FC Augsburg: Michael Thurk:Größte anzunehmende Unruhe

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Nur sportliche Gründe? Von wegen! Michael Thurks Rauswurf beim FC Augsburg hat mit gravierenden Meinungsverschiedenheiten zu tun - das räumt jetzt auch die Vereinsführung ein. Während der Stürmer auf eine Klage verzichtet, ist der Klub bemüht, die Fans zu besänftigen. Diese kündigen Protestaktionen an.

Stefan Mayr, Augsburg

Michael Thurk brauchte exakt 62 Minuten, um sich bei den Fans des FC Augsburg unsterblich zu machen. Es war am 3. Februar 2008. Es war sein erster Punktspieleinsatz für den FCA. Es ging gegen den Lieblingsfeind der Augsburger, den TSV 1860. Thurk erzielte zwei Treffer in München, der FCA siegte 3:0, alle Fans brüllten: "Thurk, Thurk, Thurk."

"Thurk zurück zum FCA": Die Augsburger Fans kämpfen für ihren Aufstiegsheld. (Foto: dpa)

In den folgenden dreieinhalb Jahren machte er in 104 Spielen 51 Tore, darunter viele sehenswerte und wichtige, die Fans brüllten Wochenende für Wochenende "Thurk, Thurk, Thurk". Doch jetzt, seit seinem Rauswurf am Montag, schreiben sie im Internet wütende und verzweifelte Dinge wie "Thurk muss bleiben" oder "Ohne Thurk wären wir gar nicht hier" oder "Luhukay raus, Thurk rein".

Drei Monate nach der rauschenden Aufstiegsfeier und drei Tage vor der Bundesliga-Premiere ist beim FC Augsburg das Verhältnis zwischen Fans und Verantwortlichen schlecht wie nie. Manager Andreas Rettig und Trainer Jos Luhukay haben am Dienstag einen Brief an alle Fanklubs geschrieben, um die Gemüter zu besänftigen.

Doch das nützte wenig: Die Facebook-Gruppe "Thurk zurück zum FCA" hat für Freitag eine Protestaktion vor der Geschäftsstelle angekündigt. Auch im ersten Spiel gegen den SC Freiburg plant die Gruppe, die inzwischen 3000 Mitglieder hat, eine Aktion. Ihre Forderung: Thurks Rauswurf zurücknehmen.

Statt Vorfreude herrscht in Augsburg die größte anzunehmende Unruhe - wie konnte es dazu kommen? Am Samstag gewann der FCA sein Erstrunden-Pokalspiel in Oberhausen mühevoll, 2:1 nach Verlängerung. Thurk war dabei nicht im Kader, worüber er sich am Montag im Kicker lauthals beschwerte: "Das kann ich nicht im Geringsten nachvollziehen - und nicht nur ich."

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Noch am selben Tag teilte der Klub per Presseerklärung mit, "dass der FCA mit sofortiger Wirkung auf seinen Stürmer verzichtet". Allein das hätte schon genügt, um die Fans zu verärgern. Noch schlimmer machte es die Begründung: Es seien "in erster Linie sportliche Gründe", ließ sich Luhukay zitieren, "weil nach dem Systemwechsel keine Position mehr für Michael frei ist".

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Dass diese Aussage angesichts von Luhukays Liebe zur Rotation und bei elf Thurk-Treffern in der Vorbereitung ein Eigentor war, haben Luhukay und Rettig inzwischen eingesehen. In ihrem Brief an die Fanklubs nennen sie auch nichtsportliche Gründe für den Rauswurf: Die Rede ist von mehreren "zum Teil gravierenden Meinungsverschiedenheiten".

Die Freistellung sei "unausweichlich" gewesen, da "nicht zuletzt auch aufgrund der gemachten Erfahrungen bei Nichtberücksichtigung von Michael Thurk die (. . .) wichtigen Voraussetzungen für den Klassenerhalt wie Teamgeist und Zusammenhalt gefährdet sind". Dass diese Begründung vor dem Arbeitsgericht eine Halbwertszeit von maximal zwei Sekunden hätte, wissen wohl alle Beteiligten. Thurk drohte zunächst auch eine Klage an, doch inzwischen kündigt er an, sich bei einem unterklassigen Klub fitzuhalten "und auf meine Chance zu warten".

Ansonsten beteuert er, er habe sich nichts vorzuwerfen. Zudem berichtet er von zahlreichen Anrufen seiner Teamkollegen: "Die können das auch nicht nachvollziehen." Thurks Vertrag läuft bis 2012, im Falle des Klassenverbleibs würde er sich gar bis 2013 verlängern. Thurk könnte also zur doppelten Belastung werden - als inaktiver Publikumsliebling und Topverdiener.

Die Stimmung unter den Fans bleibt trotz des Briefs angespannt: "Die Reaktionen sind teils positiv, teils kritisch", berichtet der Fanbeauftragte Alexander Edin. Für Samstag hofft er auf drei Punkte - je mehr Torchancen vergeben werden, desto lauter werden die "Thurk, Thurk, Thurk"-Rufe sein.

© SZ vom 04.08.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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