkette 25, 19, 10, 10 dürfte Ancelotti für diese These als Beleg dienen, handelt es sich doch um die jüngsten vier Vorsprünge des FC Bayern in der Tabelle auf den jeweils Zweitplatzierten.

Damit nun im Anlauf auf den fünften Titel in Serie auch nichts schiefgeht, hat der FC Bayern gleich mal sein Händchen tief ins Täschchen gesteckt - das einst, als Uli Hoeneß noch regierte, unter dem Titel "Festgeldspeicher" firmierte. Mindestens 70 Millionen Euro wurden diesem Täschchen bereits entnommen, um durch die Verpflichtungen von Mats Hummels und des portugiesischen Toptalents Renato Sanches den Ancelotti-Start auch gelingen zu lassen.

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In der Liga stößt der FCB längst an die Decke, da wurde der Titel seit 2003 nur gegen Dortmund (2011, 2012), Wolfsburg (2009), Stuttgart (2007) und Bremen (2004) verloren. Luft nach oben ist für den Guardiola-Erben nach dem Berliner Pokal-Triumph allein noch in der Champions League. Aber wer weiß denn schon, ob der Spielraum genutzt werden kann, der nach den Münchner Halbfinal-Niederlagen gegen Real Madrid (2014), Barcelona (2015) und Atlético Madrid (2016) in der Extraklasse bleibt?

Pep Guardiola hat es nie thematisiert, aber es wird ihn oft arg genervt haben, dass sein Tun immer mit dem Triple-Triumph unter der Regie von Jupp Heynckes in Relation gesetzt wurde. Das Maximum, das ist im Sport der Fluch der guten Tat, ist leider nicht zu toppen. Ästhetische Veränderungen, Verbesserungen gar, sind in den Augen vieler Betrachter eine nachrangige Größe. Auch deshalb blieb die Kommunikation zwischen Guardiola und dem FC Bayern immer eine anstrengende, fordernde. Von Ancelotti hofft man nun, dass er an die Säbener Straße mitbringt, was ihm nachgesagt wird: ein Moderator, ein Mittler im Dialog mit Profis und Verein zu sein.

Womöglich aber schien ihm dieser Ruf, der ihm vorauseilt, auch schon viel zu gut zu sein. Warum sonst hätte der Neue zum Start in München eine Biografie veröffentlichen sollen ("Quiet Leadership - Wie man Menschen und Spiele gewinnt"), in der er eifrig Schlachtengemälde wie dieses malt: "Wenn ich in den Krieg ziehen müsste, würde ich mit den Engländern ziehen, nicht mit den Italienern oder Franzosen." Da es sich hierbei wohl um eine Analogie handelt, wird es spannend sein, zu erfahren, was Monsieur Ribéry davon hält. Und auch, ob das Bayern-Händchen noch mal tief ins Täschchen greift, damit Feldmarschall Carlo nicht ohne solch einen Insel-Recken in den Kampf ziehen muss. Der einzige Italiener ist ja jetzt er.

© SZ vom 23.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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